Der Mund eines Mädchens,
das lange im Schilf gelegen hatte, |
- (
benn
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Jugend
(2)
Ich meinesteils
glaube, daß unsere Seelen mit zwanzig Jahren entfaltet
haben, was in ihnen sein wird, und daß sie alles verheißen, was sie vermögen
werden. Nie hat eine Seele, die in diesem Alter noch kein offensichtliches
Pfand ihrer Kräfte gab, später Beweise davon gegeben. Die natürlichen Anlagen
und Begabungen bezeugen vor dieser Frist, oder niemals, was in ihnen an
Schönheit und Kraft enthalten
ist.
Unter allen großen menschlichen Taten, die zu meiner Kenntnis gekommen sind, von welcher Gattung auch immer, glaube ich den größeren Teil zu finden, wenn ich jene zähle, die sowohl im Altertum wie zu unserer Zeit vor dem dreißigsten Altersjahr verrichtet worden sind, als nachher; ja sogar oft im Leben eines und desselben Menschen. Kann ich es nicht mit aller Gewißheit vom Leben Hannibals sagen und von jenem Scipios, seines großen Widersachers? Die gute Hälfte ihres Lebens zehrten sie von dem Ruhm, den sie in ihrer Jugend erworben hatten: große Männer noch immer, nach dem Maßstab aller übrigen gemessen, aber keineswegs nach ihrem eigenen.
Was mich betrifft, halte ich es für gewiß, daß seit diesem Alter mein
Geist sowohl wie mein Körper mehr ab- als zugenommen hat und mehr rückwärts
als vorwärts gegangen ist. Es ist möglich, daß bei jenen Männern,
die ihre Zeit gut nützen, das Wissen und die Erfahrung mit dem Alter wachsen;
aber die Lebhaftigkeit, die Behendigkeit, die Entschlußkraft und andere
Eigenschaften, die uns weit eigener, weit wichtiger und wesentlicher sind,
welken dahin. - (
mon
)
Jugend
(3)
Unter allen
Göttinnen war Hera die Gattin, die bei dem Gatten
nicht Mutterschaft, sondern Erfüllung suchte.
Kinder konnte sie auch ohne Zeus,
von sich selbst, gebären. So gebar sie aus Zorn
den Typhaon von Delphi, als Zeus die Pallas Athene
auf die Welt brachte; so den Hephaistos, und so vielleicht auch den Ares,
wie man noch hören wird. Hephaistos und Ares waren ganz besonders die Söhne
der Hera, selbst wenn sie zugleich auch als Söhne des Zeus galten. Außerdem
wurde von zwei Töchtern der Hera erzählt, die sie dem Zeus gebar: von Hebe
und Eileithyia. Die letztere war die Göttin, die den Frauen in ihren Wehen
half. Wurde in den Geburtswehen eine andere Göttin angerufen, etwa Hera
selbst oder Artemis, so waren sie in dieser Eigenschaft auch Eileithyiai.
Hebe hingegen bedeutet die »Jugendblüte«. Sie war ein Abbild der Mutter
in deren Eigenschaft als Hera Pais, »Hera, das Mädchen«.
Der Held Herakles, der Sohn des Zeus
und der sterblichen Königin Alkmene, der durch seinen Namen, »Ruhm der
Hera«, und durch seine Leiden und Taten mit Hera am engsten verbunden war,
erhielt zuletzt, zum Gott geworden, auf dem Olymp
Hebe zur Frau. - (
ker
)
Jugend
(4)
Gargantua ward
vom dritten bis zum fünften Jahr in aller gebührlichen Zucht gepflegt und
auferzogen nach dem Willen seines Vaters, und bracht die Zeit zu, wie die
kleinen Kinder des Landes pflegen: nämlich mit Trinken, Essen und Schlafen,
mit Essen, Schlafen und Trinken, mit Schlafen, Trinken und Essen.
Allzeit wälzt' er sich im Kot, vermaskeriert' sich die Nas, bedreckt'
sichs G'sicht, trat seine Schuh hinten über, gafft' gern nach den Mucken
und lief den Millermahlern fleißig nach, über die sein Vater das Regiment
hätt. Er seicht' in seine Schuh, macht' in sein Hemd, schneuzt' sich in
Ärmel, rotzt' in die Suppen und patscht' überall durch; trank aus seinem
Pantoffel und kraut' ihm den Bauch für gewöhnlich an einem Päner. Stört'
sich die Zahn mit einem Holzschuh, wusch seine Hand in Fleischbrüh, strählt'
sich mit einem Humpen, setzt' sich ärschlings zwischen zween Stuhl an die
Erd, deckt' sich mit einem nassen Sack, lief mit der Latten, trank unter
die Suppen, aß seinen Wecken ohn Brot, biß lachend, lacht' beißend, leckt'
vorn, kratzt' hinten, spie oft in die Platten, pfercht' Fett, pißt' gegen
die Sonnen, versteckt' sich ins Wasser vorm Regen, schmiedet' kalt, träumt'
hohl, lud blind, spielt' Stillwässerchens, band das Kalb an, betet' das
Affenpaternoster, kehrt' öfters wieder zu seinen Hammeln, setzt' den Bock
zum Gärtner, schoß die Katz fürn Hasen, spannt' die Ochsen hinter den Karren,
zog die Wurm aus der Nasen, kratzt' sich, wos ihn nit biß, packt' viel
an und hielt wenig fest, verzehrt' sein Weißbrot vorneweg, beschlug die
Graspferd, füttert' die Wetzstein, kützelt' sich selbst zum Lachen, guckt'
weidlich in die Topf, behielt das Korn, gab Gott das Stroh, sang Magnificat
zur Metten, und meint', es paßt' sich trefflich wohl, aß Kohl, schiß Mangolt,
erkannt' die Muk-ken in der Milch, ließ keiner Muck ein Bein am Leib, zerhudelt'
das Papier, verschmiert' das Pergament, riß aus wie Schafleder, zielt'
nach der Geiß, macht' seine Rechnung ohn den Wirt, schlug auf den Busch
und fing nicht den Vogel, sah den Himmel für einen Dudelsack und Schloßen
für Zuckererbsen an, schnitt zween Pfeifen aus einem Rohr, schlug auf den
Sack und meint' den Esel, macht' aus seiner Faust einen Schlägel, fing
die Kranich im ersten Sprung, wollt das Panzerhemd Masch für Maschen gestrickt
han, sah dem geschenkten Gaul allzeit ins Maul, setzt' sich vom Pferd auf
den Esel, gab zu zwei grünen eine reife, macht' die Gruben nach dem Erdreich,
hütet' den Mond vor den Wölfen, hofft' die Lerchen zu fahn wenn der Himmel
einfiel, macht' aus der Not eine Tugend, macht' die Suppen nachdem
ers Brot dazu hätt, frug weder nach Geschabt noch Geschoren. Alle Morgen
band ers Kalb an. Seines Vaters kleine Hund aßen mit ihm aus einer Schüssel,
er desgleichen wieder mit ihnen, er biß sie in die Ohren, sie zerkrellten
ihm die Nas, er blies ihnen in den Arß, sie leckten ihm das Schnäuzel.
Und sollt ihrs glauben, Bübli? daß euch das Übel zur Pfeifen schlag! dies
kleine Hurenjägerlein betastet' seine Wärterinnen schon hinten und vornen,
oben und unten harri hotto! in einem fort, und fing schon an sein Hosenlätzlein
zu exercieren. Selbiges schmückten seine Wärterinnen alle Tag mit schönen
Sträußlein, schönen Bändern, schönen Blumen, schönen Flunkern, schönen
Quästlein, und hatten ihre Kurzweil dran, wann er wie ein Roll-Pflästerlein
ihnen unter die Hand geriet. Dann kichertens wann er die Ohren spitzt',
gleich als ob ihm das Spiel behagt'. Die eine nannt ihn mein klein Hähnlein,
die andre mein Stiftel, die dritte mein Korallenzinklein, die viert mein
Spündel, mein Stöpserl, mein Drillbohr, mein Stössel, mein Näberl, mein
Bummel, mein recht Freudenfest so steif und fest, mein Ladstöckel, mein
Rotwürstel, mein klein Hödengschnödel. Es ist mein, sagt' die ein'. Es
gehört mir, sagt' die andr'. Und sollt ich leer ausgehn? sagt' die dritt,
so schneid ichs ihm mein Treu gar ab. Was schneiden! sagt' die andre: ei,
ihr würdet ihm ja weh tun, Frau: schneid ihr den Kindern das Ding ab? So
würd er ja Monsieur sans Queue. - (
rab
)
Jugend
(5)
Natürlich, wenn
man sich das sentimentale Denken angewöhnt hat und behaupten will, daß die Jugend
ein viel besserer Zustand ist, dann werden alle Begriffe verwechselt. Die Jugend
ist einfach eine Vertagung. Ob die Jugend, wenn sie erwachsen ist, jemals etwas
besser machen wird, das weiß niemand. Jedenfalls wird die Jugend zwanzig Jahre
später alt, und die Zustände sind genau wie vorher. Man kann nicht die Jugend
mit Aufgaben belasten, welche die Eltern nicht erledigen konnten. -
Ernst Fuhrmann, Der Sinn des Todes. Nach (
fuhr
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