pparat
»Sein Apparat steht hier vor uns. Er besteht, wie Sie sehen, aus
drei Teilen. Es haben sich im Laufe der Zeit für
jeden dieser Teile gewissermaßen volkstümliche Bezeichnungen ausgebildet.
Der untere heißt das Bett, der obere heißt
der Zeichner, und hier der mittlere, schwebende
Teil heißt die Egge.« »Die Egge?« fragte der Reisende. Er hatte nicht ganz
aufmerksam zugehört, die Sonne verfing sich allzustark in dem schattenlosen
Tal, man konnte schwer seine Gedanken sammeln. Um so bewundernswerter erschien
ihm der Offizier, der im engen, parademäßigen, mit Epauletten beschwerten,
mit Schnüren behängten Waffenrock so eifrig seine Sache erklärte und außerdem,
während er sprach, mit einem Schraubendreher noch hier und da an einer
Schraube sich zu schaffen machte. In ähnlicher Verfassung wie der Reisende
schien der Soldat zu sein. Er hatte um beide Handgelenke die Kette des
Verurteilten gewickelt, stützte sich mit einer Hand auf sein Gewehr, ließ
den Kopf im Genick hinunterhängen und kümmerte sich um nichts. Der Reisende
wunderte sich nicht darüber, denn der Offizier sprach französisch
und französisch verstand gewiß weder der Soldat
noch der Verurteilte. Um so auffallender war es allerdings, daß der Verurteilte
sich dennoch bemühte, den Erklärungen des Offiziers zu folgen. Mit einer
Art schläfriger Beharrlichkeit richtete er die Blicke
immer dorthin, wohin der Offizier gerade zeigte.
- Franz Kafka,
In der Strafkolonie. Frankfurt am Main 1973 (zuerst 1919)
Apparat (2) »Blicken Sie dorthin!«
Nick versuchte nach der angedeuteten Richtung
sich umzuschauen. Doch er vermochte den Kopf nicht so weit zu drehen, sondern
die Männer mußten ihn erst umkehren, während Cecile mit der Kerze leuchtete.
Der
Detektiv erblickte nun eine Winde, welche von einem Seil umschlungen wurde,
das von einer darüber befestigten Haspel herzukommen schien und sich dann
in der Dunkelheit verlor.
»Zeigt ihm den Mechanismus!« befahl der schöne
Dämon. Einer der Männer legte nun ein Holzscheit unterhalb der Winde auf
den Zementboden und rückte an einem Hebel.
Die Haspel schnurrte mit
großem Geräusch ab und auf das Holzscheit fiel aus der Höhe ein mächtiger
Eisenblock, dessen Fall das Holzstück zerschmetterte.
»Windet das Gewicht
wieder hoch!« befahl Cecile Gerard. »Sieht ungefähr wie ein Rammblock aus
— oder eine Art roh zugerichteten Eisenhammers«, bemerkte der Detektiv
gleichgültig.
»Für Sie ist es schlimmer als eine Guillotine!
« zischte das Weib.
»Das dachte ich mir —
damit kann man einen Menschenkörper zu Brei zerquetschen!« sagte Nick gelassen.
»Handelt es sich um Ihre eigene Erfindung?«
Sie wendete ihm den Rücken
und schaute den Männern zu, welche angestrengt an der Winde arbeiteten
und den schweren Eisenblock wieder langsam hochzogen.
Als sie damit
zu Ende gekommen, deutete Cecile schweigend auf den Riesenkoffer, der nun
direkt auf den Platz, wo kurz zuvor das Holzscheit zermalmt worden war,
gestellt wurde.
Die Männer öffneten den Deckel.
Dann packten sie den Detektiv, als
ob sie eine solche Verrichtung schon häufig ausgeführt hätten, und zwängten
ihn in den Koffer, der geräumig genug war, um seine machtvolle Gestalt
in sich aufzunehmen.
Das schreckliche Vorhaben des schändlichen Weibes war dem Detektiv völlig
klar. Wurde wieder am Hebel gerückt, so fiel das schwere Eisenstück herunter
und zerstampfte seinen Körper zu Brei. Sein Tod trat augenblicklich ein.
Die Männer schlossen den innen und außen eisenbeschlagenen Koffer, der
kein Blut durchsickern ließ, und brachten ihn aus dem Hause — vermutlich,
um ihn in die Tiefe des Michigansees zu versenken. - Ein Dynamit-Attentat,
aus: Die großen
Detektiv
e,
Bd. 2. Hg. Werner Berthel, Frankfurt am Main 1980, it 368)
Apparat (3) LETOS besteht im wesentlichen
aus zwei Elementen. Das Kernstück bildet die im vorderen, dem zu erschießenden
Objekt zugewandten Teil befindliche zylindrische Explosionskammer. Durch
einen Drehgriff entgegen dem Uhrzeigersinn wird dieser Teil von der dem
schießenden Subjekt zugewandten eigentlichen Schußmaschinerie gelöst. Nun
kann die 5-mm-Stutzpatrone (Flobertkaliber) bequem in die dafür bestimmte,
auf dem Boden der Explosionskammer zentral angebrachte Öffnung gesteckt
werden. Wir achten darauf, daß sich die Patrone bis an ihren Wulst im Rohr
befindet. Andernfalls könnten unliebsame Nebenwirkungen auftreten (Rohrkrepierer!).
Ist das Geschoß eingelegt, und hat man sich von seinem ordnungsgemäßen
Sitz überzeugt, werden der Zylinder und die sogenannte Maschine wieder
vereinigt. Ist auch dies geschehen (fest zusammenschrauben, jedoch das
Gewinde nicht überdrehen!), so versetzen wir den Bolzen in Schußbereitschaft.
Wir ziehen den Stift des Bolzens mit Hilfe des aus der sogenannten Maschine
ragenden Knaufs körperwärts und spannen so weit durch, bis sich der Stab
des Drückers am vorderen Ende hebt und einrastet. Dabei muß sich die Waage
des Drückers so weit verändern, und der Balken hat sich gegen das zu erschießende
Objekt hin in einem spitzen Winkel so weit zu öffnen, daß er am anderen
Ende die Maschine berührt. Das Einrasten wird durch ein deutlich vernehmbares
Klicken angezeigt. Nun ist die Waffe entsichert und es kann geschossen
werden. Wir haben es bei der Marke LETOS wie auch bei anderen Apparaten
ihrer Art mit keinem Gewehr zu tun! Immer wieder suchen unerfahrene Benutzer
im Anschluß an den Schuß im erschossenen Objekt »die Kugel«. Vergebens,
denn nicht ein Projektil dringt in das zu erschießende Objekt, vielmehr
kommt es nach der Zündung in der Explosionskammer zu einem starken Überdruck,
der den Kolben gegen den Widerstand der eingebauten Spiralfeder in Richtung
des zu erschießenden Objekts schnellen läßt. Dadurch wird der an seinem
Ende konkav ausgekerbte Stachel aus der Mündung hinausgetrieben, um sich
sieben Zentimeter tief in das zu erschießende Objekt zu bohren. Entsprechend
der lichten Weite, das heißt, entsprechend dem relativen Abstand der sieben
Zentimeter zwischen Mündung und Stachelfuß suchen wir uns am zu erschießenden
Objekt eine Stelle, wo der Schuß zu seiner optimalen Wirkung gelangen kann.
Dies ist naturgemäß der Schädel, insbesondere die Stirnpartie,
wo wir mit geringen Unterschieden bei einzelnen Erschießungsobjekten nach
einem dünnen Skrinum und dem angewölbten Dach des Schädelknochens unmittelbar
auf das Gehirn, und zwar den Gyrus frontalis stoßen,
wo die lebenswichtigsten zerebralen Zentren beherbergt sind, und der sich
darum für unseren Zweck naturgemäß besonders anbietet. - Alois
Brandstetter, Überwindung der Blitzangst. München 1974 (dtv sr 27, zuerst
1971)
Apparat (4, empfindlicher) Schon
lange ist bekannt, daß man Elektronenhirne nicht nur bauen, sondern auch erziehen
muß. Das Schicksal eines Elektronenhirns ist schwer. Pausenlose Arbeit, komplizierte
Berechnungen, Brutalität und gemeine Witze von seilen der Bedienung - alledem
ist ein in seiner Beschaffenheit so überaus empfindlicher Apparat ausgesetzt.
Was Wunder, daß es zu Zusammenbrüchen, zu Kurzschlüssen kommt, die häufig in
selbstmörderischer Absicht unternommen werden. Unlängst hatte ich in meiner
Klinik einen solchen Fall. Eine Spaltung des Bewußtseins war erfolgt - dichotomia
profunda psychogenes electrocutiva alternans. Das Hirn schrieb an sich selbst
die zärtlichsten Briefe, bezeichnete sich darin als ›Spulchen‹, ›Drahtilein‹,
›Röhrchen‹ - ein offenkundiger Beweis, wie sehr es des Mitgefühls, eines herzlichen
Verhältnisses voller Wärme bedurfte. Eine Serie elektrischer Schocks und eine
längere Erholungspause gaben ihm die Gesundheit wieder. Oder nehmen
wir zum Beispiel solch einen tremor electricus figoris oszillativus,
meine Herren. Das Elektronenhirn ist keine Nähmaschine, mit der man Nägel
in die Wand schlagen kann. Es ist ein bewußtes Wesen, das sich in allem zurechtfindet,
was ringsum geschieht, deshalb beginnt es in Augenblicken kosmischer Gefahr
mit dem ganzen Schiff so zu zittern, daß die Menschen an Deck sich kaum auf
den Beinen halten können. Gewissen brutalen Naturen mag das mißfallen. Sie pflegen
so ein Hirn zum Äußersten zu treiben. Das elektronische Hirn wünscht uns das
Beste, dennoch, meine Herren, auch die Haltbarkeit der Drähte und Röhren hat
ihre Grenzen. Nur infolge maßloser Verfolgungen durch den Kommandanten, der
sich als ein notorischer Säufer erwies, hatte sich Grenobis Elektronenhirnchen,
das zu Kurskorrekturen benutzt wurde, in einem akuten Wahnsinnsanfall als ein
ferngezeugtes Kind der Großen Andromeda und als erblichen Kaiser von Murwiklaudien
ausgerufen. Nach einer Kur in unserer Anstalt beruhigte er sich, erlangte sein
Bewußtsein wieder und ist nun wirklich beinahe normal. Es gibt natürlich schwerere
Fälle. So hatte zum Beispiel ein gewisses Universitätshirn, das sich in die
Frau eines Mathematikprofessors
verliebte, aus Eifersucht alle Berechnungen gefälscht, bis der Mathematiker
in Depression geriet, da er glaubte, er könne
nicht mehr addieren. - (
lem
)
Apparat (5)
Apparat (6) Der Doktor kam an den Apparat, in dem ich saß, und sagte:
«Was war vor dem Krieg Ihre Lieblingsbeschäftigung? Trieben Sie Sport?»
Ich sagte: «Ja, Football.»
«Gut», sagte er, «Sie werden besser denn je Football spielen können.»
Mein Knie ließ sich nicht beugen, und mein Bein hing vom Knie bis zum Knöchel ohne Wade gerade herunter, und der Apparat sollte das Knie beugen und Dreiradbewegungen mit ihm ausführen. Aber noch ließ es sich nicht beugen; statt dessen schlingerte die Maschine immer, wenn's ans Beugen ging. Der Doktor sagte: «Das wird sich alles geben. Sie sind ein Glückspilz, junger Mann. Sie werden wieder Football spielen - wie ein Champion.»
Im nächsten Apparat saß ein Major, dessen eine Hand so klein war wie die eines Babys. Er zwinkerte mir zu, als der Doktor seine Hand untersuchte, die zwischen zwei Lederriemen eingespannt war, die auf und ab schnellten und gegen die steifen Finger schlugen, und sagte: «Und werde ich auch Football spielen, Herr Stabsarzt?» Er war ein großer Florettfechter gewesen und vor dem Krieg der beste Fechter Italiens.
Der Doktor ging in sein Büro in einem Hinterzimmer und brachte eine Fotografie an, die eine Hand zeigte, die beinahe so verkümmert war wie die des Majors, bis sie einen Heilgymnastikkurs durchgemacht hatte, und nachher ein bißchen größer war. Der Major nahm die Fotografie in seine gesunde Hand und besah sie sich sehr aufmerksam. «Eine Verwundung?» fragte er.
«Ein Arbeitsunfall», sagte der Doktor.
«Sehr interessant, sehr interessant», sagte der Major und reichte sie dem Doktor zurück.
«Sie haben doch keine Zweifel?»
«Doch», sagte der Major. - Ernest Hemingway, Die Nick Adams Stories.
Reinbek bei Hamburg 1973
Apparat (6) Azef erzählte mir folgendes: Ein gewisser Sergej Ivanovic Buchalo, der bereits für seine Erfindungen auf dem Gebiet der Minen und der Artillerie bekannt war, arbeite seit 10 Jahren an dem Projekt eines Luftfahrt-Apparats, der nichts mit den existierenden Typen der Aeroplane gemein habe, und mit dem das Problem der Luftfahrt radikal gelöst worden sei: dieser Apparat erhebe sich in beliebige Höhen und könne ohne die geringsten Schwierigkeiten wieder landen; er vermöge bedeutende Lasten zu heben und bewege sich mit einer maximalen Geschwindigkeit von 140 km per Stunde. Buchalo sei seiner Überzeugung nach eher ein Anarchist, aber er sei bereit, seine Erfindung jeder Terrororganisation zur Verfügung zu stellen, die sich den Zarenmord zum Ziel gesetzt habe. Er, Azef, habe Buchalo in München getroffen und gefunden, daß Buchalo die Aufgabe theoretisch gelöst habe; was aber ihre Konstruktion anbelange, so habe er damit noch Schwierigkeiten. Buchalo habe nicht genügend Mittel, um selbst eine Werkstatt einzurichten und die notwendigen Materialien einzukaufen. Diese Mittel müsse man beschaffen: wenn wirklich ein solcher Apparat gebaut werden sollte, so werde der Zarenmord nur noch eine Frage der Zeit sein.
Die Worte Azefs klangen für mich wie ein Märchen. Ich wußte von den Versuchen Farmans, Delagranges und Blériots; ich wußte auch, daß in Amerika die Gebrüder Wright große Erfolge in der Luftfahrt errungen hatten. Aber ein Apparat, der eine Geschwindigkeit von 140 km pro Stunde entwickelte und große Lasten in beliebige Höhen heben könnte, schien mir ein unerfüllbarer Traum. Ich fragte:
»Du hast selbst die Skizzen überprüft?«
Azef antwortete, daß er sich in letzter Zeit speziell mit der Frage der Luftschiffahrt befaßt und alle Formeln von Buchalo überprüft habe. Da sagte ich: »Du glaubst an diese Erfindung?«
Azef antwortete: »Ich weiß nicht, ob Buchalo seinen Apparat zu bauen vermag,
aber die Aufgabe, das wiederhole ich, ist in der Theorie richtig gelöst.« - Boris Savinkov,
Erinnerungen eines Terroristen. Nördlingen 1985 (Die Andere Bibliothek,
zuerst 1917/18)
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