›Er sei verrückt gewesen durch Anstrengung und Hetzereien, jetzt aber geistig wieder völlig gesund, nur noch etwas nervös. Seine Arbeitskraft sei in der Klinik bei der guten Pflege sehr gewachsen, so daß er viel leisten könne. Deswegen habe er auch glänzende Aussichten, gedenke bei seiner bald bevorstehenden Entlassung eine große Papierfabrik anzulegen, zu der ihm ein Freund das nötige Geld gebe. Außerdem habe ihm Krupp, dessen guter Bekannter jener Freund sei, ein Gut bei Metz zur Verfügung gestellt, auf dem er im großen eine Gärtnerei betreiben wolle; auch für Weinberge sei die Gegend sehr geeignet.
Ferner werde er vierzehn Pferde für den landwirtschaftlichen Betrieb anschaffen sowie einen schwunghaften Holzhandel einrichten, der ihm sicher ein hübsches Sümmchen eintragen müsse. Auf den Einwand, daß alle diese Geschäfte doch wohl nicht so glatt ablaufen würden und erhebliche Mittel erfordern, meint er zuversichtlich, daß er mit seiner großen Arbeitskraft das schon bewältigen werde; auch an Geld werde es ihm bei den vorzüglichen Gewinnaussichten nicht fehlen können. Zugleich läßt er durchblicken, daß der Kaiser sich für ihn interessiere und ihm gestatten werde, den Adel, den sein Großvater wegen Mittellosigkeit abgelegt habe, wieder anzunehmen; eigentlich dürfe er ihn jetzt schon tragen. Alle diese Mitteilungen macht der Kranke in ruhigem, sachlichem Ton; er benimmt sich dabei natürlich.‹
Es ist leicht, ihn zu einer Ausdehnung seiner Pläne anzuregen. ›Deutet man ihm an, daß wohl auch Geflügelzucht vorteilhaft sein könnte, so versichert er sofort, daß er selbstverständlich auch Truthühner, Perlhühner, Pfauen und Tauben halten, Gänse mästen, eine Fasanerie anlegen werde.‹
Seine Krankheit war zuerst durch große Einkäufe und Pläne aufgefallen. Als
er in die Klinik aufgenommen wurde, ›fühlte er sich sehr zum Schaffen angeregt,
geistig und körperlich so wohl wie nie. Er wollte hier, wo es ihm ausgezeichnet
gefalle, dichten, was er besser könne als Goethe, Schiller und Heine ... Er
wollte eine Unmasse neuer Maschinen erfinden, die Klinik umbauen, einen Dom
errichten, höher als der Kölner, einen Glaspanzer um die Anstalt ziehen. Er
sei ein Genie, spreche alle Sprachen der Welt, gieße eine Kirche aus Gußstahl,
verschaffe vom Kaiser die höchsten Orden, erfinde ein Mittel, die Narren
zu bändigen, schenke der Anstaltsbücherei 1000 Bände, meist philosophische Werke,
habe lauter göttliche Gedanken. Diese Größen-Ideen
wechselten fortwährend, entstanden im Augenblick, um rasch von neuen abgelöst
zu werden . . . Der Kranke sprach, schrieb und zeichnete ohne Unterlaß, bestellte
kurzerhand alles, was in den Anzeigen der Zeitungen angeboten wurde. Lebensmittel,
Villen, Kleider, Zimmereinrichtungen. Bald war er Graf, bald Generalleutnant,
bald schenkte er dem Kaiser ein ganzes Feldartillerie-Regiment. Er erbot sich,
die Klinik oben auf einen Berg zu versetzen.‹ - (
cane
)
- (
1001
)
Kaufmann (3) Der Verfasser der »Briefe eines preußischen Augenzeugen«, welcher
ebenfalls den Feldzug des Herzogs von Braunschweig mitgemacht hat,
erwähnt einer sehr schönen Kaufmannsfrau in Verdun. Diese Dame habe ich
auch mehrmals gesehen, welches sehr leicht war, da sie gewöhnlich am
Fenster paradierte. Sie war, wie mich dünkt, eine vollendete Schönheit,
aber auch eine tüchtige Kokette. Anfangs flatterten unsere jungen
Offizierchen um sie herum, aber bald fanden sich recht große junge
Herren – ich sage junge Herren – bei der Madame ein und die
Offizierchen fuhren ab. – Wie herablassend Madame gewesen sei, weiß ich
nicht; sie hatte aber recht viel preußisches Gold. Ihr Mann hat als
Kaufmann das Ding so genau nicht genommen. - F.C. Laukhards, vorzeiten
Magister
der Philosophie und jetzt Musketiers
unter dem Thaddenschen Regiment zu Halle, Leben und Schicksale, von ihm selbst
beschrieben und zur Warnung für Eltern und studierende Jünglinge herausgegeben.
Fünf Teile, 1792–1802
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