Gier   Für zahlreiche amerikanische Mythen ist die Frau oder sind die Frauen das lebende Abbild der vaginalen Gier oder Verhaltung: sie verschlingen das Geschlecht ihres Partners beim Koitus (ein unter dem Namen vagina dentata sattsam bekanntes Motiv) oder nehmen diesen Partner zwischen ihren Schenkeln gefangen, wie das die kalifornischen Mythen mit der Indexzahl M292dg in Du Miel aux cendres und L‘Homme nu erzählen.

Obwohl die Töpferei in Kalifornien nur rudimentär und sporadisch vorkommt (wo sie von einer Korbflechterei von seltener Vollkommenheit ersetzt wird, die so wasserundurchlässig ist, daß sie zur Küchenarbeit benutzt werden kann), gebärden sich diese vaginal verhaltenden Frauen doch als »eifersüchtige Töpferinnen«, die der Nachtschwalbe kongruent sind, dem Symbol der oralen Gier, unter dem Vorbehalt einer Transformation oben —> unten. - (str)

Gier (2) Warum aßen die Azteken und ihre Götter die Kriegsgefangenen auf, statt sie als Bauern und Sklaven arbeiten zu lassen, wie das andere staatlich organisierte Gesellschaften taten? Meine Antwort ist, daß es im Unterschied zu praktisch allen anderen staatlichen Gesellschaften die Azteken nie geschafft hatten, jene Tierarten zu zähmen, deren sich die anderen für ihre priesterlichen Umverteilungsfeste bedienten. Das heißt es fehlten ihnen Wiederkäuer wie Schafe, Ziegen, Rinder, Lamas oder Alpakas, die sich von Gras und Laub ernähren, das für Menschen unverdaulich ist. Und sie hatten auch keine Schweine, die in Ostasien als Resteverwerter eine so große Rolle spielen. Statt dessen waren ihre Hauptfleischquellen im Haustierbereich Truthahn und Hund, die sich beide unter vorindustriellen Bedingungen schlecht für eine massenhafte Fleischerzeugung eignen. Weder Truthähne noch Hunde können von Gras oder anderen Pflanzen mit hohem Zelluloseanteil leben und müssen deshalb mit pflanzlicher Nahrung gefüttert werden, die auch die Menschen selber verzehren. Als Fleischfresser sind Hunde besonders ungeeignet für die Erzeugung tierischen Fleischs in größerem Maßstab. Welchen Sinn hat es, Fleisch an Hunde zu verfüttern, um Fleisch für Menschen zu bekommen? Die Azteken bemühten sich tatsächlich, Hunderassen zu züchten, die sich mit gekochter pflanzlicher Nahrung mästen ließen; aber daß sie dies taten, beweist nur, wie groß ihre ungestillte Gier nach Fleisch war. - (mensch)

Gier (3)  Was ich angesichts der Gewalt- und Verbrechenspolitik und ihrer von nichts sonst mehr ansprechbaren Täter und Zuschauer und Leser empfinde, ist nicht Ekel, sondern Verzweiflung; sekundenlang, bei einem Artikel über abgeschlagene Köpfe in..., glaubte ich gerade, sterben zu müssen, aus ohnmächtiger Wut nicht etwa über die beschriebenen Zustände, sondern über den Beschreiber und mich, den gierigen »Leser« - (bleist)

Gier (4)  Als ich mißbilligend erwähnte, daß mein Vater zum zweitenmal heiraten wolle, was eine Herabwürdigung seiner ersten Frau bedeute, meinte Johnson: «Durchaus nicht. Im Gegenteil, hätte er nicht mehr geheiratet, so hätte man daraus schließen können, seine erste Frau habe ihm den Ehestand verleidet. Dadurch, daß er sich eine zweite Frau nimmt, zollt er der ersten die höchste Anerkennung; er gibt damit kund, in seiner ersten Ehe so glücklich gewesen zu sein, daß er nicht genug davon kriegen kann.»  - (johns)

Gier (5)

Gier (6)

Gier (7) So gierig ist die Mücke im Augenblick des Blutsaugens, daß sie währenddem die ganze Außenwelt zu vergessen scheint, und wenn sie ihren Zweck erreicht hat, taumelt sie in einem förmlichen Blutrausch einher, ähnlich wie wir ihn von den marderartigen Raubtieren kennen. Bisweilen wird ihr diese unersättliche Gier rasch zum Verhängnis. So sah ich einmal, wie eine Mücke sich auf meiner Hand derartig vollsog, daß ihre zarten Magenwände dem Druck nicht standhielten und sie plötzlich zerplatzte, wobei meine ganze Hand mit Blutströpfchen bespritzt wurde.   - Kurt Floericke, Plagegeister

Gier (8)

Gier (9)

- N.N. (Greta Garbo)

Gier (10) Für einen Augenblick waren Carlos Brüste prall wie das Euter einer seit Tagen nicht gemolkenen Kuh: er spürte das Verlangen zu säugen, ein gieriges, quälendes, nicht zu befriedigendes Verlangen; zu säugen bis zur Selbstauflösung, bis zum Tod durch Auszehrung, da, auf der Erde, auf diesem widerlichen Asphalt. Sie, diese jungen Gebieter —die von wer weiß woher auf die Erde herabgestiegen und bereits so entschlossen waren, auf ihr zu wohnen, sich bereits so auf ihr auskannten -, sie sollten an ihm nuckeln - weil ihnen dieses Recht zustand ---, bis kein Leben mehr in ihm war. Doch diese taumelnde Gier der Brüste war nichts im Vergleich zu der seines Schoßes: die war genauso und das Gegenteil. Hier saß ein anderes Verlangen nach diesen jungen Gebietern, das befriedigt werden mußte: das Verlangen, das sie ihrerseits hatten, zu geben und zu sterben, auch wenn ihnen das nicht im entferntesten bewußt war, und das, wonach sie verlangten, war nichts anderes als das Finden einer bestimmten Lust, die nur ihnen bekannt war. Daß der Wille, diese Lust in etwas Reales zu verwandeln, nur eine vorübergehende, wenn auch unbezähmbar wilde Anmaßung war und das Bewußtsein an das alles nicht mehr als ein Windhauch, verringerte keineswegs, sondern steigerte nur das Verlangen, sich in ihre Dienste zul stellen, sie zu befriedigen, sie machen zu lassen, mit soviel liebloser Brutalität, wie sie wollten. - Pier Paolo Pasolini, Petrolio. Berlin 1994

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