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licht
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Grenze (2) Warum
sollte das ungesund sein, diese meine Begeisterung für das junge, noch nicht
ermattete Leben, für diese Frische? Im aufblühenden Leben ist dies das einzige,
was Leben genannt zu werden verdient, denn hier gibt es keine Zwischenphase;
was nicht aufblüht, welkt. War das denn nicht der Gegenstand des versteckten
Neides und einer nicht minder geheimen Verehrung aller
wie ich zur allmählichen Verendung Verurteilter, der Gnade der täglichen Vermehrung
der Lebenskraft Beraubter? War diese Grenze zwischen dem aufsteigenden und dem
absteigenden Leben nicht die wirklichste von allen? Der einzige Unterschied,
der zwischen mir und »normalen« Männern bestand, lag darin, daß ich den Glanz
dieser Göttin - Jugend - nicht nur im Mädchen verehrte, sondern auch im jungen
Burschen, daß sogar ein Junger für mich ihre vollkommenere Verkörperung war
als eine Junge ... Ja, die Sünde, wenn es eine gab, rührte davon her, daß ich
es wagte, die Jugend unabhängig vom Geschlecht zu bewundern, und sie aus dem
Beherrschtsein durch den Eros hervorholte - daß ich auf den Sockel, auf den
sie ein junges Weib stellten, einen Jungen zu stellen wagte. -
(
gom
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