Sauerstoff  Genau wie er erinnerte, sagte ihm ein Buch, daß eigentlich alle Explosionen darauf beruhen, daß große Mengen Sauerstoff plötzlich frei werden und mit diesem Sauerstoff andre Dinge verbrennen. Es gibt also eine äußerste Gier nach Verbrennung bei vielen Stoffen, sagte er zu sich, eine genau so große Gier, wie der Mensch und das Tier nach Sauerstoff haben. Dieser Sauerstoff ist in der Luft mit Stickstoff vermischt, und weil er bei der Atmung nur in einer gewissen Menge in die Lungen kommt, hat das Leben einen ganz bestimmten Gang, ein bestimmtes, etwas langweiliges Tempo. Würde der Sauerstoff reichlicher sein, dann würde vielleicht das Leben im Ganzen schneller gehen, vielleicht aber auch sehr viel kürzer sein. Zum Pulver nimmt man Salpeter, Kohle und Schwefel. Der Salpeter gibt leicht eine große Menge Sauerstoff ab. Kohle und Schwefel sind in verschiedener Weise gierig darnach, und beide Stoffe, Kohle und Schwefel, verwandeln sich durch die Oxydation zu Gasen, das aber gerade ist es, was man bei einer Explosion braucht. Man kann auch Metalle in Sauerstoff bringen, aber ihre Oberhaut allein wird es sein, die sich verwandelt und sie bleibt fest, sie wird kein Gas, sodaß der Vorgang schnell ein Ende hat. Das sind alles Dinge, die schon ein Kind lernt, aber man muß weniger als ein Schulkind sein, um sie zu verstehen. Tiere und Pflanzen brauchen Sauerstoff, um zu atmen, das Atmen ist ihr Leben, denn daß die Pflanzen auch Kohlenstoff aufnehmen, ist die Sache ihres Aufbaus, ihrer Ersparnisse, aber es ist nicht ihr Leben. Wenn bei der Explosion Schwefel und Kohle so gierig sind, so muß es sein, weil in ihnen etwas lebt, durchaus leben will.    - Ernst Fuhrmann, Der Geächtete. Berlin 1983 (zuerst 1930)

Sauerstoff (2)

Sauerstoff (3)   Das Weib ist das Oxygenierbare, und der Mann das Oxygenierende. Darum nimmt auch das Weib in der Liebe am Gewicht zu, wie alle sich oxydierenden Körper. Gegeben sind damit weiter: leichteres spezifisches Gewicht, größere Wärmekapazität, schwächere Lichtbrechung, höhere Durchsichtigkeit etc., alles wie anderwärts.  - (rit)

Sauerstoff (4)  

Sauerstoff (5) 

Sauerstoff (7)  Wenn man über mich sagte, »sie fickt, wie sie atmet«, stimmte ich dem gerne zu, umso mehr, als es auch im übertragenen Sinn verstanden werden kann. Meine ersten sexuellen Erfahrungen und auch viele andere danach fanden in einer Umgebung statt, die den Eindruck entstehen lässt, Sauerstoff wirke auf mich wie ein Aphrodisiakum. Im Freien spüre ich meine Nacktheit besser als in einem geschlossenen Raum. Wenn ich die Temperatur, egal, wie hoch, auf einem Teil der Haut wahrnehme, der ihr normalerweise nicht ausgesetzt ist, zum Beispiel im Rücken, ist der Körper kein Hindernis mehr für die Luft, er wird von ihr durchdrungen, öffnet sich, wird aufnahmefähiger. Wenn die Atmosphäre, die die Erde umgibt, wie tausend Schröpfköpfe auf meiner Haut klebt, scheint auch meine Vulva zu atmen und sich lustvoll zu weiten. Streicht ein Windhauch darüber, wird diese Empfindung noch verstärkt - die großen Schamlippen erscheinen mir noch größer, wie aufgepumpt von der Luft, die sie berührt. Ich werde noch ausführlich über die erogenen Zonen sprechen. Die kleinste Berührung dieser wenig beachteten Stelle, des kleinen Damms, dieser verachteten Rille zwischen Arschloch und Scheide, wo die großen Schamlippen zusammenstoßen, erregt mich sehr und ich werde völlig gefügig, die Luft an dieser Stelle kann mich schwindliger machen als ein Höhenrausch. Gerne setzte ich meine gespreizten Arschbacken und Beine der Luft aus.   - Catherine Millet, Das sexuelle Leben der Catherine M. München 2001


 

 

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