ngenieur ich
darf mich da loben, ich, der ich immer eingedenk Havliceks handelte und als
Schuster Ingenieur des Menschenfußes war, Schuhe stets sauber mit Pechdraht
weiß genäht, Nägel dürfen nicht in die Fersen stechen, ich, der ich Leim von
der Marke Elbet und Gummidragant aus Elefantenhufen benutzte, doch es machen
eben Idioten und Trinker die öffentliche Meinung, die sollen erst mal so was
fertigbringen wie der selige Masaryk, mit siebzig auf dem Pferd eine Levade
hinstellen, oder wie die tibetanischen Mönche, die sich ein Elektrizitätswerk
bauten, um im Kloster den lebendigen Buddha anzuleuchten, oder wie der Herr
Professor Einstein, der das Atom-U-Boot erfunden hat, oder wie die Russen, die
rund um die Welt Flugversuche mit Düsenantrieb machen und dabei so schnell sind,
daß sie schon gleich nach dem Start bremsen müssen und ein Tachinierer sagen
konnte, die Zeit ist nicht fern, wo bei solch einer Reise um die Welt der Düsenflieger
selber seinen Schwanz sieht oder wo die Leute in einen Aeroplan steigen und
sofort wieder aussteigen müssen, weil alles derartig flink gehen wird, daß man
am besten daheim bleibt, aber noch immer ist es die Hauptsache, ein Mensch haust
nicht im Stall und bringt den Schönen Blümchen, da klappte doch bei unserem
Pfarrer einmal das Urinieren nicht, und Doktor Karafiat
sprach zu ihm, habe ich es Ihnen nicht gesagt, nur leichte Speisen und kein
Fleisch und keinen Wein, und als ein Weib
nach der Niederkunft Würstchen gegessen hatte, redete der Doktor ihr ins Gewissen,
haben Sie sich an Äpfeln überfressen oder was? um dann
den Ehemann zu beschimpfen, eine Wöchnerin dürfe Würstchen
nicht einmal sehen, woraufhin er dem Mann das Klistier verabreichte, mir dagegen,
als ich wegen meinem Bandwurm zum Doktor ging, verschrieb er gleich Diät
und ordnete an, daß ich mich in Milch setze, ein anderer
hätte mich hinausgeschmissen, doch Doktor Karafiat sagte zu mir, ich habe Ihnen
gleich angesehen, daß Sie verstört sind und daß Sie nicht für den heiligen Stand
der Ehe taugen
- (
hra
)
Ingenieur
(2) Ein Diplom-Ingenieur wurde in seinem Zimmer tot
auf der Erde liegend aufgefunden. In dem Lichtanschluß des Zimmers hatte er
zwei Drähte befestigt, an dem einen einen Schlüssel angebracht und diesen in
den After eingeführt. Am anderen Draht befand sich ein Handgriff eines chirurgischen
Instrumentes. Mit ihm hatte er offenbar das Glied gereizt, wodurch es, wie die
Leichenbesichtigung ergab, zu einem starken Samenerguß
gekommen war. Durch die Wirkung des elektrischen Stromes war der Tod eingetreten.
Trotzdem er als Fachmann die Gefahren der Elektrizität
besonders gut kannte, hatte der Ingenieur diese gefährliche Einrichtung zum
Onanieren benutzt. - (
erot
)
Ingenieur
(3) Seine Worte und Gesten hatten nun jeglichen
Sinn verloren, mir gegenüber zeigte er sich unverhohlen feindselig. Wie ein
wildes Tier raste er durch die Kapsel, blieb plötzlich vor mir stehen, lief
dann wieder hin und her, schien immer kurz davor, sich auf mich zu stürzen.
Offenbar hatte er nun ganz die Beherrschung verloren. Auch seine gewohnten Arbeiten
schien er völlig unkoordiniert zu verrichten; fahrig und unüberlegt griff er
nach diesem oder jenem Instrument und belastete verschiedentlich die inneren
Organe von Krebskönigin, was letzten Endes nicht
ohne Risiko war. Er lachte, weinte, schrie, grunzte, schnaubte, zuckte und schüttelte
sich in unkontrollierbaren Anfällen. Es schien, als wolle er mich mit Blicken
töten. Einmal jedoch blieb er unvermittelt vor mir stehen und befahl, von Gefühlen
übermannt, seine Kreatur meiner Obhut an, sagte, daß
er bald sterben und sie dann allein , auf der Welt sein werde. -
Tommaso Landolfi, Cancroregina. Die Krebskönigin oder Eine seltsame Reise zum
Mond. Zürich 1997
Ingenieur (4)
Ingenieur (5) Ich besuchte Buchalo in seiner Werkstatt in Moosach bei München. Hinter einer Drehmaschine fand ich einen noch jungen Mann von etwa 40 Jahren, mit Brille, durch die mich graue kluge Augen anblitzten. Buchalo war in seine Arbeit verliebt: viele Jahre seines Lebens hatte er schon an sie verloren. Er empfing mich sehr freudig und begann mir liebevoll seine Zeichnungen und Maschinen zu zeigen, trat an einen nicht großen Antoinette-Motor und sagte, indem er mit der Hand auf die Zylinder klopfte:
»Sie haben ihn geliefert. Ich war erfreut, glaubte, er habe eine Seele. Aber jetzt habe ich eine Zeitlang mit ihm. gelebt und sehe — er ist einfach ein Klotz. Man muß das selber korrigieren.«
Mit den Stahlblättern, den Maschinenteilen, dem Lineal — er ging damit wie mit Lebewesen um, von seinen Skizzen und den komplizierten mathematischen Berechnungen schon gar nicht zu reden. Aus jedem seiner Worte traten mir der Glaube an seinen Apparat, seine Beharrlichkeit und seine Ausdauer entgegen. Über die Revolution sprach er wenig, äußerte sich nur oberflächlich über die illegale Literatur und machte auf die seiner Ansicht nach zahlreichen Fehler in der Taktik der Partei aufmerksam.
Dagegen hielt er den Terror für das einzig richtige Mittel, der Regierung den Sieg aus der Hand zu reißen. Als ich aus München abreiste, hatte ich, wenn ich auch vom Wert seiner Erfindung nicht restlos überzeugt war, doch volles Vertrauen zu ihm gefaßt. Ich war sicher, daß er bei seiner Arbeit alles anwandte, was die Wissenschaft zu geben vermochte, und daß es ihm weder an Talent noch an Erfahrung fehlte.
Die Arbeit von Buchalo zog sich hin. Im August wurde klar, daß er die Aufgabe
des Fliegens, wenn überhaupt, dann nicht in naher
Zukunft lösen würde.
- Boris Savinkov,
Erinnerungen eines Terroristen. Nördlingen 1985 (Die Andere Bibliothek,
zuerst 1917/18)
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