osmologie  Er sprach von Zorach Kreiter. »Wo mag er jetzt sein? Eine Handvoll Asche. Glauben Sie an die Existenz der Seele? Nach dem, was Sie schreiben, würde ich denken, ja. Die Seele ist also Asche

»Wer hat die Welt erschaffen?«

»Irgendwo im Kosmos war Materie vorhanden und lange Zeit lag sie da und stank. Dieser Gestank war der Ursprung des Lebens.«

»Und wo kam die Materie her?«

»Das ist doch ganz gleich. Wichtig ist nur, daß wir keine Verantwortung tragen, weder uns noch anderen gegenüber. Das Geheimnis des Universums ist Apathie, Gleichgültigkeit. Die Sonne, die Erde, die Felsen, sie alle sind gleichgültig, und das ist eine Art passive Kraft. Vielleicht sind Gleichgültigkeit und Schwerkraft das gleiche.« Er sprach und gähnte. Er aß und rauchte. »Warum rauchen Sie so viel?« fragte ich. »Dadurch bleibe ich gleichgültig.«   - Isaac Bashevis Singer, Gefangene. In: I.B.S., Der Kabbalist vom East Broadway. München 1978 (zuerst 1972)

Kosmologie (2) Erklären Sie mir die vier Teile der Glieder der Welt auf Erden?  Die vier Teile der Glieder der Welt auf Erden sind der Gezähmte und der Wilde, der Gute und der Böse, sowohl die Welt des Tages als der immerwährenden Nacht, das Oben, das Unten, das Rechte und das Linke, das Vorn und das Hinten, die Unnihilität der Umfassung der Erde, sei es das Schwarze, das Weiße, das Gelbe, das Rote, das sind die vier Teile der Welt auf Erden, mit allen belebten Wesen undsofort.

Wie kommt es, daß die Erde, das Firmament, der Mond, die Sonne und der Himmel von der Naturalität selbst gebildet werden?  Ja, die Erde bildet sich durch die Ablagerung des toten Körpers und der Mond durch das Eis, und die Sonne durch das Feuer, und der Stern durch das Sein, und das Wasser durch das Blut und das Eis durch die Kälte und die Erde durch das Fleisch und der Stein durch die Knochen, und die Luft durch den Hauch und der Himmel durch die Unendlichkeit, und durch den Wind das Wetter, die Ruhe, das Heitere, die Feuchtigkeit, der Nebel, die Wolke, der Regen, der Schnee, der Hagel, die Infusion der Lüfte, der Donner, der Blitz des großen Destillatoriums.

Was verstehen Sie unter einer Zeit, den Zeiten, dem Alter, den Generationen und Jahrhunderten?  Ich verstehe unter Alter fünfzig Jahre und unter Generationen hundert Jahre und unter Jahrhunderten tausend Jahre und unter Zeiten alle von Gott selbst vollbrachte oder zu vollbringende Existenzen und unter einer Zeit ein Jahr.

Was verstehen Sie unter den Zähnen, den Wesen, den Winden und dem Kuchen?  Ich verstehe unter den Zähnen die ersten Dinge, die in der natürlichen Existenz hartzuwerden begannen, und unter den Wesen und den Winden die ersten Dinge des Erdballs, die sich zu erheben begannen, wo die Natur zu existieren begann, im unendlichen Raum aller Elemente und unter Kuchen: den Ehebruch mit dem Bösen, gleichgültig welchem.

Erklären Sie mir, wie die Planeten anfangen und aufhören?  

Die Planeten des Himmelreichs im unendlichen Raum beginnen sich durch die Feuchtigkeit des eisigen Getreides zu bilden: mit der Zeit wurde er ein großer Eiskörper, der den Mond bildete; mit der Zeit wurde dieses von der Hitze geschlagene Eis Wasser; diese große Wassermasse bildete eine Ablagerung, die verkrustete und zur Erdenmutter wurde; nach einer gewissen Zeit erhitzt sich die Erde und fängt Feuer und wird brennende Sonne, die im flammenden Gas verschwindet; das ist der Anfang und das Ende aller Planeten, einer nach dem andern; das ist der wahre und wesentliche Kalender des großen Eiskörpers, der immer nach dem Kegel verlangt und ihn mit seinem großen Gewicht im Gleichgewicht der natürlichen Schöpfung hält, ohne dabei die anderen Himmelreiche der unbekannten Planeten zu begreifen oder zu erfahren, was jenseits des begrenzten Raums des Hoch-so-sehr vorgeht, getrenntes Gerüttel, das Gott angebracht hat, ohne seine unverständlichen und unberechenbaren Formalitäten entziffern zu können, es ist das Unmögliche, das das Höhere Wesen in die Unendlichkeit gesetzt hat.   - Bousquet, nach (lim)

Kosmologie (3)  Seine Lehre ging dahin: Die Gesamtheit der Dinge sei unendlich, und alles verändere sich durch Übergang ineinander, das All sei leer und voll von Körpern. Die Welten bilden sich dadurch, daß die Körper in den leeren Raum hineinsinken und sich miteinander verflechten. Bei sich steigernder Anhäufung der Körper entsteht aus ihrer Bewegung die Sternenwelt. Die Sonne bewegt sich in einem größeren Kreis um den Mond. Die Erde wird in ihrer Lage festgehalten durch den Schwung um die Mitte; ihre Gestalt ist paukenförmig. Er hat zuerst Atome als das Ursprüngliche hingestellt. Dies sind die Hauptpunkte.

Im einzelnen steht es folgendermaßen: Das Ganze nennt er unendlich, wie bereits bemerkt. Dieses ist teils voll, teils leer, mit welchen Ausdrücken er die Elemente bezeichnet. Daraus entstehen unzählige Welten und lösen sich auch wieder in die Elemente auf. Die Welten aber entstehen auf folgende Weise: Nach Maßgabe der Ablösung von dem Unendlichen bewegen sich zahlreiche Körper von mannigfachster Gestaltung in den großen leeren Raum hinein, die zusammengeballt einen einzigen großen Wirbel ausmachen, durch den sie, gegeneinander stoßend und mannigfach im Kreise sich umschwingend, in der Weise gesondert werden, daß sich das Gleiche zum Gleichen gesellt. Wenn sie nun nach hergestelltem Gleichgewicht sich wegen der Menge nicht mehr im Kreise umschwingen können, entweichen die feineren (leichteren) in der Richtung nach dem äußeren Leeren, als wären sie durchgesiebt, die übrigen bleiben beisammen, halten, sich miteinander verflechtend, die gleiche Bahn ein und bilden so die erste kugelförmige Massengestaltung. Diese sondert von sich gleichsam eine Haut aus, die in sich Körper mannigfacher Art einschließt; wenn diese vermöge des Gegendruckes der Mitte in Umschwung gesetzt werden, verdünnt sich die umhüllende Haut, indem immer die weiter sich anschließenden Teile gemäß der Berührung mit dem Wirbel zusammenfließen. Und so ist die Erde entstanden, indem die nach der Mitte geführten Teile beisammen blieben. Die hautartige Umhüllung selbst hinwiederum verstärkt sich durch den Hinzutritt der ausgesonderten Körper, und im Wirbel sich umdrehend nimmt sie alles, womit sie in Berührung kommt, für sich in Beschlag. Von diesen verflechten sich einige untereinander und bilden ein zusammengehöriges Ganzes, das, anfangs feucht und lehmartig, allmählich abtrocknend und durch die Drehung des Ganzen in Umschwung gehalten, sich schließlich entzündet und die Sternenwelt bildet. Der Sonnenkreis ist der äußerste, der Mondkreis der der Erde nächste, die übrigen Sternenbahnen liegen zwischen diesen beiden. Alle Sterne entzünden sich infolge der Schnelligkeit der Bewegung, die Sonne gewinnt aber auch noch durch die Sterne an Feuerglanz. Der Mond gewinnt nur wenig Licht. Das Eintreten von Sonnen- und Mondfinsternissen erklärt sich durch die Neigung der Erde nach Süden. Die Polargegenden sind immer von Schnee bedeckt, erstarrt in Kälte und Eis. Die Sonne verfinstert sich selten, der Mond oft, wegen der Ungleichheit ihrer Bahnen. Wie es Weltentstehungen gibt, so auch Mehrung und Minderung und Untergang nach Maßgabe einer Notwendigkeit, über deren Beschaffenheit er keine nähere Auskunft gibt.    - Leukippos, Nach (diol)

Kosmologie (4)

»Die Poesie ist das echt absolut Reelle.«
Novalis

René N. Schlitz empfing einen der Literatur-Detektive einer großen deutschen Tageszeitung in der Kantine seines Labors. Der Quantenexperte war über das unerwartete literarische Interesse an seinen Texten, die auch in deutscher Sprache publiziert sind, verblüfft. Er begrüßte, daß der Gehalt seiner Forschung jetzt auch in das Feuilleton einging.20

- Sie erhielten den diesjährigen Georg Büchner-Preis für ein biophysikalisches Manuskript. Das scheint mir ungewöhnlich.
- Das ist aber so.
- Was ist ein Quantenvakuum ?
- Es ist der niedrigste mögliche Energiezustand eines Systems, in dem sowohl die Gleichungen der Quantenmechanik wie auch die der speziellen Relativitätstheorie Gültigkeit haben. Es ist das sog. NULLPUNKTFELD.
- Und das, schreiben Sie, sei ein »unermeßliches Meer von Energie, das die Materie-Teilchen als Substrukturen aus einer Tiefe emportauchen läßt wie Delphine«?
- Wenn Delphine Elektronen oder Protonen wären.
- Ist die dichterische Ausdrucksweise, die Sie als Physiker bevorzugen, mißverständlich?
- Keineswegs. Eigentlich ist überhaupt nur die Betrachtung der Natur poetisch.
- Und wieso ist die »Dirac-See« ein Ozean aus Teilchen in negativem Energiezustand?
- Das ist »Paar-Erzeugung«.
- Klingt nach Roman.
- Man kann sagen, daß aus dem Quantenvakuum das beobachtbare Universum entsteht. Das Nullpunktvakuum »gerät in eine explosive Instabilität und spaltet sich in MATERIE und GRAVITATION auf«. In der weniger turbulenten Robertson-Walker-Phase synthetisiert dieses riesige Energiefeld in die Materie, die wir kennen.
- Also sind Sie materialistisch?
- Was soll das sein?
- Noch einen Tee ?
- Gern.

20 Tatsächlich führte er das von ihm benutzte Vokabular auf die Naturlehre des deutschen Philosophen Schelling zurück. Das war der letzte Ansatz gewesen, Naturwissenschaft sprachlich zu fassen. Wie aber drückt man in Worten die schwindelerregende Energiedichte von 10 hoch 94 Gev/cm3 Materie-Äquivalent aus? Das ist auf engem Raum mehr als die Gesamtmenge der im Universum vorhandenen Materie! Das beobachtbare Universum aber schwimmt sozusagen auf der Oberfläche eines Ozeans, der solche Dichte besitzt.

- (klu)

Kosmologie (5) ALLGEMEINE PROPOSITION. Weil Nichts war, deshalb sind alle Dinge.

1. Eine Untersuchung der Universalität der Gravitation - der Tatsache, daß jede Partikel nicht zu irgendeinem gemeinsamen Punkte, sondern zu jeder anderen Partikel tendiert -veranlaßt dazu, perfekte Totalität oder absolute Einheit als Quelle des Phänomens anzunehmen.

2. Die Schwerkraft ist nichts anderes als die Art, wie sich die Tendenz der Dinge, zur ursprünglichen Einheit zurückzukehren, manifestiert.

3. Ich zeige, daß_das Gesetz der Rückkehr - d.h. das Gesetz der Gravitation- nichts als das notwendige Ergebnis der notwendigen und einzig möglichen Art ist, wie die Materie gleichmäßig über einen begrenzten Raum hin ausgestrahlt wurde.

4. Wäre das Universum der Sterne (im Gegensatz zum Universum des Raumes) unbegrenzt, so könnten keine Welten existieren.

5. Ich zeige, daß Einheit Nichts ist.

6. Indem alle Materie der Einheit entsprang, entsprang sie dem Nichts, d.h. sie wurde erschaffen.

7. Alles wird in die Einheit zurückkehren; d.h.-ins Nichts.  - Zusammenfassung Edgar Allan Poes zu seinem ‹Heureka›, Anm. zu (poe)

Kosmologie (6)  Fouriers Naturgeschichte - derzufolge die Kirsche die Frucht der Kopulation der Erde mit sich selbst ist und die Traube die Frucht der Kopulation der Erde mit der Sonne - wurde für rein verrückt gehalten, und man war der Ansicht, daß seine Kosmologie kaum mehr tauge - wo der Erde nur der unbedeutende Platz einer Biene in einem Bienenkorb zukommt, der aus einigen hunderttausend siderischen Welten besteht, deren Gesamtheit einen Doppelvers bildet, wobei diese Doppelverse ihrerseits zu Tausenden in Dreierversen geordnet sind und so fort; wo die Schöpfung sich stufenweise vollzieht und in fortgesetzten tastenden Versuchen; wo unsere individuelle Existenz 1260 Verwandlungen durchmacht, die 54 000 Jahre in der anderen Welt und 27 000 in der hiesigen in Anspruch nehmen usw.  - André Breton, nach (hum)

Kosmologie (7)

Doch nun will ich erklären der Reihe nach, wie die Materie
Durch ihr Zusammengeraten den Himmel, die Erde begründet,
Weiter die Tiefen des Meers und die Bahnen des Monds und der Sonne.
Denn ganz sicherlich haben nicht alle die Urelemente
Planvoll sparsamen Sinns an den passenden Ort sich begeben
Oder sich untereinander vereinbart ihre Bewegung.
Nein, seit undenklicher Zeit schon haben die vielen Atome
Auf gar mancherlei Weise, getrieben durch äußere Stöße
Und durch ihr eigen Gewicht, durcheinander zu schwirren begonnen,
Um sich auf allerlei Art zu vereinigen, alles versuchend,
Was sie nur immer vermöchten, durch ihre Verbindung zu schaffen.
So kommt's, daß sie sich weit in den langen Äonen verbreitend
Jede nur mögliche Art der Bewegung und Bindung versuchen
Und so endlich die plötzlich geeinigten Teilchen verschmelzen,
Was dann oftmals wurde zum Anfang großer Gebilde,
Wie von der Erde, dem Meere, dem Himmel, den lebenden Wesen.

 

Damals sah man noch nicht der Sonne leuchtenden Radkranz
Hoch in den Lüften sich drehn noch die Sterne im weiteren Weltraum,
Weder das Meer noch der Himmel noch Erde und Luft war zu schauen
Noch was irgend entfernt nur unsern Erscheinungen gleiche,
Sondern es hob sich empor ein neuer und massiger Ansturm
Jeglicher Art aus der Welt der Atome. Ihr haderndes Streiten,
Das aus der bunten Gestalt und der Formverschiedenheit folgte,
Wirrte in ständigem Kampf durcheinander der Stoffe Verflechtung,
Ihre Bewegung und Stoß, ihr Gewicht und Prall und die Lücken,
Weil nicht alles vermochte in seiner Verbindung zu bleiben
Noch auch sich untereinander in passender Art zu bewegen.
Drauf nun begann die Zerstreuung der einzelnen Teile. Es schloß sich
Gleiches an Gleiches jetzt an und es schied sich die Welt voneinander.
Glieder sondern sich ab und es bilden sich Hauptelemente;
Nämlich es trennt in der Höhe der Himmel sich ab von der Erde,
Hiervon trennt sich das Meer und breitet gesondert sein Naß aus,
Ebenso leuchten gesondert die lauteren Feuer des Äthers.

Klärlich verbanden zuerst sich die erdigen Einzelatome,
Weil sie verflechtbar waren und schwer. Sie strebten zur Mitte
Und so nahmen sie sämtlich die unterste Stelle der Welt ein.
Aber je fester verfilzt sie sich einigten, desto entschiedner
Preßten die Stoffe sie aus, die Meer, Mond, Sonne und Sterne
Bildeten und an dem Rande die Mauern des mächtigen Weltalls.
Denn dies alles bilden Atome, die glätter und runder
Sind und an Größe beträchtlich geringer als Erdelemente.
Deshalb hob auch zuerst aus vereinzelten Löchern der Erde
Hier und da sich der Äther empor als der Bringer des Feuers,
Der, weil er leicht ist, zugleich viel feurigen Stoff mit hinaufriß.
Dies vollzog sich nicht anders als wir es noch öfter erleben,
Wenn sich im Frührot golden im perlenbetaueten Grase
Widerspiegelt der Strahl der rötlich erglommenen Sonne,
Nebel den Seen entsteigt und den ständig strömenden Flüssen
Und wie die Erde sogar uns manchmal scheinet zu rauchen.
Wenn sich nun alle die Dünste zur Höhe gewandt und gesammelt,
Ballen sie dicht sich zusammen und säumen als Wolken den Himmel.
So hat sich einst umgeben der leichte, zerfließende Äther
Mit der von überallher zusammengeballten Materie
Und dann überallhin von da sich ins Weite ergießend
Alles übrige brünstig in seine Arme geschlossen. 

- (luk)

 

Kosmos Physik

 

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