chneider

Es wollt ein Schneider wandern
Am Montag in der Früh,
Begegnet ihm der Teufel,
Hat weder Strumpf noch Schuh:
„He he, du Schneidergesell,
Mußt wieder aus der Höll,
Wir brauchen nicht zu messen,
Es gehe, wie es wöll."

Nachdem er all gemessen hat,
Nahm er seine lange Scher
Und stutzt den Teuflen d' Schwänzlein ab,
Sie hüpfen hin und her.
„He he, du Schneidergsell,
Pack dich nur aus der Höll,
Wir brauchen nicht das Stutzen,
Es gehe, wie es wöll."

Da zog ers Bügeleisen raus
Und warf es in das Feuer,
Er streicht den Teuflen die Falten aus,
Sie schrien ungeheuer:
„He he, du Schneidergsell,
Geh du nur aus der Höll,
Wir brauchen nicht zu bügeln,
Es gehe, wie es wöll."

Er nahm den Pfriemen aus dem Sack
Und stach sie in die Köpf,
Er sagt: „Halt still, ich bin schon da,
So setzt man bei uns Knöpf."
„He he, du Schneidergsell,
Geh einmal aus der Höll,
Wir brauchen nicht zu kleiden,
Es geh nun, wie es wöll."

Drauf nahm er Nadl und Fingerhut
Und fängt zu stechen an,
Er flickt den Teufeln die Naslöcher zu,
So eng er immer kann.
„He he, du Schneidergesell,
Pack dich nur aus der Höll,
Wir können nimmer riechen,
Es geh nun, wie es wöll."

Darauf fängt er zu schneiden an,
Das Ding hat ziemlich brennt,:
Er hat den Teuflen mit Gewalt
Die Ohrlappen aufgetrennt:
„He he, du Schneidergsell,
Marschier nur aus der Höll,
Sonst brauchen wir den Bader,
Es geh nun, wie es wöll."

Nach diesem kam der Luzifer
Und sagt: „Es ist ein Graus,
Kein Teufel hat kein Schwänzerl mehr!"
Jagt ihn zur Höll hinaus:
„He he, du Schneidergsell,
Pack dich nur aus der Höll,
Wir brauchen keine Kleider,
Es geh nun, wie es wöll."

Nachdem er nun hat aufgepackt,
Da war ihm erst recht wohl,
Er hüpft und springet unverzagt,
Lacht sich den Buckel voll,
Ging eilends aus der Höll
Und blieb ein Schneidergsell;
Drum holt der Teufel kein Schneider mehr,
Er stehl, soviel er wöll.

- Achim von Arnim, Clemens Brentano: Des Knaben Wunderhorn. München 1957 (zuerst 1805)

Schneider (2)

Es waren einmal die Schneider,
Die hatten guten Mut,
Da tranken ihrer neunzig,
Neun mal neunundneunzig,
Aus einem Fingerhut.

Und als die Schneider versammelt waren,
Da hielten sie einen Rat,
Da saßen ihrer neunzig,
Neun mal neunundneunzig,
Auf einem Kartenblatt.

Und als die Schneider nach Hause kamen,
Da können sie nicht hinein,
Da schlupften ihrer neunzig,
Neun mal neunundneunzig,
Zum Schlüsselloch hinein.

Und als die Schneider recht lustig waren,
Da hielten sie einen Tanz,
Da tanzten ihrer neunzig,
Neun mal neunundneunzig,
Auf einem Geißenschwanz.

Und als sie auf der Herberg waren,
Da hielten sie einen Schmaus,
Da fraßen ihrer neunzig,
Neun mal neunundneunzig,
An einer gebacknen Maus.

Und als ein Schnee gefallen war,
Da hielten sie Schlittenfahrt,
Da fuhren ihrer neunzig,
Neun mal neunundneunzig,
Auf einem Geißenbart.

Und als die Schneider nach Hause wollen
Da haben sie keinen Bock,
Da reiten ihrer neunzig,
Neun mal neunundneunzig,
Auf einem Haselstock.

Und als die Schneider nach Hause kamen,
Da saßen sie beim Wein,
Da tranken ihrer neunzig,
Neun mal neunundneunzig,
An einem Schöpplein Wein.

Und als sie all besoffen warn,
Da sah man sie nicht mehr,
Da krochen ihrer neunzig,
Neun mal neunundneunzig,
In eine Lichtputzscher.

Und als sie ausgeschlafen hatten,
Da können sie nicht heraus,
Da wirft sie alle neunzig,
Neun mal neunundneunzig,
Der Wirt zum Fenster hinaus.

Und als sie vor das Fenster kamen,
Da fallen sie um und um,
Da kommen ihrer neunzig,
Neun mal neunundneunzig,
In einem Kandel um.

- Achim von Arnim, Clemens Brentano: Des Knaben Wunderhorn. München 1957 (zuerst 1805)

Schneider (3) Bekleidungsrat, Besteler, Bock, Böhnhase, Diskkürnink, Ellenritter, Fadenbeißer, Feiergesell, Fitzer, Freischneider, Gojet, Häuken, Heuspringer, Hosenbletzer, Hosenkoch, Kaffler, Kitz, Kleiderbock, Kluftfetzer, Kluftpflanzer, Leipziger, Lüskenspeter, Mäcke, Meister Stich, Melochner, Modenkönig, Pfuscher, Schnefter, Schneiderbock, Schneiderfretter, Schneiderseele, Stechhans, Stichler, Störer, Strümpf-Schneider, Stupfer, Tafelschneider, Westenfleckdieb, Wippup, Ziegenbock, Zwirn - (schelt)

Schneider (4)   Akakij Akakijewitsch  kam  zu der Einsicht, daß man den Mantel zu Petrowitsch werde bringen müssen, einem Schneider, der irgendwo in der vierten Etage auf der Hintertreppe wohnte und der sich, ungeachtet seines schielenden Auges und der Blatternarben auf dem ganzen Gesicht, ziemlich erfolgreich  mit der Reparatur beamtlicher und jeglicher sonstigen Hosen und Fräcke beschäftigte - selbstverständlich nur dann, wenn er in nüchternem Zustand war und in seinem Kopf nicht irgendwelche andere Vorhaben hegte. Über diesen Schneider brauchte man an sich nicht viel zu sagen, aber weil es nun einmal Sitte geworden ist, daß in einer Erzählung der Charakter jeder Person in aller Ausführlichkeit gezeichnet werden muß, läßt sich nichts machen - also gebt uns einmal diesen Petrowitsch her! Anfangs nannte er sich einfach Grigorij und war Leibeigener bei irgendeinem Gutsbesitzer; Petrowitsch begann er sich erst zu nennen, seitdem er den Freilassungsbrief erhalten hatte und sich an jedem Feiertag ziemlich stark zu betrinken anfing, zuerst nur an den großen, dann aber ohne Unterschied an allen kirchlichen, wo nur im Kalender ein Kreuzchen stand. In dieser Hinsicht war er den altväterlichen Gebräuchen treu geblieben, und wenn er sich mit seinem Weib stritt, nannte er sie ein weltliches Frauenzimmer und eine Deutsche. Da uns nun schon sein Weib aufgestoßen ist, wird es nötig sein, auch über sie zwei, drei Worte zu sagen; aber leider ist über sie nicht viel bekannt, höchstens etwa dies, daß Petrowitsch eben ein Weib hatte, die sogar ein Häubchen und kein Kopftuch trug; doch sonderlicher Schönheit konnte sie sich scheint's nicht rühmen; wenigstens guckten ihr im Vorübergehen nur die Gardesoldaten unter das Häubchen, zuckten aber sogleich mit dem Schnurrbart und stießen einen besonderen Laut aus.  - Nikolaj Gogol, Der Mantel. In: N.G., Sämtliche Erzählungen. Stuttgart u. Hamburg 1961

Schneider (5)

Was dieser Kobold einstens war,
Das ist nur mir geworden klar.
Der eine sagt: »Ein Aktuar,
Bekannter Schlemmer und Bocksreiter.«
Der ander, der sich denkt gescheiter,
Spricht: »Oh, der war ein Pfarrer gar,
Man sieht das ja aufs allerbeste
An seiner rabenschwarzen Weste.«
Der dritte sprach: »Ein Apotheker
War er, der mit ganz schlechter War'
Vergiftet die Arzneienschlecker.«
Ich sprach, und alle wurden heiter:
»Der Bocksbart zeiget mir fürwahr,
So wie das Maß für Tuch und Kleider,
Das völlig falsch und diebisch war,
Daß dieser Kobold gar nichts weiter
Gewesen als ein dieb'scher Schneider.«

 - (ker)

Schneider (6)  Ha, schreit der ehrwürdige schneider, mein großvater, ein mann in den fünfzigern, ich schlage jeglichen ins lebende backenfleisch, so nicht stillschweigend durch die ansiedlung gehet, denn singen und pfeifen hat noch keinen ermutigt, seine arbeit zu beginnen, es ist falscher eltern, zu meinen, ein fröhlich lied stimme den arm, das bein, das hirn, die muskulatur im allgemeinen; und mein bügeleisen ist das redliche wappen meiner hand, ein zeichen der emsigkeit, des good will zum leistungsprinzip, wohlan, ich bin ein spartaner und gesteh es frei heraus: Meine ziegenmilch ist mir die blutsuppe altvorderer, und schwinge ich mein heißes eisen, so ist es der vorangegangenen schere wert (und heroischer Schwerter), denn arebeit machet frei..  - (dru)
 

Handwerker

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