uster Einige der Probleme beim visuellen Erkennen von Mustern, die wir Menschen anscheinend vollständig in unser Unterbewußtsein gedrückt haben, sind ganz erstaunlich. Dazu gehören:

- Erkennen von Gesichtern (Invarianz von Gesichtern bei Veränderung durch Alter, Ausdruck, Beleuchtung und Entfernung, Blickwinkel usw.);

- Erkennen von Wanderpfaden in Wäldern und Gebirgen — irgendwie hat mich das immer als eine unserer subtilsten Leistungen beim Muster-Erkennen beeindruckt — und doch können auch Tiere es tun;

- Lesen eines Textes, ohne zu zögern, in Hunderten, wenn nicht Tausenden von verschiedenen Schriftarten.  - (hof)

Muster (2) In meiner Krankheit im Januar und Februar 1790 betrachtete ich oft den Himmel meiner Bettlade, der aus einem kleingeblümten Zitz war. Jedes Blümchen lag in dem gemeinschaftlichen Punkt zweier sich unter einem Winkel von etwa 600 durchkreuzenden Linien. Dadurch entstunden denn eine Menge von Rhombis, sowie ich nur einen Rhombus von etwa einem Quadratzolle, oder von 4 oder von 9 u.s.w. Quadratzollen recht deutlich ins Auge faßte, so verwandelte sich für mein Auge sogleich die ganze Fläche in solche Rhombos, alle von der Größe des angenommenen. Auch dieses ging noch wenn ich, statt der Rhomben, Rhomboiden versuchte. Dieses waren also Muster, die aus objektiven und subjektiven Anlagen zugleich entstunden. Wenn ich ein neues versuchte, so hielt es immer anfangs etwas schwer, war es aber im Gange, so war auch aufeinmal das Ganze wie plötzlich kristallisiert.

Ich glaube die Sache könnte auf höhere Dinge angewendet werden. In einer Menge gleichförmig verteilter Punkte könnte ich allerlei Zeichnungen sehen und allerlei Muster, die an einem Ende der Fläche erst gehörig gefaßt sich bald auch im Übrigen finden würden. So ließe sich in der größten Unordnung Ordnung sehn, so wie Bilder in den Wolken und auf bunten Steinen. - (licht)

Muster (3) ... Geschichten nach demselben Prinzip, nur in verschiedener Form. Allem zugrunde liegt eine Geschichte, die 1889 in Paris passiert sein soll. Eine Frau kommt mit ihrer Tochter in Paris an. Sie steigen in einem Hotel ab. Da wird die Mutter krank. Der Arzt kommt, untersucht die Frau, nimmt den Hotelbesitzer beiseite und redet mit ihm. Dann sagt er zu der Tochter: »Ihre Mutter braucht bestimmte Medikamente«, und schickt sie mit einer Kutsche ans andere Ende von Paris, Als sie nach vielleicht vier Stunden zurückkommt und fragt: »Wie geht es meiner Mutter?« antwortet der Hotelier: »Welcher Mutter? Wir kennen Sie nicht. Wer sind Sie?« Das Mädchen sagt: »Meine Mutter ist in dem und dem Zimmer.« Man führt sie zu dem Zimmer, aber da wohnen ganz andere Gäste, die Möbel stehen nicht mehr am selben Platz, und die Tapeten sind anders. Nach diesem Prinzip habe ich auch einen Halbstundenfilm fürs Fernsehen gemacht, und die Rank hat mit Jean Simmons einen Film mit dem Titel So Long at the Fair produziert. Der Witz bei dieser angeblich wahren Geschichte ist, daß sie zur Zeit der großen Weltausstellung passierte, damals, als der Eiffelturm gebaut wurde. Die beiden Frauen kamen aus Indien, und der Arzt merkte, daß die Mutter die Pest hatte. Da hat er gedacht, wenn sich das rumspräche, käme es zu einer Panik und alle Touristen, die zur Ausstellung gekommen waren, würden abreisen. Das war der Grund. - Alfred Hitchcock, in: François Truffaut, Mr. Hitchcock, wie haben Sie das gemacht? München 1973 (zuerst 1966)

Muster (4)  D'Arcy Wentworth Thompson war eher ein brillanter Reaktionär als ein Visionär. Er nahm den Pythagoras ernst und arbeitete wie ein griechischer Geometer. Besonderes Vergnügen fand er daran, in den Produkten der Natur wieder und immer wieder die abstrakten Formen einer idealisierten Welt verkörpert zu finden. Warum treten wiederholt Sechsecke in den Zellen einer Honigwabe und in den Verbindungsplatten des Panzers mancher Schildkröten auf? Warum folgen die Spiralen in einem Kiefernzapfen und einer Sonnenblume (sowie häufig die Blätter an einem Stamm) den Fibonaccischen Zahlen? (Ein System von Spiralen, die strahlenförmig von einem gemeinsamen Ausgangspunkt ausgehen, kann als ein Satz von links- oder rechtsgängigen Spiralen aufgefaßt werden. Links- und rechtsgängige Spiralen sind ihrer Anzahl nach nicht gleich, stellen aber zwei aufeinanderfolgende Ziffern der Fibonaccischen Zahlen dar. Konstruiert werden die Fibonaccischen Zahlen in der Weise, daß durch Addition der beiden vorausgehenden Zahlen jeweils die nächste gebildet wird: 1, 1, 2, 3, 5, 8,13, 21 etc. Ein Kiefernzapfen kann z.B. 13 linksgängige Spiralen und 21 rechtsgängige haben.) Warum folgen so viele Schneckenhäuser, Hörner von Widdern und sogar der Flug von Motten zum Licht einer Kurve, die als logarithmische Spirale bezeichnet wird?

Thompsons Antwort war in jedem Fall dieselbe: diese abstrakten Formen sind optimale Lösungen für häufig auftretende Probleme. Sie werden wiederholt bei unterschiedlichen Gruppierungen entwickelt, weil sie der beste und häufig einzige Weg zu einer Adaptation an Umweltbedingungen sind. Dreiecke, Parallelogramme und Sechsecke sind die einzigen ebenen Figuren, die einen Raum vollständig ausfüllen, ohne Löcher übrigzulassen. Sechsecke werden häufig bevorzugt, weil sie einem Kreis nahekommen und weil das Gebiet innerhalb ihrer selbst im Verhältnis zu den tragenden Wänden eine maximale Größe besitzt. (Sie bieten z.B. einen minimalen Konstruktionsaufwand für die größte Speicherkapazität von Honig.) Das Muster der Fibonaccischen Zahlen tritt automatisch in jedem System von strahlenförmig angelegten Spiralen auf, welches in der Weise gebaut ist, daß neue Elemente nacheinander auf dem größten verfügbaren Raum an der jeweils höchsten Stelle hinzukommen. Die logarithmische Spirale ist die einzige Kurve, die mit ihrem Anwachsen ihre Gestalt nicht verändert. Ich vermag einzusehen, daß die abstrakten Formen Thompsons optimale Anpassungen darstellen. In bezug auf die umfassendere, metaphysische Frage, warum «gute» Formen häufig eine so simple, numerische Regelmäßigkeit aufweisen, kann ich nur meine Ignoranz und mein Erstaunen bekennen. - Stephen Jay Gould, Der Daumen des Panda. Betrachtungen zur Naturgeschichte. Basel u.a. 1987

Muster (5)  Hat im Gefängnis einer der Jungs vor, über die Mauer zu machen... kannst du's vorhersagen. Du beobachtest ihn, er verfällt in ein Muster. Macht jeden Tag dasselbe. Bleibt möglicherweise in der Zelle, statt ins Kino auszuschwärmen. Weil er am Gitter werkelt. Immer nur ein kleines Stück, danach schmiert er dreckige Seife in die Einschnitte, um sie zu kaschieren. Wartet. Oder du siehst ihn, wie er auf dem Hof die Wachttürme abcheckt. Im Kopf Zeitpläne macht. Jedes Muster prägt dich nach 'ner Weile. Dieser südamerikanische Diktator, der ist überall hin mit 'ner Panzerlimousine gefahren. Leibwächter vor ihm, Leibwächter dahinter. Sicher wie ein Bankgewölbe. Die andere Seite, die haben das Auto mit 'ner scheiß Rakete weggeblasen. Du siehst? Das Muster hat ihnen gezeigt, was sie tun mußten. Sie haben keine Zeit mit Entführungskram verplempert. Haben das Problem einfach aus dem Weg geblasen.  - Andrew Vachss, Bluebelle. Berlin und Frankfurt am Main 1991

Muster (6)

 - N.N.


Ordnung Wiederholung

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Mustererkennung

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