tagen, tiefere    Manchmal stellte er sich vor, das Haus sei so etwas wie ein Eisberg, dessen Stockwerke und Dachgeschosse den sichtbaren Teil gebildet hätten. Jenseits der ersten Ebene der Keller hätten die unter Wasser liegenden Massen begonnen: Treppen mit schallenden Stufen, die sich um sich selbst drehend nach unten führen würden, lange, gekachelte Korridore mit von Metallgittern geschützten Kugelleuchten und mit Totenköpfen und aufgemalten Inschriften gekennzeichnete Eisentüren, Lastenauf-züge mit vernieteten Wänden, mit riesigen, unbeweglichen Propellern ausgestattete Lüftungsschächte, Feuerwehrschläuche aus metallüberzogenem Tuch, dick wie Baumstämme, auf gelbe Schieber von einem Meter Durchmesser gerichtet, zylindrische Schächte, direkt in den Felsen gebohrt, betonierte Stollen, stellenweise von Luken aus Milchglas durchbrochen, Verschlage, Bunker, Kasematten, mit Panzertüren versehene Tresorräume.

Weiter unten gäbe es so etwas wie das Keuchen der Maschinen und für Augenblicke mit rötlichen Lichtern angestrahlte Vorräte. Enge Verschlage gingen auf riesige Säle, auf unterirdische Hallen hoch wie Kathedralen, mit Gewölben über und über von Ketten, Rollen, Kabeln, Röhren, Kanalisationsleitungen, kleinen Eisenträgern bedeckt, fahrbare Arbeitsbühnen, die auf von Fett glänzenden Böcken montiert sind, und Stahlskelette aus Röhren und Formstahl, die riesige Gerüste darstellen, auf denen Männer in Asbestanzügen, das Gesicht mit großen, trapezförmigen Masken bedeckt, aus Lichtbögen starke Blitze sprühen ließen.

  Noch weiter unten gäbe es Silos und Schuppen, Kühlräume, Lagerräume zum Nachreifen, Postsortierzentren und Verschiebebahnhöfe mit Stellwerken und Dampflokomotiven, die offene Güterwagen und Flachwagen, plombierte Güterwagen, Container, Kesselwagen ziehen, ferner Bahnsteige bedeckt mit übereinandergestapelten Waren, Stößen von Tropenhölzern, Teeballen, Reissäcken, Pyramiden von Backsteinen und Mauersteinen, Stacheldrahtrollen, Eckpfeilern, Gussblöcken, Zementsäcken, Fässer und Tonnen, Seile, Kanister, Korbflaschen mit Butangas.

  Und noch weiter weg Berge von Sand, Kies, Koks, Schlacken, Schotter, Betonmischmaschinen, Schlackenhalden, Grubenbohrlöcher, von Projektoren mit orangenem Licht angestrahlt, Tanks, Gaswerke, Wärmezentralen, Bohrtürme, Pumpen, Hochspannungsleitungsmasten, Transformatoren, Bottiche, von Stutzen starrende Heizkessel, Hebel und Zähler;

und von Stegen wimmelnde Docks, Laufkräne und andere Kräne, Winden mit Tauen, die gespannt sind wie Nerven und Sperrholz transportieren, Flugzeugmotoren, Konzertklaviere, Säcke mit Dünger, Ballen mit Viehfutter, Billardtische, Mähdrescher, Kugellager, Kisten mit Seife, Fässer mit Teer, Büromöbel, Schreibmaschinen, Fahrräder;

  und noch weiter unten Schleusen- und Docksysteme, Kanäle, über die mit Weizen und Wolle beladene Schleppzüge ziehen, und LKW-Bahnhöfe, auf denen Lastwagen herumkreuzen, Viehpferche voller stampfender schwarzer Pferde, Gehege voller blökender Schafe und fetter Kühe, Berge voller Gitterkörbe und Lattenkisten, die von Obst und Gemüse überquellen, Säulen mit Schweizerkäselaiben, ganze Reihen mit Tierhälften mit glasigen Augen, die an Fleischerhaken hängen, Berge mit Vasen, Töpferwaren und dickbauchigen Korbflaschen, Ladungen mit Wassermelonen, Kanister mit Olivenöl, Fässer mit Salzsole und riesige Bäckereien mit Bäckergesellen in weißen Hosen und mit nacktem Oberkörper, die aus den Öfen brennend heiße Bleche mit Tausenden von Rosinenbroten holen, und riesige Küchen mit Kesseln groß wie Dampfmaschinen,  aus denen Hunderte von fetthaltigen Ragout-Portionen geschöpft den, die in große, viereckige Pappteller kommen;

  und noch weiter unten Grubenstollen mit alten, blinden Pferden, die Wagen mit Eisenerz ziehen, und die langen Reihen der behelmten Bergleute; und schwitzende Schläuche, gestützt von wasserverquollenen Bohlen, die zu leuchtenden Stufen führen würden, unterhalb derer ein schwärzliches Wasser plätschern würde; flache Boote, kleine, mit leeren Fässern beschwerte Fähren würden auf dem lichtlosen See dahinfah-ren, überladen von phosphoreszierenden Geschöpfen, die unermüdlich Körbe mit schmutziger Wäsche, Partien Geschirr, Rucksäcke, Packen von mit Seil verschnürten Kartons, transportieren würden; Bottiche voller kränkelnder Grünpflanzen, Bas-Reliefs aus Alabaster, Gipsabgüsse von Beethoven, Sessel im Stil Louis XIII, chinesische Porzellanvasen, Bildvorlagen von Wandbehängen, die Henri III. und seine Mignons beim Geschicklichkeitsspiel darstellen, Hängelampen, noch mit ihren Fliegenfängern geschmückt, Gartenmöbel, große Obstkörbe mit Orangen, leere Vogelkäfige, Bettvorleger, Thermosflaschen;

  weiter unten würde wieder das Durcheinander der Leitungen, Röhren und Schläuche beginnen, die Labyrinthe der Kanalisationen, der Sammelkanäle und Gänge, die schmalen, von Brüstungen aus schwarzen Steinen gesäumten Kanäle, die Treppen ohne Geländer, die ins Leere hineinragen, eine ganze labyrinthische Geographie von Buden und Hinterhöfen, von Portalvorbauten und Bürgersteigen, von Sackgassen und Passagen, eine ganze vertikale und unterirdische Stadtorganisation mit ihren Vierteln, Distrikten und Zonen: die Siedlung der Gerber mit ihren bestialisch stinkenden Werkstätten, ihren dahinsiechenden Maschinen mit den brüchigen Riemen, ihren Haufen Leder und Häute, ihren mit bräunlichen Substanzen gefüllten Bottichen, die Lager der Abbrucharbeiter mit ihren Kaminen aus Marmor und Stuck, ihren Bidets, ihren Badewannen, ihren verrosteten Heizkörpern, ihren Statuen scheuer Nymphen, ihren Laternenpfählen, ihren Parkbänken; die Stadt der Alteisenhändler, der Lumpensammler und der Trödler mit ihren Haufen alter Lumpen, ihren Kinderwagengestellen, ihren Ballen mit Battledresses, abgetragenen Hemden, Leibriemen und Koppeln, ihren Zahnarztstühlen, ihren Lagern an alten Zeitungen, Brillengestellen, Schlüsselbunden, Hosenträgern, Schüsseluntersetzern mit Spieldose, elektrischen Birnen, Kehlkopfspiegeln, Glaskolben, Fläschchen mit seitlichem Rohransatz und verschiedenen Gläsern; der Weinmarkt mit seinen Bergen an Korbflaschen und zerbrochenen Flaschen, seinen zerschlagenen Stückfässern, seinen Tankwagen, seinen Gärbottichen, seinen Flaschenschränken; die Stadt der Straßenkehrer mit ihren umgestürzten Aschenkübeln, aus denen Käsekrusten, Fettpapiere, Fischgräten, Spülwasser, Spaghettireste, alte Binden hervorquellen, mit ihren Riesenhaufen an Dreck und Kehricht, von Planierraupen endlos herangekarrt, ihren Waschmaschinenskeletten, ihren hydraulischen Pumpen, ihren Kathodenröhren, ihren alten Rundfunkgeräten, ihren Sofas, die das Rosshaar verlieren; und die Verwaltungsstadt mit ihren Hauptquartieren, in denen es von Militärpersonen mit tadellos gebügelten Hemden wimmelt, die auf Weltkarten kleine Fähnchen verschieben; mit ihren keramikgefliesten Leichenschauhäusern, bevölkert von nostalgischen Gangstern und weißen Ertrunkenen mit weit geöffneten Augen; mit ihren Archivsälen voller Beamter in grauen Kitteln, die den Heben langen Tag in Personenstandsregister Einsicht nehmen; mit ihren Telefonzentralen, in denen kilometerlang mehrsprachige Telefonistinnen nebeneinander sitzen, ihren Maschinensälen mit ratternden Fernschreibern, mit Computern, die jede Sekunde stoßweise Statistiken, Lohnzettel, Lagerzettel, Bilanzen, Aufstellungen, Quittungen, Fehlanzeigen ausspucken; mit Reißwölfen und ihren Papierverbrennungsöfen, die endlos Haufen veralteter Formulare, Presseausschnitte in braunen Sammelmappen, in schwarzes Leinen eingebundene und mit einer feinen, violetten Schrift bedeckte Standesregister schlucken;

  und ganz unten eine Welt von Höhlen mit rußbedeckten Wänden, eine Welt der Kloaken und der Schlammlöcher, eine Welt der Larven und der Tiere, mit augenlosen Wesen, die Tiergerippe herumschleppen und dämonische Ungeheuer mit Vogel-, Schweine- oder Fischkörpern, und vertrocknete Kadaver, Skelette mit gelblicher Haut, erstarrt in der Pose von Lebenden, und Schmieden, bevölkert mit stumpfsinnigen Zyklopen mit schwarzen Lederschürzen, ihr einziges Auge geschützt durch ein in Metall gefasstes blaues Glas, die aus ihren Erzmassen funkelnde Schilde hämmern.  - (per)