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(hwh2)
Iren (3)
Ich kann verstehen, daß
man hier katholisch ist. Dieses Land hat etwas
ganz Eigentümliches. Alles vibriert ständig, das Gras
auf den Wiesen und die Oberfläche der Gewässer, alles scheint auf eine
Anwesenheit hinzudeuten. Das Licht ist sanft und wechselhaft, wie eine
sich ändernde Materie. Sie werden es noch sehen. Und auch der Himmel
ist lebendig. - Michel Houllebecq, Elementarteilchen. 1998
Iren (4) Meine kleine tochter hockt einigermaßen
happy unter dem arbeitstisch und wartet, daß ich ihr eine geschichte erzähle,
die sie zwar schon hören, aber noch nicht verstehen kann; und ich beginne
wieder einmal von vorne: Bondigedfran sohn des Llyr war gekrönter könig
dieser insel und trug die erhabene krone von Llundain. Eines nachmittags
war er zu Harddlech in Ardudwy, wo sein hof stand, und er saß auf der spitze
des felsens, über dem meer. Und mit ihm waren Manawyddan sohn des Llyr,
sein bruder, und Nissien und Efrissien, seine brüder von mutterseite, dazu
viele edle, wie es einem könig zusteht. Jene zwei brüder waren söhne des
Euroswydd, aber ihre mutter war auch die seine: Penard die tochter des
Beli des Mynogan sohn, Und einer dieser jünglinge war ein guter jüngling;
er stiftete frieden zwischen beiden parteien, wenn sie sich bekriegten;
dieser war Nissien. Der andere erregte streit unter seinen brüdern, wo
immer er konnte, und gerade dann, wenn sie einander am meisten zugetan
waren. - (
dru
)
Iren (5) Über welches Land wir
nichts Gewisses zu sagen haben, außer daß die Bewohner wilder sind als
die Briten, da sie Menschenfresser und Vielfresser
(polujagoi, nach anderer Lesart pohjagoi, Krautesser) sind
und es für ehrbar halten, ihre verstorbenen Eltern zu essen und öffentlich
mit den Frauen anderer, mit ihren Müttern und Schwestern fleischlichen
Umgang zu haben. - Strabo, nach
Wikipedia
Iren (6) ... Ich habe eine große Menge irischer
Verwandten, manche arm, manche nicht arm, und alle Protestanten; manche
für den Sinn Fein und manche vollkommen pro-britisch eingestellt. Das Haupt
der Familie ist, wenn er noch lebt, ein sehr
wohlhabender Rechtsanwalt, der die Juristerei haßte, sich aber verpflichtet
fühlte, seines Vaters Firma weiterzuführen. Er hatte eine Haushälterin,
die aus einer Landfamilie kam und meinen Onkel nie ganz als Gentleman ansah,
weil er Rechtsanwalt war. Sie pflegte zu sagen:
es gibt für einen Gentleman nur vier Laufbahnen, bei der Armee, bei der
Marine, bei der Kirche und bei Gericht. Ein Barrister war ein Gentleman,
aber ein Rechtsanwalt nicht... - (
cha
)
Iren (7)
Iren (8) Der Major O'Malley war wohl einer der
allerverwunderlichsten Menschen, die es geben kann, und rechne ich vielleicht
ein paar etwas exzentrische Engländer ab, die mir vorgekommen, so wüßte
ich keinen Offizier in der ganzen großen Armee, der in der äußern
Erscheinung mit O'Malley zu vergleichen. Ist es wahr, was viele Reisende behaupten,
daß die Natur sich eben nirgends solch ganz besonderer Prägstöcke
bedient, als in Irland, weshalb denn jede Familie die artigsten Kabinettsstückchen
aufzuweisen hat, so konnte der Major O'Malley billigerweise für einen Prototypus
seiner ganzen Nation gelten. Denke dir einen baumstarken Mann von sechs Fuß
Höhe, dessen Bau man gerade nicht ungeschickt nennen kann, aber kein Glied
paßt zum ändern, und die ganze Figur scheint zusammengewürfelt
wie in jenem Spiel, in dem Figuren aus einzelnen Teilen, deren Nummer die Würfel
bestimmen, zusammengefügt werden. Die Adlernase, die tein geschlitzten
Lippen, würden das Antlitz zum Edlen erheben; aber sind die hervorstehenden
Glasaugen beinahe widrig, so tragen die hohen schwarzen buschigen Augenbraunen
den Charakter der komischen Maske. - Sehr seltsam hatte des Majors Antlitz etwas
Weinerliches, wenn er lachte, wiewohl das selten geschah; dagegen war es, als
ob er lache, wenn ihn die Wut des wildesten Zorns übermannte; aber dieses
Lachen hatte so etwas Grauenhaftes, daß die ältesten, im Gemüt
handfestesten Bursche sich davor entsetzten. Ebenso selten als O'Malley lachte,
ebenso selten ließ er sich aber auch hinreißen vom Zorn. Ganz unmöglich
schien es, daß dem Major jemals hätte eine Uniform passen sollen.
Die Kunst des geschicktesten Regimentsschneiders scheiterte an des Majors unförmlicher
Gestalt; der nach dem genauesten Maß zugeschnittene Rock schlug schnöde
Falten, hing ihm am Leibe, als sei er aufgehängt zum Ausbürsten, während
der Degen an den Beinen schlotterte, und der Hut in so seltsamer Richtung auf
dem Kopfe saß, daß man schon auf hundert Schritte den militärischen
Schismatiker erkannte. Was aber bei der pedantischen Formkrämerei jener
Zeit ganz unerhört scheinen mußte: O'Malley trug -keinen Zopf. Freilich
möchte auch dieser an den wenigen grauen Löckchen, die sich am Hinterhaupte
kräuselten, schwer gehaftet haben, da sonst der Kopf völlig haarlos
war. Ritt der Major, so glaubte man, er müsse jeden Augenblick vom Pferde
fallen, focht er, jeden Augenblick vom Gegner getroffen werden; und doch war
er der beste Reiter, Fechter, überhaupt der geübteste, gewandteste
Gymnastiker, den es nur geben konnte. - So viel, um dir das Bild eines Mannes
zu geben, dessen ganzes Treiben geheimnisvoll zu nennen, da er bald bedeutende
Summen wegwarf, bald hülfsbedürftig erschien, und jeder Controle seiner
Obern, jedem Dienstzwange entzogen, durchaus tat, was er wollte. - E.
T.A. Hoffmann, Der Elementargeist. In: E.T.A.H., Späte Werke. Darmstadt/München
1979