Ausflucht   Die größte Ausflucht des erwachsenen Mannes ist, sich den Luftspiegelungen oder Trugbildern seines Berufs zu überlassen, er hat die Vorstellung, er sei ein tüchtiger Schreiner oder Töpfer oder Schmied oder Heilkundiger oder noch besser ein schlauer Geschäftemacher. »Ich tue meine Arbeit«, sagen sie im Brustton der Überzeugung, als wollten sie sagen, richtiger könne man es überhaupt nicht machen. Morgens, wenn sie zur Arbeit gehen, können sie ruhig ausschreiten und sich sagen: »Ich bin ein tüchtiger Kaufmann« (oder Töpfer oder Tierheilkundiger). Kurz darauf aber bekommt jeder von ihnen mit einem anderem anderen Kaufmann oder einem Kunden zu tun; er steht einem anderen männlichen Erwachsenen gegenüber; er muß sich dessen klägliche Antworten im Stil des Erwachsenen anhören; er muß merken, daß sich hinter dem kläglichen Wesen des anderen eine der seinen ähnliche schwere Unsicherheit verbirgt. Nicht daß er die Lage analysieren würde, sein Körper ist vielmehr so fadenförmig geworden, weil er wie eine Antenne funktioniert, mit höchster Empfindlichkeit für die alltäglichen Zusammenbrüche. Er und sein Kunde mustern einander, wobei die Antennen ihrer Körper vibrieren. Während ihrer Verhandlungen entspinnt sich ein Wettstreit der Erbärmlichkeit, wobei jeder versucht, den anderen noch unsicherer zu machen als er selber ist, so daß der andere ihn gewähren laßt, da er ein Opfer seiner eigenen Ängste wird.   - (fata)
 

Fliehen

 

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