efinitionen sind Kunstwerke. Am meisten bewundere ich die des Glases: Glas ist eine unterkühlte Flüssigkeit extrem hoher Zähigkeit bei praktisch unendlich kleiner Fließgeschwindigkeit. (Gustav Tammann, 1903) Man sieht gleich, worauf es bei einer Definition ankommt: Sie muß sich soweit wie irgend möglich von der Tautologie entfernt halten. Sie zieht Vorstellungen heran, durch deren Grenzwerte sie bestimmt, was die Erscheinung nicht beschreibt. Wer vor einer Schaufensterscheibe steht, wird zu deren Beschreibung am wenigsten an ›Flüssigkeit‹ und ›Fließgeschwindigkeit‹ denken.

Daher auch die unüberbietbare Disposition von Definitionen zur Parodie. Etwa: Gesundheit ist derprekäre Zustand, der nichts Gutes erwarten läßt. Oder: Lärm ist die unerwünschte akustische Information. Oder Ernest Renans brisante Formel: Nation ist, was eine Nation sein will. Schließlich: Die Welt ist der geometrische Ort aller Punkte. Die Parodie macht deutlich, was mit Definitionen geleistet wird und daß man sie unterschätzt, indem man sie ihrerseits definiert als Regeln zur Ersetzung von Wörtern.

Man darf Definitionen vergessen. Eine einzige sollte man nicht vergessen, obwohl in ihr das Vergessen essentiell ist. Sie stammt von einem der vielen französischen Ministerpräsidenten, einem, dem Vergessen unrecht täte: von Edouard Herriot. Er hinterließ, Bildung sei das, was übrigbleibt, wenn man alles vergessen hat.

Man ist, bevor man bewundert, schon dankbar, daß man vergessen darf. Ja, dazu ins Recht gesetzt wird.

Diese Definition macht sich nicht lustig über diejenigen, deren ›Bildung‹ sich in Formeln der Assoziation äußert: »Ach, übrigens erinnert mich das an. . .«  Es ist ganz in Ordnung. Aber es ist ein Durchgangsstadium. Man muß sich an vieles erinnern können, um die Lizenz zu erwerben, alles vergessen zu dürfen. Denn das Vergessen, das hier gemeint wird, ist nichts anderes als die homogene Unbestimmtheit der Erinnerung.

Die Welt hat sich angefüllt mit Bezügen und Bezüglichkeiten, und es bedarf nicht mehr der Heraushebung dieser oder jener besonderen. Aus der ›Bedeutung‹, die auf dem Wege zur Bildung erlernt werden muß und deren Koordinatensystem die Absicherung dagegen schafft, es habe nichts mit nichts etwas zu tun, wird der Aggregatzustand der ›Bedeutsamkeit‹, In ihm hat alles mit allem zu tun. Dennoch hat der Beziehungswahn keine Chance. Man ist geschützt dagegen, vor Singularitäten offenen Mauls zu gaffen. Wem das zuwenig ist, der habe mehr!

Sollte man diesem schlichten Sachverhalt noch etwas Hochgestochenes aufsetzen, so läge bereit: Bildung ist kein Arsenal, Bildung ist ein Horizont. - (blum)

Definition (2) Auch die Geistesgegenwart ist von der Wohlberatenheit verschieden. Denn die Geistesgegenwart ist eine Art von richtigem Treffen. Ebenso ist die Wohlberatenheit kein Meinen.

Da nun wer sich schlecht überlegt, sich verfehlt, und wer gut handelt, sich auch richtig überlegt, so ist offenbar die Wohlberatenheit eine Richtigkeit, doch weder des Wissens noch des Meinens. Bei der Wissenschaft gibt es keine Richtigkeit, weil es auch keine Fehlerhaftigkeit gibt, und die Richtigkeit des Meinens ist die Wahrheit. Außerdem steht schon alles fest, wovon es ein Meinen gibt. Anderseits ist die Wohlberatenheit nicht ohne Gründe. Also gehört sie zum Nachdenken. Dieses ist ja noch kein Behaupten, wogegen die Meinung kein Forschen mehr ist, sondern schon ein Behaupten; der Überlegende aber, mag er dies gut oder schlecht tun, forscht und berechnet. Also ist die Wohlberatenheit eine Richtigkeit des Planens.

Doch muß man nun zuerst fragen, was das Planen sei und worauf es sich bezieht. Die Richtigkeit hat viele Bedeutungen, und offensichtlich kann nicht jede von ihnen hier gemeint sein. So wird der Unbeherrschte und der Schlechte, was er sich vorgenommen hat, durch sein Berechnen auch erreichen, so daß er also richtig geplant und dabei ein großes Übel erreicht haben wird. Dabei scheint das richtige Planen etwas Gutes zu sein. Und nur eine Richtigkeit des Planens, die auf etwas Gutes zielt, ist Wohlberatenheit.

Aber auch dies kann man durch einen falschen Schluß erlangen; man kann auf diese Weise treffen, was man tun soll, aber nicht auf dem richtigen Wege, sondern der Mittel begriff der Schlußfolgerung kann falsch sein. Auch das ist also noch nicht die Wohlberatenheit, durch die man zwar erreicht, was man soll, aber nicht auf dem Wege, den man gehen soll.

Ferner kann man lange Zeit überlegen, was man tun soll, oder auch rasch. Auch jenes ist noch nicht die Wohlberatenheit, sondern eben eine Richtigkeit auf das Nützliche hin, mit dem richtigen Gegenstand, dem richtigen Wege und zur richtigen Zeit.

Endlich kann man teils schlechthin wohlberaten sein, teils im Bezug auf ein bestimmtes Ziel. Der eine macht es richtig im Hinblick auf das schlechthin gültige Ziel, der andere im Hinblick auf ein einzelnes Ziel.

Wenn also der Kluge gut beraten ist, so dürfte wohl die Wohlberatenheit eine Richtigkeit im Zuträglichen sein, auf ein bestimmtes Ziel hin, von dem die Klugheit eine wahre Vorstellung hat.  - (eth)

Definition (3) Sehen wir uns ins Gesicht: definieren wir. Feinschmeckerei ist eine leidenschaftliche, wohlüberlegte, Gewohnheit gewordene Schwäche für alle Dinge, die dem Gaumen schmeicheln.

Feinschmeckerei ist Feindin aller Exzesse; wer sich betrinkt oder überißt, läuft Gefahr, gestrichen zu werden.

Feinschmeckerei schließt auch die Näscherei in sich ein, dieselbe Schwäche für leichte, delikate, zarte Dinge an Konfitüren, Bäckereien usw. Näscherei ist eine Modifikation, eingeführt zugunsten der Frauen und der effeminierten Männer.

Feinschmeckerei, von jeder Seite betrachtet, verdient nur Lob und Ermunterung: Physisch betrachtet ist sie Beweis und Resultat eines gesunden und eines klassischen Zustandes der Ernährungsorgane.

Moralisch betrachtet bedeutet sie die unbedingte Hingabe an die Gebote Gottes, der, seit er uns essen hieß, um zu leben, uns einlädt durch den Appetit, durch den Geschmack erhält, durch das Vergnügen belohnt. - (bri)

Definition (4) In dieselbe Kategorie wie der Traum, der für die Voraussage der Zukunft bedeutungslos ist, gehört das Phantasma, über das unter vielen anderen Artemon von Milet und Phoibos von Antiocheia gehandelt haben; in die Kategorie des Traumgesichts gehören die Vision und das Orakel. Ich habe mit Absicht darauf verzichtet, eine schärfere Unterscheidung dieser Phänomene zu geben; denn wem ihre Bedeutung nicht klar ist, der ist meines Erachtens auch nicht imstande, den Gedankengängen eines Erklärers zu folgen. - (art)

Definition (4) Wenn er bisweilen seine persönliche Ansicht oder gar ein Vorurteil in die Begriffsbestimmung einschmuggelte, ohne die eigentliche Bedeutung des Wortes zu erklären, so läßt sich das freilich nicht gutheißen; seine Erläuterungen zu «Tory» [Tory (vermutlich von einem irischen Wort mit der Bedeutung «der Wilde »), Anhänger der bestehenden Staatsverfassung und der apostolischen Hierarchie der englischen Landeskirche; Gegenteil von Whig.], «Whig» [Whig, Name eines politischen Klüngels] , «Pension» [Pension, Leibrente ohne Gegenleistung; in England meist das Gehalt, das einem staatlichen Söldling für Landesverrat ausbezahlt wird], «Hafer» [Hafer, eine Feldfrucht, in England gewöhnlich den Pferden verabreicht, in Schottland hingegen Volksnahrung], «Akzise» [Akzise, hassenswerte Verbrauchssteuer, deren Höhe von elenden Kerlen festgesetzt wird, angestellt von denjenigen, denen der Ertrag zufließt] und ein paar weiteren Wörtern kann man nur als einen Jux bezeichnen, den er sich leistete. Man darf aber nicht vergessen, daß er sich solche Schnödigkeiten nicht nur andern gegenüber gestattete, sondern gelegentlich auch sich selber nicht verschonte. So wenn es zum Beispiel heißt:

«Grub-street, Name einer Londoner Gasse, großenteils bewohnt von Verfassern kleiner Romane, Wörterbücher und Zeitgedichte; daher auch Bezeichnung für untergeordnetes Geschreibsel.» Oder: «Lexikograph, Verfasser von Wörterbüchern, ein harmloser Fronknecht.»   - (johns)

Definition (5)  Das Ganser-Syndrom, so spannend für den Fachmann und so verwirrend für den Laien es auch ausfallen mag, was ist es nun eigentlich? Die Antwort umgeht auch heute noch eine klare Stellungnahme bzw. Aussage.

Dass es so etwas gibt, beweisen die vielen Beschreibungen in der Fachliteratur, die über 100 halbwegs verwertbaren Falldarstellungen, das Interesse weltweit und ein Begriff, der sich über 100 Jahre hält (was auch für medizinische Fachbegriffe nicht die Regel ist).

Klar bleibt: Dieses eigenartige Phänomen ist krankhafter Natur und selten. Es kann verschiedene diagnostische Bereiche einschließen und macht dann natürlich auch entsprechende Schwierigkeiten, wenn man eine eindeutige Aussage treffen will. Es gibt keine klaren Ursachen (seelisch, psychosozial, körperlich), es wurde schon alles Mögliche als Ursache diskutiert. - http://www.psychosoziale-gesundheit.net

Definition (6)

Hochzeit-Fragen.

WAs ist die jungferschafft? ein quintgen hudeley /
Das zehnmahl schwerer ist / als sonst ein centner bley.
Doch was ist eine braut? ein ding / das gerne küst /
Und weder eine frau noch eine jungfer ist.
Was ist ein bräutigam? ein mann und nicht ein mann /
Dieweil er sich noch nicht der mannheit rühmen kan.
Was mag das Jawort seyn? es ist das erste spiel /
Wann man das leder nun mit ernst verkauften will.
Sagt / was verlobniß ist? ein angestelltes fest /
Davor man in der kirch am letzten bitten last.
Was ist das auffgebot? es ist ein später fleiß /
Darinn erzehlet wird / was sonst ein jeder weiß /
Was ist das hochzeit-fest? es ist ein warmes bad /
Darinnen wirth und gast was auszuschwitzen hat.
Was mag die trauung seyn? die zeit / da man verehrt /
Was einen sonst mit recht und ehren zugehört.
Was ist ein junggesell? ein affe / der das spiel /
Dem herren bräutigam flugs abstudiren will.
Was ist ein jungfergen? es ist ein gläßgen wein /
Das niemand trincken darff / wann alle durstig seyn.
Was ist die erste nacht? die Hochzeit in der that /
Da manche mehr gehofft / als sie zu kosten hat.
Was ist die ander nacht? ein süsser überdruß
Da man die alte schuld von gestern zahlen muß.
Was ist die dritte nacht? es ist die rennebahn /
Da man aufhören muß / wann mans am besten kan.
Was ist die jungefrau? es ist ein loser sack /
Der in der compagnie auch garstig reden mag.
Was ist der ehstand selbst? es ist ein vogelhauß /
Die draussen wollen nein / die drinnen wollen rauß.
Was ist das erste kind? ein schmertz wens bald bekleibt.
Ein schimpf / wenns zeitlich kommt / ein hohn / wenns aussen bleibt.
Was ist das andre kind? es ist ein guter rath
Vor leute / welche man gern zu gevattern hat
Was ist das dritte kind? ein ungebetner gast /
Des vaters geld-verderb / der mutter überlast.
Was ist das vierdte kind? es ist ein gutes ziel
Nach diesen sage man / zuviel / zuviel / zuviel
Was ist das fünffte kind? mit diesen heist es wol /
Jch esse was mir schmeckt / und leide was ich sol.
Was sind die söhnigen? ein volck das nichts erwirbt /
Und da des beutels kraft / als an der Schwindsucht stirbt.
Was sind die töchtergen? die kosten wenig geld /
Biß alle pestilentz auf ihre hochzeit fällt.
Was ist die beste lust? wann man nicht viel begehrt /
Und wenn das wenige fein gut und lange währt. 

  - Christian Weise, nach: Lyrik des Barock II. Hg. Marian Szyrocki. Reinbek bei Hamburg 1971 (rk 539)

Definition (7)  Ein Flittchen ist eine Tussi, die mit jedem in die Kiste hüpft
Eine Schlampe ist eine Tussi, die mit jedem ins Bett geht, außer mit dir selbst
Ein Miststück ist eine Tussi, die mit jedem in die Kiste hüpft außer mit dir, aber dir davon erzählt. - Quelle

Definition (8)

- André Breton, nach N. N.

Definition (9)

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