öttin   VNfern von Arcadien in Magernia [Germania], liget eine Provintz Elsisia [Silesia = Schlesien] geheissen / darinnen ist nahe dem Fluß Erado [Odera = Oder] eine Volckreiche vnd weitberuffene Stadt / welche gedachter Fluß an allen Orten bezircket / vnd vor feindlichem Anlauff wol befestiget. Darinnen wohnete einesmals ein vornehmer Schäffer / mit Namen N / ein damaliger Printz vnd Obrister aller gesampten Schäffer in gantz Elsisien, welcher seine vber alle andere Schäffer habenden Pflege vnd Auffsicht / wegen annahenden nunmehr hoch bejahreten Alters / seinen Söhnen vbergeben hette.

 Dieser mehrerregte Schäffer hatte eine Tochter / Amœna geheissen / welche wegen jhrer vbermenschlichen vnd vnvergleichlichen Schönheit / so der günstige Himmel vnd die mildreiche Natur häuffig vber sie außgegossen / von allen Schäfern des gantzen Landes für eine Göttin gehalten vnd geehret wurde. Du hettest sie mit gutem Titul nenen können:

Ein allervollkommenes Meisterstücke des Himmels / einen Auffzug oder eine Seele aller himlischen Schönheiten / einen Triumpff der Natur / ein Wunder des Erdbodens / ein werck aller Vollkomenheit / ein keusches Wohnhaus der Gratien. Den sie war mit allen nur ersinnlichen Schönheiten / so eine Dam können verwunderlich machen / gekrönet / daß man sie mit nichts andrem / als mit jhr selbsten hette vergleichen können. Ja es war dieses Wunderbild von der Mutter aller dinge der gnädigen Natur mit solcher Vollkommenheit beseliget / daß auch die Mißgunst selbsten / oder vielmehr der scharfsichtige Argus keinen Fehlen an ihr hette vermercken können. An schönheit hette sie der Venus, an Reichthum der Juno, an Frömmigkeit vnd Keuschheit der Diana, an reifem Verstande der Pallas nicht nur verglichen / sondern weit / weit vorgezogen werden mögen. Daß ich derogestalt ihre Vollkommenheit sattsamlich zu beschreiben / meine Vnvermögligkeit freywillig bekennen muß. Denn mit waserley hohen LobesErweisungen ich sie auch erheben vnd beschreiben wolte / so würde ich doch viel eher meine vnvermögliche Vermessenheit / als dero Treffligkeit / darstellen / ja ich erkenne mich / wenn ich auch schon des Demosthenes vergüldete wolredenheit  entlehnet hette / solches ins Werck zu richten / vnd jhre Hoheit zur genuge zu beschreiben / weniger geschickt / als wenig der vnbedachtsame vnd vermessene Phaeton, der Sonnen Wagen zu regieren / vermöglich gewesen ist. Vnd ich würde auch / da schon meine schwache Faust solches zu verrichten genugsam were / eher meine Feder müde machen / als dieser Damen vnendliche Schönheit zur genüge beschreiben. Derowegen wil ich solches die jenen verrichten lassen / denen der geneigte Mercurius mehr Geschickligkeit als mir darzu verliehen vnd geschencket hat. - Jüngst=erbawete Schäfferey Oder Keusche Liebes=Beschreibung / Von der verliebten Nimfen AMŒNA, Und dem Lobwürdigen Schäffer AMANDUS ... Leipzig Im Jahr 1632

Göttin (2) Sich mit einem Gott oder einer Göttin zu vereinigen oder von einem Gott gebraucht zu werden bedeutet einem Kranken den Tod; denn dann weissagt die Seele die innigste Verbindung mit den Göttern, wenn sie im Begriff ist, ihre Behausung, den Körper, zu verlassen. Allen anderen kündigt es, wenn sie Lust am Verkehr haben, materiellen Nutzen von seiten Bessergestellter an, empfinden sie aber Unlust dabei, Ängste und Aufregungen. In keinem Fall ist es günstig, Artemis, Athena, Hestia, Rhea, Hera oder Hekate beizuwohnen, selbst wenn man ein Lustgefühl empfinden sollte. Das Traumgesicht prophezeit dem Träumenden binnen kurzem den Tod; denn diese Göttinnen sind ehrwürdig, und diejenigen, welche sie anzutasten wagen, müssen, wie wir glauben, mit schlimmer Strafe rechnen. Mit Selene zu verkehren prophezeit Reedern, Steuerleuten, Großkaufleuten, Astronomen, Reiselustigen und Landstreichern großen Nutzen, allen anderen dagegen Wassersucht; den einen hilft sie wegen der Bewegung, den anderen, weil es ohne sie keine Himmelsbeobachtung geben kann, die letzteren rafft sie hinweg, weil sie von Natur feucht ist. - (art)

Göttin (3) Als Bassett seine Hand zum Signal erhob, seinen Kopf nach vom beugte, wie vereinbart, so daß sein Hals bis zur gespannten Wirbelsäule frei lag, dachte er nicht an Balatta, die nur eine Frau war, nur eine Frau, einsam und verschmäht. Er wußte genau, ohne es zu sehen, daß das messerscharfe Beil hinter ihm gehoben wurde. Und in diesem Augenblick, kurz vor dem Ende, fiel auf Bassett der Schatten des Unbekannten, ein Gefühl des bevorstehenden Wunders, wenn die Mauern vor dem Unvorstellbaren einstürzen. In dem Augenblick, als er wußte, daß der Schlag kommen würde, und gerade noch bevor die Kante des Stahls Fleisch und Nerven berührte, schien es, daß er in das heitere Gesicht der Wahrheitsgöttin schaute. - Jack London, Der Rote. In: J.L.: Phantastische Erzählungen. Berlin 1988 (zuerst 1918)

Göttin (4)  Seine niedergeschlagenen Augen folgten der stummen Äderung der eichenen Tischplatte. Schönheit: immer gekurvt, ja, Kurven sind Schönheit. Wohlgestaltete Göttinnen, Venus, Juno: Kurven, die die Welt bewundert. Sehe sie vor mir, Bibliothek, Museum, wie sie da in der runden Halle stehen, nackte Gottheiten. Gut für die Verdauung. Ihnen ist das egal, was für ein Mann sie ansieht. Alles zu sehn. Sprechen nie, ich meine, zu so Kerls wie Flynn. Angenommen aber mal, sie tätes, Pygmalion und Galatea, was würde sie wohl als erstes sagen? Sterblicher! Man wird in seine Schranken verwiesen. Saufen Nektar beim Göttermahl, Geschirr aus Gold, alles ambrosisch. Nicht bloß so ein Sixpence-Lunch wie unsereins, gekochtes Hammelfleisch, Karotten und Rüben, eine Flasche Allsop. Nektar, das ist wie stell dir vor, du trinkst Elektrizität: Götternahrung. Entzückende Frauenformen, junonisch gestaltet. Unsterblich schön. Und wir stopfen Futter in ein Loch und 's hinten wieder raus: Nahrung, Speisesaft, Blut, Kot, Erde, Nahrung: müssens uns reinfüttern wie Kohlen in eine Lokomotive. Die aber haben gar kein. Nie nachgesehn. Ich werds mal heute. Der Wärter merkts wohl kaum. Bück mich, laß irgendwas fallen, seh nach, ob sie.
Tröpfelnd kam stille Botschaft von seiner Blase, zu gehn, es zu tun nicht zu tun dort zu tun. Ein Mann, entschlossen, leerte er sein Glas bis zur Neige und ging, auch Menschenmännern gaben sie sich hin, männlich selbstbewußt, lagen bei Menschengeliebten, ein Jüngling beglückte sie, zum Hof. - (joy)

Göttin (5)  

Gott
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