Der Richter war bei der Prüfung von den Verdiensten und dem öffentlichen
Ansehen der Zeugen Gödels gebührend beeindruckt und brach mit der Tradition,
indem er sie aufforderte, der Prüfung beizuwohnen. Der Richter begann mit
der an Gödel gerichteten Feststellung: «Bis jetzt hatten Sie die deutsche
Staatsbürgerschaft inne.» Gödel korrigierte diesen feinen Affront und wies
darauf hin, daß er Österreicher war. Der Richter fuhr ungerührt fort: «Wie
dem auch sei, es war unter einer üblen Diktatur..., aber so etwas ist zum
Glück in Amerika nicht möglich.» Bei dem magischen Wort Diktatur konnte
sich Gödel nicht mehr zurückhalten. Es brach aus ihm hervor: «Aber doch,
ich weiß, daß so etwas geschehen kann. Und ich kann es beweisen!» Es bereitete
nicht nur Einstein und Morgenstern, sondern auch dem Richter
einige Mühe, Gödel zu beruhigen und ihn davon abzuhalten, einen ausführlichen
und längeren Vortrag über seine «Entdeckung» zu halten. - (
bar
)
— Es gibt gewisse Leute, die überempfindlich auf Jod und Brom sind, Idiosynkrasie
nennt man dies . . . Studers Idiosynkrasie bezog sich auf Felicitas Rose und
Courths-Mahler. Vielleicht, weil seine Frau früher solche Geschichten gerne
gelesen hatte — nächtelang —, dann war am Morgen der Kaffee dünn und lau gewesen
und die Frau schmachtend. Und schmachtende Frauen am Morgen .. . -
Friedrich Glauser, Wachtmeister Studer. In: F. G.: Kriminalromane. Berlin
1990 (zuerst ca. 1936)
Das kam davon, wenn man sich wie ein Zwanzigjähriger auf ein Töff setzte
und im strömenden Regen fünfundzwanzig Kilometer fuhr. -
Friedrich Glauser, Wachtmeister Studer. In: F. G.: Kriminalromane. Berlin
1990 (zuerst ca. 1936)
Als Studer das Bureau betrat, war Gisler damit beschäftigt, seine Schuhe wieder zuzubinden. Es geschah unter Ächzen und Stöhnen, denn sein Spitzbäuchlein war ihm dabei im Wege. Nach der Begrüßung sagte er:
»Wenn Ihr wüßtet, Studer, wie diffizil das ist! Am Morgen zieht man die Schuhe
an, man pressiert, man gibt nicht recht acht — und gleich hat man eine Falte
in der Lederzunge. Man hat sie nicht recht gestreckt - und die Falte drückt
einen, drückt einen den ganzen Tag! Immer denkt man an den Rumpf und hat dabei
soviel Arbeit, daß man gar nicht dazu kommt, die Zunge zu glätten; man leidet,
aber man geduldet sich, denn man denkt, einmal, im Lauf vom Tag, wird es schon
eine Minute geben, um die Zunge glatt zu strecken ... Man kann nicht intensiv
an irgendeine Arbeit gehen, weil der Gedanke an den Falt in der Zunge immer
wieder dazwischen kommt. Nun bin ich endlich einen Moment allein und da kommt
Ihr! Da müßt Ihr Euch schon 's Momentli gedulden... Wißt Ihr, ich hab' so diffizile
Füß!« - Friedrich Glauser, Die
Fieberkurve. Zürich 1989 (zuerst 1937)
Plötzlich hörte er eine Stimme; sie war in seinem Kopf, das wußte er. Und doch klang sie wie ein beruhigendes Flüstern vor seinen Ohren. Eine gemütliche Stimme, ein wenig rauh vom vielen Rauchen und Schnapstrinkcn. Sie gab einen Rat: «Wenn dich einer so packen tut, daß du nimmer los kannst, dann hau ihm eins zwischen die Haxen oder pack zu und drück fest zusammen. Dort nämlich sind die Leut am empfindlichsten.» Und blitzschnell war auch das Bild da, das zu den Worten gehörte. Irgendwo, am Wiedener Gürtel, auf einem unbebauten Platz. Ein Plattenbruder, ein Vagant, liegt auf der Erde, die Schirmmütze über den Kopf gezogen, weil die Sonne blendet. Und dieser Apache gibt dem Vierzehnjährigen Ratschläge. Sie sind wertvoll, denn der Mann hat viel Erfahrung. «Nämlich», sagt der Mann noch, «wenn du kein Messer hast.» Da greift Todd auch schon zu, die Kraft zu schlagen hat er nicht mehr. Er greift zu und drückt mit aller Kraft, was er da in die Hand bekommt. Ein leises Wimmern, dann ein sehr hoher Schrei. Der Druck läßt plötzlich nach.
Auch Todd ließ los und sprang zurück. Er sah, daß Hassa sich den Unterleib
mit beiden Händen hielt. Dann sprang er vor und rannte dem Sergeanten den Kopf
in die Magengrube. Mit einem leisen ‹Hn› sackte der zusammen. Todd kniete auf
ihm und schlug mit den Fäusten auf das emporgewandte Gesicht. Als Todd aufstand,
schmerzten seine Fingerknöchel. Der andere hatte einen harten Schädel. - (
gou
)
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Ernst Fuhrmann, Die Angst als soziales Problem. Nach (
fuhr
)
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