Parvus Monachus: Ein Barfüßer-Mönch. |
- Johann Beer, Die teutschen Winter-Nächte & kurzweiligen
Sommer-Täge. Frankfurt am Main 1985 (it 872, zuerst 1682)
Gemeinplatz (2) Gott verlangt
ja so wenig! Nichts ist absolut Das Bessere ist des Guten Feind
Das Krankenhaus ist doch nicht für die Hunde da Armut schändet nicht Niemand
ist vollkommen Wer's Licht scheut, hat nichts Gutes im Sinn Die
Kinder reißen sich ja nicht darum, zur Welt zu kommen Essen und Trinken
muß sein, und wären alle Bäume Galgen
Ohne Geld lebt sich's schlecht Das Geld arbeiten
lassen Geschäft ist Geschäft Das Gesetz steht auf meiner Seite
Man kann nicht alles haben Nicht jeder kann reich sein Sterben
muß man reich Wenn man im Geschäftsleben
steht Man ändert sich eben nicht Der Arztberuf
ist ein heiliges Amt Alle Meinungen sind gleich achtbar Ich
bin wie der heilige Thomas Wie Pilatus wasche ich meine Hände in Unschuld
Wie Johannes der Täufer in der Wüste predigen In höheren Regionen schweben
Wie es sich gehört Praktisch sein Als Prinzipienreiter daherkommen
Gelegenheitsdichter sein In anderen Umständen sein Man
muß zeitgemäß sein Man soll nicht päpstlicher sein als der Papst. In der
Natur gibt es alle Geschmäcker Manche Wahrheiten bleiben besser unausgesprochen.
Schwierigkeiten sehen, wo keine sind Manche Grenzen dürfen nicht überschritten
werden Allzuviel ist ungesund Man muß mit den Wölfen heulen Nur
die Wahrheit erregt Anstoß Die großen Männer richtet der Ehrgeiz zugrunde
Man lebt doch nicht, um sich zu amüsieren Ich bin doch kein Heiliger
Ich will mich nicht besser machen, als ich bin Reden ist Silber,
Schweigen ist Gold Genug verdient haben, um sich zur Ruhe zu setzen Geld
macht nicht glücklich, aber Wieder zu seinem Geld kommen. Leben und leben
lassen Alle Wege führen nach Rom Paris ist nicht an einem Tage erbaut
worden Auf Regen folgt Sonnenschein Die Achtbarsten der Achtbaren
Die Familienehre Die Pflichten dieser Welt Gewohnheit ist
eine zweite Natur Wo es gezwungen zugeht, ist kein Wohlfühlen Ohne
Schweiß kein Preis Wo gehobelt wird, fallen Späne Ich habe kein
Kleingeld Ich könnte Euer Vater sein Man stirbt nur einmal .
Er ist glückselig, er leidet nicht mehr Er hat den Tod nicht gespürt
Man möchte meinen, er schläft Sie ist gestorben wie eine Heilige Den Toten
schuldet man Achtung Die Toten können sich nicht mehr wehren Ich
bin doch kein Dienstbote oder Wenn man stillt Ich brauche niemanden Die
großen Schmerzen machen stumm »Quo vadis?« Auch das schönste
Mädchen der Welt kann nicht mehr geben, als es hat Unmögliches kann man
von niemandem verlangen Gebranntes Kind scheut das Feuer Was wollen
Sie! Mensch ist Mensch Sich mit dem Himmel abfinden Im Himmel erkennt
man sich wieder Priester sind Menschen wie
andere auch. Jeder für sich und Gott für uns alle Gemächlich seines Weges
ziehen Den Teufel taugen Der Unzufriedene hat oft zuviel,
aber nie genug Die Zeit totschlagen Immer zu Scherzen aufgelegt
sein Die Zukunft seiner Kinder sichern Seinen Verpflichtungen
nachkommen Es zu etwas bringen, seinen Schnitt machen Die
Kerze an beiden Enden anzünden oder Sein Geld zum Fenster hinauswerfen Das
Fell des Bären verkaufen Alle Illusionen verlieren Das Martyrium
erleiden Sich im Kloster vergraben In Kleinigkeiten
kramen Die Hand ausstrecken Den Anstand wahren Guten
Glaubens sein Nicht der Erstbeste sein Sich die Hörner abstoßen
oder Die Jugend muß sich austoben oder Man ist ja nicht aus Holz Eine
gute Partie machen Ein Ende machen, in den Hafen der Ehe
einlaufen Sich schicken, vernünftig sein Ein Geschäft einfädeln
Die schönen Künste fördern Erst das Gespräch bringt Klarheit
Eines Mannes Rede ist keines Mannes Rede Die Sonne scheint
auf Gerechte und Ungerechte Alle Welt hat mehr Verstand als Voltaire Wer
zu viel beweisen will, beweist gar nichts Es ist nie zu spät, Gutes zu
tun Nach und nach baut der Vogel sein Nest Die kleinen Bächlcin
laufen in die großen Man kann nicht sein, ohne gewesen zu sein Jugend
weiß nicht, Alter kann nicht Wenn man alles wüßte! . Man kann nicht
an alles denken Man kann nicht zwei Dinge gleichzeitig tun Alles
zu seiner Zeit Zeit ist Geld Geld stinkt nicht Je
toller, je besser Es ist nicht alles Gold, was glänzt Mit
dem Feuer spielt man nicht Der liebe Gott Die Natur Die
Wissenschaft Die Vernunft Der Zufall Die Nacht
des Mittelalters Die Inquisition Die
Bartholomäusnacht Alle Religionen haben ihr Gutes Beschränkten
Geistes sein, übertreiben Man darf die Dinge nicht allzu schwarz
sehen Auch das Unglück hat sein Gutes
Wer warten kann, dem kommt alles zur rechten
Zeit Vor allem Gesundheit Gott wirkt keine Wunder mehr
Ich bin auch nicht dümmer als andere Der Zweck heiligt
die Mittel und Es gibt keine kleinen Ersparnisse Sich nicht unterkriegen
lassen Herz haben, ein gutes Herz haben Selbstachtung
haben Eine leichte Hand haben, sich leicht tun Glück haben
Brot auf dem Brett, etwas auf der hohen Kante haben Tänzerinnen
aushalten Die Abwesenden haben immer unrecht Das
Geld versteckt sich Ich möchte ruhig schlafen können Ich
will nicht sterben wie ein Hund Die Freunde unserer Freunde sind
auch unsere Freunde Ich spreche zu Ihnen als Freund Ein Kopfkissenbuch Das
Herz in der Hand und die Krokodilstränen Sicli alles selbst verdanken
Cherchez la femme! Die ehrbare Frau Die Zivilcourage
Nicht alles im Leben ist rosig Die schönen Jahre der Jugend
Die guten alten Zeiten Gott schützt die Trunkenbolde Der Appetit
kommt beim Essen Leihen tut man nur Reichen Kein
Handwerk ist schlecht, aber viele treiben's nicht recht Die Nacht
ist zum Schlafen da Gelegenheit macht Diebe Ohne Rauch
kein Feuer Von zwei Übeln das kleinere wählen Man
ist doch kein Louis d'Or oder Was jungen Mädchen frommt Kritik ist leicht,
schwer ist die Kunst Ich bin Philosoph oder Das Jahr vierzig Einmal
ist keinmal Das hat mir gerade noch gefehlt! Die
Kinder sind das, wozu man sie macht Man muß sich einen Namen machen
Man tut, was man kann Man ... Alle Menschen
sind Brüder Alles oder nichts Was die Frau will, das fürchtet
Gott Schulden zahlen macht Hauptgeld Wenn der Teufel alt wird,
will er Mönch werden Was haben Sie denn 1870 gemacht? Man
muß sich für jedermann verständlich ausdrücken Essen, was
die Kelle hergibt oder Was für zwei langt, langt auch für drei Die Wahl
einer Laufbahn Ein hergelaufener Mensch Ein gewichtiger
Mensch Mehr Butter als Brot versprechen oder Jemandem das Maul schmieren
Zuerst sein Weißbrot essen oder Das Gute vorweg genießen In
allen Ehren Wer zahlt, gilt Der erste Schritt
zählt oder Aller Anfang ist schwer Die Ochsen hinter dem Pflug anschirren
oder Das Pferd am Schwanze aufzäumen Richtige Rechnung macht gute
Freunde Glück bringen. Unglück bringen Ein Loch
zustopfen Eine böse Affäre am Hals haben Auf heißen
Kohlen sitzen Verantwortung tragen Seinen Weg machen Umstände
machen Sich nicht lumpen lassen Jemandem herzliche Grüße ausrichten
lassen Rund um sich herum Gutes tun Sein Bestes tun Ein
liederliches Leben führen Sein Glück machen Regen und Schönwetter
machen oder Herr im Haus sein Barmherzigkeit üben Liebe
machen Besser Neider als Mitleider Etwas Toilette machen
Tun Sie, als wenn Sie zu Hause wären Sich etwas zugute
tun Alle guten Dinge gibt's nur einmal Ein Glücksfall
kommt selten allein Auch die beste Gesellschaft muß man verlassen
Ordnungsliebend sein Haare auf den Zähnen haben Sich
bewährt haben Mehrere Eisen im Feuer haben Heu in den
Stiefeln, Geld wie Heu haben Ein Herz aus Gold haben Sein Gewissen
als Zeugen anrufen Fürs Solide sein Man muß sofort vor die
rechte Schmiede gehen. Die Religion ist ja so tröstlich Die
Hintergedanken Zwischen den Zeilen lesen. In Ruhe lesen, mit zurückgelegtem
Kopf Gott und dem Teufel schulden Wie man sich bettet,
so hegt man Wasser in seinen Wein
gießen Tue recht und scheue niemanden Das Küchenlatein
Das Lateinische spottet allen Anstands Das Lateinische
ist eine tote Sprache Mit seinem Latein am Ende sein Die Ehe
ist ein Lotteriespiel Seinen Gatten
betrügen Nichts macht so schmutzig wie
der Schmutz Das Feuer
reinigt alles Dem Feuer überlassen, was nicht zu retten ist Das
heilige Feuer, das rauchende Feuer, das Strohfeuer Öl ins Feuer
gießen Mit dem Feuer spielen Zwischen zwei Feuern oder Stühlen sitzen Für
jemanden durchs Feuer gehen Die Feuertaufe Woher nehmen
Sie nur die schönen Dinge, die Sie sagen? Sie sind ein Original
Die Ehre Die Ehrbarkeit Tauben Ohren
ist schlecht predigen Wo nichts ist, hat der Kaiser sein Recht
verloren Viel Feind, viel Ehr Begütert sein Krieg
ist Krieg Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen Nichts
währt ewig Guter Durchschnitt Die Extreme berühren einander
Wohltäter sein oder Alles Zögern hilft nichts Seine religiösen
Pflichten erfüllen Arbeiten heißt beten Der Fanatismus
Das Wort Gottes Ein erbauliches Leben Nicht
ein noch aus wissen Der Mensch denkt, Gott lenkt Erwartet
wie der Messias Wer den Armen leiht, leiht
Gott Die besten Neuigkeiten sind gar keine Neuigkeiten Die aufgeklärte
Religion Zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen Anteil
an jemandes Trauer nehmen Ihnen von Herzen alles Gute! Versprechen
und Halten ist zweierlei Sich Hoffnungen machen Eines schönen
Todes sterben Sich in Vermutungen ergchen Große Übel
erfordern große Mittel Die Wissenschaft hat ihr letztes Wort
noch nicht gesprochen Ich rede ja nicht aufs Geratewohl Ich
bin doch nicht von gestern Verlorene Zeit kehrt nie zurück
Seit Anbeginn der Welt. Wohin
gehen wir? Geld haben Ich kenne nur das Geld Ich
spucke nicht aufs Geld Etwas Geld beiseite legen Man nimmt
ja doch nichts mit hinüber, wenn man stirbt Der liebe Gott ist das
Geld Die Farbe seines Geldes ist nicht bekannt Kredit geben,
einen Kredit eröffnen Bis über beide Ohren in Schulden stecken Das
Geld zum Fenster hinauswerfen Sich kümmerlich durchschlagen Ein
Heidengeld kosten Die Art des Gebens wiegt mehr
als das, was man gibt Guter Ruf geht über Reichtum Ich habe
noch nicht abgerechnet, Kassensturz gemacht Irrtum
vorbehalten . Sich aus der Schlinge ziehen Sich aus dem Geschäftsleben
zurückziehen Kopfüber in den Graben. Nach uns die Sintflut
Der schönste Tag des Lebens Sein eigenes Leben leben
Dem Tod ins Angesicht sehen - (
bloy
)
Gemeinplatz (3) Die heutige Literatur, und insbesondere die heutige Lyrik, geht von einem wahren Horror vor dem Gemeinplatz aus und hat, was ihre äußeren Merkmale betrifft, im Grunde keine andere Rechtfertigung; aber es fiele vielleicht nicht schwer, einen analogen Ursprung für ihre inneren Merkmale oder einen Teil davon zu finden oder zu vermuten, mit anderen Worten, die Grundannahme partiell auf ihren innersten Kern zu übertragen. Und nun: Der Gemeinplatz kann mit Sicherheit - und es besteht kein Zweifel, daß es in der Mehrheit der Fälle so ist—, eine Trägheit des Geistes anzeigen, eine blödsinnige, bügerliche und sündhafte Fügsamkeit und konkret eine Nachlässigkeit und Schwäche; doch er ist das nicht zwangsläufig, wie die Tatsache beweist, daß alle großen Schriftsteller sich auch seiner bedient haben. Der Gemeinplatz ist schädlich in den Händen der Kleinen, nicht in denen der Großen: genauso wie ein Streichholz, das einer anzünden oder erloschen in der Hand halten kann (auch wenn dieses Beispiel hinkt). Und mit legitimer Übertragung auf andere Künste: Raffael hat ihn nicht gefürchtet. Und damit wir uns noch genauer verstehen: Gewisse Dinge oder vielleicht alle, die zu Gemeinplätzen geworden sind, können nicht besser gesagt werden, als sie in diesen gesagt sind, und zwar, scheint es fast, ein für allemal. «Übersät mit. . .»: Man muß sich eingestehen, daß man es nicht besser sagen kann als so, daß das ein Ausdruck ist, der unter den Streichungen ganz an der Spitze rangieren sollte (wie das «fuggitivi» von Leopardi), dort aber überhaupt nichts zu suchen hätte, denn es gibt keinen Dichterling, der fähig wäre, sich so etwas auszudenken. Und man kann den Ausdruck auch nicht ablehnen, ohne sich lächerlich zu machen, aus dem einfachen Grund, weil er in aller Munde ist. Vielmehr sollte man ihn also akzeptieren und . . . versuchen, ihn zu entzünden, anstatt ihn erloschen in der Hand zu halten: Und genau das, nämlich ihn zunächst zu akzeptieren, haben die großen Schriftsteller getan; diesen oder einen anderen, denn es gibt nicht nur ein Beispiel. Oder nehmen wir «tramonto» obwohl man eher «tramonzio»* erwarten würde (was im übrigen scheußlich wäre: Man beachte das Geheimnisvolle, d.h. die Garantie für die Originalität der natürlichen oder gewöhnlichen Vorgänge). Das heißt wiederum nicht, daß die besondere Sensibilität einen Dichter dazu führen könnte, sich einen Himmelskörper nicht als etwas auszudenken, das die Berge überschreitet: Offensichtlich besitzen die Gemeinplätze ihre entsprechende Zuständigkeit und ihren untilgbaren Glanz. Oder aber man muß sich jedesmal einen solchen Himmelskörper als etwas ausdenken, das dahinzieht etc., man wird nicht umhin können . . . etc. Der Einwände gegen diesen kleinen Diskurs gibt es viele und offenkundige: daß es als erstes darum gehe, den Gemeinplatz überhaupt zu definieren, dessen Begriff hier in die Länge gezogen oder verstümmelt wird, wie die unglücklichen Opfer des Prokru-stes («tramonto» z.B. ist ein allgemein gebrauchtes Wort und kein Gemeinplatz, bzw. hier wäre eine besondere Argumentation vonnöten); daß der Gemeinplatz in jedem Fall und vor allem einer allgemeinen Haltung des Dichters oder wessen auch immer entspricht und man ihn daher nicht ungeniert isolieren kann; und so weiter in dieser Art... Ja, könnte man nicht nachdenken, ehe man schreibt? Aber dann wäre es ganz aus.
Mein Kult der Gemeinplätze: Das ist meine Art, menschlich zu sein, Mensch
zu sein. - Doch darin scheint eine Huldigung an das, was die anderen gemacht
haben, inbegriffen: In Wirklichkeit würde man die Gemeinplätze nicht oder nicht
immer als Produkte anderer ansehen. Von wem oder was stammen sie also? Man denkt
fast an einen göttlichen Ursprung, an die Ideen z.B. eines De Maistre über die
Sprache und an einen mystischen Rang. -
(land3)
* Archaisches Wort für tramonto - Untergang eines Gestirns, meist Sonnenuntergang
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