Jonathan Swift
Pferd (2) IN seiner letzten Inkarnation
war dieser Mann ein Pferd; er ist sich dessen durchaus
bewußt, und zwar aufgrund untrüglicher Indizien: sein bevorzugtes Schuhwerk,
die Nahrung, seine Art zu lachen. Trotzdem hat
es ihn lange Zeit nicht beunruhigt; er weiß in der Tat, daß solche Lebenslagen
zwar nicht selten, dafür aber nicht dauerhaft sind. Ein nachtwandelnder
Freund — ehemals Uhu — wurde um die dreißig zum Tagmensch und hat
jetzt Familie; und eine ehemalige Klapperschlange ist jetzt eine feinsinnige,
in Erinnerung an sich vielleicht ein wenig giftige Kunstkritikerin. Mit
fortschreitenden Jahren mußte er jedoch feststellen, daß seine Symptome
keineswegs dazu neigten zu verschwinden, sondern sich im Gegenteil noch
komplizierten. Das rief allmählich eine gewisse Beklemmung, ja Angst
in ihm hervor, besonders wenn er sich zum Bocken, Ausbrechen und Sich-Aufbäumen
getrieben fühlte, was einem Willen entsprang, der
ihm dunkel blieb. Tatsächlich war ihm unbekannt, daß er nicht nur eine
Inkarnation als Pferd besessen hatte, sondern gut und gern drei hintereinander.
Das erste Pferd war ein gedrückter und untauglicher Klepper von schattenhafter
Magerkeit gewesen — rasch verbraucht von träger und trister Geduld, ihm
war ein mächtiger Karrengaul gefolgt — kräftig und ergeben, schließlich
war er in ein kleines, mehr ehrgeiziges als kluges Rennpferd eingegangen
— ein Stänkerer und Störenfried, der es fertigbrachte, mitten im Rennen
stehenzubleiben und Geschichten zu machen. Alles in allem war keins der
drei dazu angetan gewesen, ein gewisses Gefühl der Frustration in ihm zu
tilgen, fast als hätten sie alte an derselben Niederlage, derselben Demütigung
und derselben frühzeitigen Auszehrung teilgenommen. Der Herr, der einen
Rest von Pferdhaftigkeit in sich spürte, hatte lange Zeit nur an ein einziges
Pferd gedacht, erst nach und nach begann er zu argwöhnen, daß seine bizarren
und unangemessenen Reaktionen auch von mehreren Pferden stammen könnten.
Von diesem Augenblick an hat er sich darangemacht, die Pferde seiner Vergangenheit
zunächst zu zählen, dann zu sortieren. Er hat das kleine Rennpferd wiedererkannt,
hat ihm aber die Kraft des Karrengauls zugemessen und deshalb einen großen
Traber in ihm vermutet, im übrigen bereitet es ihm große Mühe zu verstehen,
ob es neben dem Rennpferd zwei, eins oder mehrere Pferde gibt. Indessen
verschwinden seine Symptome keineswegs, sondern werden noch gemeiner, und
er ist bereits gänzlich zermürbt. Je mehr er in sich herumstöbert, desto
mehr Pferde glaubt er zu entdecken - galoppierende Pferde, Pferde im Regen,
Pferde im Schlachthaus, wahnsinnig gewordene Pferde und Pferde, die von
unbekannter und unbarmherziger Hand dressiert wurden. Er rast, tobt, wütet,
weint, und wenn es ihm zustößt zu wiehern, dann bleibt er stehen und versucht
herauszufinden, welches der Pferde, die er jetzt in Scharen vermutet, eben
durch seinen Menschenmund gewiehert hat. - (
pill
)
Pferd (3) Ein Araber traf
den Propheten und sagte zu ihm: »Oh Apostel Gottes;
ich habe Pferde so gern. Gibt es wohl Pferde im Paradies?«
Der Prophet gab zur Antwort: »Wenn du ins Paradies kommst, wirst du ein
Pferd mit Flügeln bekommen und wirst es besteigen
und reiten, wohin du willst.« Der Araber erwiderte: »Die Pferde, die mir
gefallen, haben keine Flügel.« Thomas Patrick Hughes, A Dictionary of
Islam (1934) - (
boc
)
Pferd (4) Der alte Mann hockte sich neben seine sterbende kastanienbraune Stute: bei der Migration fallen die Pferde als erste um. Er hatte einen Flecken grünes Gras gefunden. Er hatte die Stute mit einschmeichelnden Worten dorthin gelockt und versuchte, ihr eine Handvoll Gras zwischen die Zähne zu stopfen. Es war zu spät. Sie lag auf der Seite, mit heraushängender Zunge und den glasigen Augen, die den nahenden Tod ankündigen.
Der alte Mann biß sich auf die Lippen und weinte unmerklich. Nur zwei,
drei Tränen liefen ihm über beide Wangen herab. Dann schulterte er den
Sattel, ohne einen Blick zurückzuwerfen, und zusammen gingen wir zur Straße.
- (
chatw
)
Pferd (4) Wieso war Baiardo, wenn er seinem Herrn
so treu ergeben ist, ihm überhaupt davongelaufen? Wir werden bald verstehen,
daß diese Flucht ein außergewöhnlicher Treue- und
Intelligenzbeweis war. Um seinem verliebten Herrn zu dienen, hatte Baiardo sich
aus eigener Initiative auf Angelicas Spur gesetzt, damit Rinaldo, wenn er ihm
nachlief, zu seiner Angebeteten gelangte. Hätte er seinen Herrn aufsitzen lassen,
wäre er von ihm geführt worden, wie es bei Pferden die Regel ist; durch seine
Flucht aber war er es, der seinen Herrn führte. Dieser Baiardo, der so unbezweifelbar
Pferd ist, tendiert dazu, die Grenzen seiner Pferdenatur zu überschreiten, gerade
weil er ein ideales Pferd sein will. - (
rol
)
Pferd (5)
Pferde (6, apokalyptische) VND ICH SAHE / DAS DAS LAMB DER SlEGEL EINES auffthat / Vnd ich höret der vier Thierer eines sagen / als mit einer donnerstim / Kom vnd sihe zu. Vnd ich sahe / Vnd sihe / ein weis Pferd / vnd der drauff sass / hatte einen Bogen / vnd jm ward gegeben eine Krone / vnd er zoch aus zu vberwinden / vnd das er sieget.
VND da es das ander Siegel auffthet / höret ich das ander Thier sagen / Kom vnd sihe zu. Vnd es gieng er aus ein ander Pferd / das war rot / vnd dem der drauffsass / ward gegeben den Friede zunemen von der Erden / vnd das sie sich vnternander erwürgeten / Vnd jm ward ein gros Schwert gegeben.
VND da es das dritte Siegel auffthet / höret ich das dritte Thier sagen / Kom vnd sihe zu. Vnd ich sahe / vnd sihe / ein schwartz Pferd / vnd der drauff sass / hatte eine Woge in seiner hand. Vnd ich höret eine stim vnter den vier Thieren sagen / Ein mass Weitzen vmb einen grosschen / vnd drey mass Gersten vmb einen grosschen / vnd dem Öle vnd Wein thu kein leid.
VND da es das vierde Siegel auffthet / höret ich die stim des vierden Thiers
sagen / Köm vnd sihe zu. 8Vnd sihe / vnd ich sähe ein falh Pferd / vnd der drauff
sass / des name hies Tod / vnd die Helle folgete jm nach. Vnd jnen ward macht
gegeben zu tödten / das vierde teil auff der Erden / mit dem Schwert vnd Hunger
/ vnd mit dem Tod / vnd durch die Thiere auff Erden. - Offenbarung
des Johannes, nach (
lut
)
Pferde (7) Es war nicht leicht, den jüngeren Matthieu in den Armen zu halten und durch das gläserne, klingende Gestöber zu tragen. Der Ältere keuchte bald und fühlte seine Glieder erlahmen, die Nerven darin taub werden.
»Du bist schwer«, sagte er entschuldigend, als er Anders auf die Beine stellte, um sich ein wenig zu verschnaufen. »Es wird leichter für mich sein, wenn ich dich auf meinem Rücken trage, als wäre ich ein Pferd«, ergänzte er.
Anders versuchte, ihm auf die Schultern zu klettern; aber er benahm sich dabei ungeschickt oder schüchtern, so daß es nicht gelang. So bückte sich denn Matthieu, schob seinen Kopf zwischen die Schenkel des Jungen und richtete sich mit seiner Last auf. Er faßte die Beine Anders'. Und es schien, als ob dieser bequem säße. Jedenfalls kam es schon nach wenigen Schritten zu einem Spiel. Der Jüngere faßte den Kopf des älteren, griff sogar in dessen Mund, bildete mit zwei Fingern, die er krümmte, eine Trense, als ob der Mensch ein Pferd wäre - und bestimmte, indem er die Wangen von innen zupfte, die Richtung.
»Ich erkenne nichts mehr«, sagte Matthieu, nachdem er lange Zeit das geduldige Pferd gespielt hatte. Seine Worte wurden nicht deutlich, weil er die Finger Anders' zwischen den Lippen hatte und der Gegenwind einen hohlen Laut in seinen Backen hervorbrachte. Matthieu stellte fest, daß ihm das Antlitz und die Hände gefühllos wurden, sein Ausschreiten immer mühevoller, der Schnee ihm fast bis an die Knie reichte.
»Wir dürfen nicht ins Ungewisse weitergehen«, sagte das Pferd zum Reiter.
»Steh stille, Roß!« sagte Anders. Matthieu hielt, weil ihm der Mund mit der
Trense der Finger auseinandergezerrt wurde. Anders schien zu überlegen oder
zu schlafen. Matthieu stand geduldig im Schnee, weil es gleichgültig war, ob
er ging oder nicht ging. Endlich sagte der Reiter: »Ich wollte nicht in den
Keller zurück. Aber es gibt kein Erbarmen. Ich muß dahin zurück. Wenn Sie mich
begleiten - - es könnte der Anfang des Erbarmens sein.« »Von welchem Keller
sprichst du?« »Von meiner Wohnung. Es ist dort schrecklich. Es ist eine Wohnung
zum Sterben. Ich wollte nicht sterben. Aber ich erkenne nun, daß ich auch hier
draußen umkomme. Es hat mir nicht geholfen, daß ich mich auf die Straße stellte.
Sie sind freundlich zu mir gewesen, Matthieu; aber Sie haben mich in kein warmes
Bett gelegt. Wenn Sie mir jetzt hülfen, daß ich nicht einsam krepiere, nicht
verlassen von aller Welt, es wäre ein letzter Trost -; wenn Sie bei mir blieben,
aus Mitleid nur -.« - Hans Henny Jahnn, Die Nacht aus Blei. Frankfurt am Main 1982
(BS 682, zuerst 1956)
Pferde (8) Der arabische Dichter Chalef
findet am Pferde 9 lange Teile, 9 kurze, 9 kahle, 9 bedeckte, 9 dicke, 9 dünne,
9 benachbarte, 9 getrennte; 8 breite, 8 spitze; 5 trockene, 5 feuchte, 5 vogelartige.
- GEORG JACOB, Schanfaras Lamijat al-Arab (1915), nach: Ernst Robert Curtius,
Europäische Literatur und lateinisches Mittelalter. Bern und München 1969 (zuerst
1948)
Pferde (9) Mehrmals so groß wie der Mensch, hat
das Pferd offene Nüstern, runde Augen unter halb geschlossenen Lidern,
aufgerichtete Ohren und langen, muskulösen Hals.
Das höchste aller Haustiere des Menschen und wahrhaft sein vorbestimmtes Reittier.
Der Mensch, der sich auf dem Elefanten ein wenig verloren vorkommt,
wirkt zu Pferd vorteilhaft: es ist wirklich ein Thron nach seinem Maß.
Wir werden es doch hoffentlich nicht aufgeben?
Es wird doch nicht etwa eine Kuriosität im Zoo oder im Tiergarten?
Schon ist es in der Stadt nur noch ein jämmerlicher Autoersatz, das jämmerlichste aller Zugmittel.
Ach, es ist doch auch - ob der Mensch es merkt? - noch etwas ganz anderes! Die Nüstern gewordene Ungeduld.
Die Waffen des Pferdes sind die Flucht, das Beißen, das Ausschlagen.
Es hat offenbar eine gute Witterung, ein gutes Gehör und ein scharfes Auge.
Eine der schönsten Huldigungen, die man ihm darbringen muß, ist die, daß man ihm Scheuklappen anlegen muß.
Aber keine Waffe . . .
Daher die Versuchung, ihm eine zuzulegen. Eine einzige. Ein Hörn.
So kommt's zum Einhorn.
Das Pferd, ein Nervenbündel, leidet an Luftschlucken. Überempfindlich, beißt es die Kiefer zusammen, hält den Atem an,
dann stößt es die Luft aus, und dabei erzittern die Wände seiner
Nasengänge heftig. Deswegen erzeugt das edle Tier, das nur von Luft und Gras lebt,
lediglich Strohgebäck und grollende, duftende Fürze. Duftendes Grollen.
Was sage ich da, lebt von Luft? Es berauscht sich an ihr. Saugt sie tief
ein, schnüffelt an ihr, prustet mit ihr. - Francis Ponge,
nach
(arc)
Pferd (10)
Als Gott das Pferd erschaffen hatte,
sprach er zu dem prächtigen Tier:
»Dich habe ich gemacht ohnegleichen.
Alle Schätze der Erde liegen
zwischen deinen Augen.
Du wirst meine Feinde werfen
unter deine Hufe, meine Freunde
aber tragen auf deinem Rücken.
Dieser soll der Sitz sein, von dem
Gebete zu mir aufsteigen.
Auf der ganzen Erde sollst du
glücklich sein und vorgezogen werden
allen übrigen Geschöpfen;
denn dir soll die Liebe werden
des Herrn der Erde.
Du sollst fliegen ohne Flügel
und siegen ohne Schwert.«
- Aus dem Koran, nach
(arc)
Pferd (11)
Die Pferde
Mit ihren Nüstern blasen sie im Schreiten vom Gras hinweg den goldnen Staub der Zeiten. Über den Hügel hin zur blauen Bucht geht flatternd ihrer schwarzen Mähnen Flucht. Ihr Antlitz schwankt im stillen Wasserspiegel, vom Mond gehascht mit silberblankem Zügel. Der eigne Schatten macht sie schreckhaft schnaufen; die Nacht durchdämmern sie, um froh im Licht zu laufen. Hell klingt der Frühlingstag ums Ohr der Pferde und lockt die ersten Fliegen aus der Erde. Und mittags schon, wenn heiß die Wiesen dröhnen, schlagen sie aus und schütteln ihre Mähnen! Stets schärfer will der helle Hufschlag klinken, ins Leere bald, bald im Gebüsch versinken. Doch hebt die erste Welle sich zum Stern, schwirren die Fliegen überm Wasser fern. Das Licht erlosch. Nun sind die Wiesen müd. Der Hirte bläst auf seinem Hörn ein Lied. Gesenkter Stirne hör'n die Pferde zu, was ihnen spielt der bärtige Mann in Ruh. Das Echo aber fuhrt mutwillig ihren Sinn auf unbekannte grüne Wiesen hin. Liebend die Tage dein und deine Nacht, hab ich, o Heimat, dir dies Lied gemacht.
|
- Sergej Jessenin, nach
(arc)
Pferd (12)
Antlitz des Pferdes
Die Tiere schlafen nicht. In tiefer Nacht Stehn sie wie eine Mauer auf der Wacht. Der steile Kopf der Kuh wühlt raschelnd Mit glatten Hörnern durch das Heu. Die Backen drängen an die Stirne, Die fast das säkulare Haupt erdrückt. Darunter dreht das träge Augenpaar Zwei müde, mühevolle Kreise. Des Pferdes Angesicht ist schön und klug, Es lauscht den Steinen, hört den Blätterflug, Es kennt die Tiere, deren Schreie fallen Im alten Wald beim Lied der Nachtigallen. Wem aber wird es, das um alles weiß, Die großen Traumgesichte schildern? Die Nacht ist tief. Am dunklen Himmelskreis Erscheinen Sterne, gliedern sich zu Bildern. Das Pferd steht wachsam wie ein Ritter da, Der Nachtwind spielt mit seinem leichten Haar, Die Augen brennen wie zwei große Welten Und seine Mähne fließt wie Purpur, stolz und selten. O wäre es dem Menschen möglich, Des Pferdes Angesicht zu sehen! Er risse sich die schlaffe Zunge aus Und gäbe sie dem Pferd. Es ist der Zunge würdig, Das schöne zauberische Pferd. Wir würden Worte hören: groß Wie reife Früchte, zäh wie gelber Honig, Worte Wie Milch, die weiß und fest geronnen ist, Die wie die Flamme sich in alles bohren - In unser Herz: wie Feuer, das in Hütten fällt, Das alte Bett, den Schemel zu erhellen, Die Worte, die uns alle überleben: Im Lied, das unser ferner Enkel singt. Jedoch der Stall hat sich geleert, Die Bäume sind davongeschlichen, Der karge Morgen hat den Berg beschlagen, Die Felder stehen schon bereit. Die Mähre zieht den schweren Leiterwagen, Im Deichselkäfig eingeschirrt, Und blickt mit ausgelöschten Augen In die geheimnislose, starre Welt. |
- Nikolaj Sabolotzkij, nach
(arc)
Pferd (13)
Pferde
Behaarte Wesen, traurige Natur, in langen anmutlosen Mähnen unbeweglich, den Grenzen unterworfen, die ihnen ihre Weideplätze setzen, stehn ein paar Pferde. Sie zeigen keine Zeichen von Erstaunen, doch wachsen sie genieinsam mit dem Gras. Kein Zügel, keine Last hält sich an ihrem Frieden: pflanzlich sind sie. Was so sehr tut, was ihm bestimmt ist, wird zu Seele. Es wachen Schatten träumend die Pupillen, und hilfreich wirken an der Himmel Stille mit - die allen Wesen nah, allein dem Vierfüßler verborgen - die ruhigen Ohren. Da sind sie: übermenschlich schon. |
- Jorge Guillén, nach
(arc)
Pferd (14)
Über die Pferde hat der Herr die himmlische Satteldecke gebreitet, Die in schönem sattem Blau von ihren Flanken strahlt, Wenn sie abends im Sommer, die Brust von Heuduft geweitet, Schnaubend zur Tränke gehn und der Flug ihrer Mähnen im Winde prahlt. Über die Pferde hat der Herr die Reiter gesetzt, Daß sie die Pferde lenken und daß sie den Pferden dienen. Wer aber sein Pferd ohne Not sporniert, ins Maul reißt, peitscht, schindet und blutig hetzt, Der wird im Jenseits von Pferden zerstampft und verreckt tausendmal unter ihnen. Früher trugen die Pferde Männer zum Kampfund waren Helfer und Retter vorm Feind, vorm Steppenbrand, vor Gefahren. Unterm Kalifen Ali ward es Gesetz, mit den Pferden abends die Sure zu beten. Schmal und blutig war der Mond im Aufgang, wie der krumme Säbel des Propheten. Und die Lieblingsstute des Propheten war an Schweif und Mähne wunderbar Mit drei Wirbeln geziert, deren jeder ein erblicher Adel war: Ausdauer, Klugheit, Mut! Der Nüstern loderndes Rot, Der Augen Feuer: Zeugnis von brennendem Herzensgebot. Herr, laß uns mit unsrem Pferd verwachsen zu einem Leib, Daß uns ein Wesen lebt, mit dem wir das gleiche wollen. Denn wir bleiben im Wandel der Jahre allein, und nur wenige haben ein Weib, Dem sie mit Recht gleiche Liebe wie ihrem Pferde zollen. Über die Pferde ist sehr viel Böses verhängt, Viele krepierten im Krieg mit aufgedunsenen Bäuchen, Und ihr Gewieher ward Rachegeschrei, das zum Himmel drängt, Und der Himmel hört ihr Geschrei und ihr tödliches Keuchen. Über die toten Pferde reitet der große Wind, Küßt ihren Rücken und flüstert in ihren Haaren: Wenn Eure Reiter längst in der Erde zerfallen sind, Werdet Ihr Pferde erstehn in brausenden Jubelscharen! |
- Carl Zuckmayer, nach
(arc)
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