Sie nahm mich beim Wort, und ich hatte es mit einer Rasenden zu tun. Einmal kam auf ihre Schreie hin Mary Nuñez herein, die mich in mexikanischem Spanisch anfauchte und anspuckte. Ich hielt Gabrielle gerade an den Schultern im Bett nieder und schwitzte dabei ebenso wie sie.
»Raus hier!« fauchte ich meinerseits die Mexikanerin an. Sie fuhr mit einer braunen Hand in den Ausschnitt ihres Kleides und trat einen Schritt ins Zimmer. Hinter ihr tauchte Mickey Linehan auf, zog sie in den Flur zurück und machte die Tür zu.
Zwischen den Höhepunkten lag Gabrielle auf dem Rücken, keuchte
und zuckte und starrte mit hoffnungslosen, leidenden Augen an die Decke. Manchmal
schlossen sich ihre Augen, aber das Zucken ihres Körpers
hörte nicht auf. - Dashiell Hammett, Der
Fluch des Hauses Dain. Zürich 1976 (detebe 20293, zuerst 1929)
- (
leau
)
Entzug (3) Die gefesselten Würmer auf Mrs. Cunninghams Schoß versuchten noch immer, sich freizukämpfen.
»Ich fang an zu flimmern, Peter«, sagte sie. »Fühl meinen Puls, wenn du mir nicht glaubst. Kammerflimmern kann sehr gefährlich sein.«
»Dann hör auf damit.«
»Ich mache das doch nicht absichtlich. Ich kann nicht dagegen an. Ich hatte schon immer diese Tendenz...«
»Verschon mich mit deinen Tendenzen«, sagte Peter.
»Warum bist du so grausam zu mir, Peter? Ich hyperventiliere, und ich habe Herzkammerflimmern, und du gönnst mir nicht mal ein Valium. Ich könnte auch grausam sein, wenn ich wollte.«
»Versuch's doch.«
»Du denkst, daß ich von gewissen Dingen keine Ahnung habe. Aber da irrst du dich. Wenn ich wollte, könnte ich davon erzählen. Ich hätte eine Menge zu erzählen.«
»Nur zu.«
»Ich tu's natürlich nicht. Ich bin keiner Grausamkeit fähig. Das steckt einfach nicht in mir drin.«
»Was in dir drin steckt«, sagte Peter, »ist ein Schnapsquantum, mit dem man einen Tanker flottmachen könnte, und ein Pillenarsenal, an dem eine ganze Walschule ersticken würde.«
»So darfst du nicht mit deiner Mutter sprechen. Kein Sohn sollte so mit seiner Mutter sprechen.«
»Ich könnte ja mal eine neue Mode einführen.«
»Du hast mir vor dem Weggehen nur einen klitzekleinen Drink bewilligt.«
»Zwei.«
»Die waren aber ziemlich dünn.«
»Es waren Doppelte.«
»Mußt du ständig widersprechen?«
»Nein«, sagte Peter. »Nur wenn du lügst.« - Margaret Millar,
Banshee, die Todesfee. Zürich 1990 (zuerst 1981)
Entzug (4) Ein unnatürliches Überhandnehmen von Sauerstoff würde, das hatte man ermittelt, in just einer solchen Erhöhung des animalischen Lebensgefühls resultieren, wie wir sie jüngst an uns erfahren hatten. Und was aus dieser Idee folgte, das war's, was solch heilige Scheu hervorgerufen hatte. Was würde das Ergebnis einer totalen Extraktion des Stickstoffs sein? Ein gigantischer Brand würde sich entzünden, unwiderstehlich, alles verschlingend, allverbreitet, unmittelbar; - in allen ihren kleinsten und schrecklichen Einzelheiten die genaue Erfüllung der feuerlichen und Grauen einflößenden Drohung, welche die Prophezeiungen des Heiligen Buches enthalten.
Was soll ich dir, Charmion, noch das nun entfesselte Rasen der Menschheit
malen? Jene Dünnigkeit der Kometenmaterie, welche
uns vormals mit Hoffnung erfüllt hatte, ward nun zur Quelle bitterer Verzweiflung.
In ihrem unfaßbar feinen Gascharakter erkannten wir nun klar Besiegelung und
Ende unsres Schicksals. Derweil verging erneut ein Tag, und mit ihm schwand
uns der letzte Hoffnungsschimmer. Wir rangen keuchend nach Atem, während die
Luft sich mit reißender Schnelle zersetzte. Ungestüm brauste das rote Blut durch
seine engen Kanäle. Ein wildes Fieberrasen ergriff von allen Menschen Besitz;
und starr die Arme gegen den drohenden Himmel ausgestreckt, erzitterten sie
und schrien laut. Doch nun hatte der Kern des Vernichtets uns erreicht: noch
hier in Eden schaudere ich, derweil ich davon spreche. Laß mich es kurz machen
- kurz, wie der Untergang es war, der uns ereilte.
Für einen Augenblick war alles ein einzig wildes Geisterlicht allein, das alle
Dinge heimsuchte und durchdrang. Dann - laß die Knie uns beugen, Charmion, vor
der unendlichen Majestät des großen Gottes! - dann kam ein dröhnender, allübertönender
Laut, als wie aus SEINEM Munde selbst; derweil die ganze hangende Masse des
Äthers, in welchem wir lebten, in einer riesigen Stichflamme aufbarst, zu einem
Feuergebild, für dessen unendlichen Glanz und allversengende Hitze die Engel
selbst im hohen Himmel der reinen Erkenntnis nicht Wort noch Name mehr haben.
So endete alles. - Edgar Allan Poe, Die Unterredung zwischen Eiros und
Charmion. Nach:
Weltuntergangsgeschichten. Von Poe bis Dürrenmatt. Zürich 1981
Entzug (5) An den Abenden nahm ich immer zwei Streifen Benzedrin, ging in eine Kneipe und setzte mich neben die Jukebox. Wenn man einen Entzug durchmacht, ist Musik eine große Hilfe. In Texas ›kickte‹ ich einmal eine Sucht mit Hilfe von Marihuana, einem halben Liter Paregoric und ein paar Louis Armstrong Platten.
Fast noch schlimmer als die körperlichen Qualen sind die depressiven Zustände,
die sie begleiten. An einem Nachmittag schloß ich die Augen und sah New York
in Trümmern. Riesige Tausendfüßler und Skorpione krochen durch die menschenleeren
Bars und Cafeterias und Drugstores der 42. Straße. Unkraut wucherte aus Rissen
und Löchern im Asphalt. Weit und breit war kein Mensch zu sehen. -
(jun)
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