eschichten
ERSTER TAG
Erste Geschichte Ser Cepparello betrügt
einen frommen Mönch mit einer erlogenen Beichte und stirbt; und obwohl er bei
Lebzeiten ein ruchloser Bösewicht gewesen ist, wird er nach seinem Tode für
einen Heiligen gehalten und Sankt Ciappelletto genannt.
Zweite Geschichte
Auf Anregung von Jeannot de Sevigné begibt sich der Jude Abraham an den
päpstlichen Hof nach Rom. Nachdem er die Verworfenheit und Sittenlosigkeit der
Geistlichen erkannt hat, kehrt er nach Paris zurück und läßt sich taufen.
Dritte
Geschichte Der Jude Melchisedech wendet mit der Geschichte von den drei
Ringen eine große Gefahr von sich ab, die ihm von Saladin drohte.
Vierte
Geschichte Ein Mönch hat für ein Vergehen eine schwere Bestrafung zu erwarten.
Da es ihm jedoch gelingt, seinen Abt der gleichen Sünde auf geschickte Weise
zu überführen, befreit er sich von der Strafe.
Fünfte Geschichte Die
Marchesa von Monferrato weist die törichte Verliebtheit des Königs von Frankreich
mit einem Hühnerfleisch-Gastmahl und einigen freimütigen Worten zurück.
Sechste
Geschichte Ein wackrer Mann verspottet mit einem trefflichen Witz
die niederträchtige Heuchelei der Mönche.
Siebente
Geschichte Mit einer Geschichte von Primasso und dem Abt von Cluny beschämt
Bergamino auf feine Weise Messer Cane della Scala wegen einer plötzlichen Anwandlung
von Geiz
Achte Geschichte Guglielmo Borsiere beschämt mit feinem Spott
den Geiz des Messer Ermino de‘ Grimaldi
Neunte Geschichte Der König
von Zypern wird durch das spöttische Wort einer Edeldame
aus der Gascogne von einem trägen in einen guten König
verwandelt
Zehnte Geschichte Meister Alberto aus Bologna beschämt
auf feine Weise eine Dame, die ihn wegen seiner Liebe
zu ihr demütigen wollte.
ZWEITER TAG
Erste Geschichte Martellino
gibt sich als Krüppel aus, stellt sich, als sei er auf dem Leichnam des heiligen
Heinrich von seinem Leiden geheilt. Als sein Betrug ans Licht kommt, wird er
verprügelt und verhaftet und ist in Gefahr, gehängt zu werden, doch gelingt
es ihm, im letzten Augenblick davonzukommen.
Zweite Geschichte Rinaldo
aus Asti kommt, nachdem er ausgeraubt worden ist, nach Castell Guglielmo, wo
eine verwitwete Dame ihn aufnimmt. Nachdem er den erlittenen
Schaden ersetzt bekommen hat, kehrt er heil und gesund nach Hause zurück.
Dritte
Geschichte Drei junge Männer bringen verschwenderisch ihr Vermögen
durch und verarmen; einer ihrer Neffen schließt, als er entmutigt nach Hause
zurückkehrt, auf der Reise Freundschaft mit einem Abt, in dem er später die
Tochter des Königs von England erkennt. Sie nimmt
ihn zum Gatten, ersetzt seinen Verwandten alle Verluste und bringt sie wieder
in gute Verhältnisse.
Vierte Geschichte Der verarmte Landolfo Rufolo
wird Seeräuber. Von Genuesern gefangen, erleidet er
Schiffbruch, entgeht aber auf einer Kiste, die mit kostbaren Edelsteinen gefüllt
ist, dem Tode, wird in Korfu von einer armen Frau aufgenommen und kehrt als
reicher Mann nach Hause zurück.
Fünfte Geschichte Andreuccio aus Perugia,
der nach Neapel gekommen ist, um Pferde zu kaufen, wird
in einer Nacht von drei schweren Unglücksfällen betroffen. Er entkommt glücklich
allen dreien und kehrt mit einem Rubin nach Hause zurück.
Sechste Geschichte Madonna
Beritola wird nach dem Verlust ihrer beiden Söhne mit zwei Rehen auf einer Insel
aufgefunden und begibt sich nach Lunigiana. Hier tritt einer ihrer Söhne bei
ihrem Gönner in Dienst und verführt dessen Tochter, wofür er ins Gefängnis geworfen
wird. Nach dem Aufstand Siziliens gegen König Karl heiratet
der Sohn, der nun von seiner Mutter wiedererkannt wird,
die Tochter seines Gebieters. Nachdem auch der zweite Sohn wieder aufgefunden
ist, gewinnen sie ihr hohes Ansehen zurück.
Siebente Geschichte Der
Sultan von Babylon schickt eine von seinen Töchtern als Braut zu dem König von
Algarvien. Infolge verschiedener Unglücksfälle geht die Prinzessin im Laufe
von vier Jahren an verschiedenen Orten durch die Hände von neun Männern. Schließlich
wird sie ihrem Vater als "Jungfrau" zurückgesandt und begibt sich
jetzt, wie schon einmal, als Braut zu dem König von Algarvien.
Achte Geschichte Der
Graf von Antwerpen flieht auf Grund verleumderischer Anschuldigungen ins Ausland
und läßt seine beiden Kinder an verschiedenen Orten in England zurück. Als er
unerkannt aus Irland zurückkehrt, findet er beide in guten Verhältnissen vor.
Er zieht als Troßknecht mit dem Heer des Königs von Frankreich und erlangt schließlich,
nachdem seine Unschuld erkannt ist, sein altes Ansehen wieder. Neunte Geschichte
Bernabò aus Genua verliert, von Ambrogiuolo betrogen, sein Vermögen und
befiehlt, daß seine unschuldige Gattin getötet werden soll. Diese flieht und
tritt in Männerkleidern in die Dienste des Sultans. Dann entdeckt sie den Betrüger,
ruft Bernabò nach Alexandria, wo der Übeltäter bestraft wird. Nachdem sie wieder
Frauenkleider angelegt hat, kehrt sie reich mit ihrem Gatten nach Genua zurück.
Zehnte
Geschichte Paganino aus Monaco raubt die Gemahlin des Messer Riccardo di
Chinzica. Als dieser erfährt, wo sie sich befindet, sucht er die Freundschaft
Paganinos und verlangt seine Gattin von ihm zurück. Paganino verspricht, sie
zurückzugeben, wenn sie selber es wünscht. Die Dame aber
verspürt keine Lust zurückzukehren und wird nach dem Tode Messer Riccardos die
Gattin Paganinos.
DRITTER TAG
Erste Geschichte Masetto aus
Lamporecchio stellt sich stumm und wird Gärtner in einem Frauenkloster, dessen
Nonnen alle um die Wette mit ihm schlafen wollen.
Zweite Geschichte
Ein Stallknecht schläft bei der Gemahlin des Königs Agilulf. Der König wird
es gewahr, findet den Mann und schneidet ihm die Haare ab. Doch der Geschorene
schert daraufauch alle anderen Knechte und entgeht so seinem Verderben.
Dritte
Geschichte Unter dem Deckmantel der Beichte und großer Gewissenhaftigkeit
verleitet eine in einen Jüngling verliebte Dame einen ehrbaren Mönch dazu, daß
er, ohne es gewahr zu werden, eine Gelegenheit herbeiführt, die ihren Wünschen
zu vollem Erfolg verhilft.
Vierte Geschichte Don Felice belehrt den
Bruder Puccio, wie er durch eine Bußübung der ewigen Seligkeit teilhaftig werden
könne, und ergötzt sich, indessen Bruder Puccio dieser Übung nachkommt, mit
dessen Frau.
Fünfte Geschichte Zima schenkt Messer Francesco Vergellesi
ein schönes Pferd. Messer Francesco erlaubt ihm dafür, mit seiner Frau zu sprechen.
Da sie bei dieser Unterredung schweigt, antwortet Zima sich selber an ihrer
Statt und erreicht, seinen Antworten entsprechend, das Ziel seiner Wünsche.
Sechste
Geschichte Ricciardo Minutolo liebt die Gattin des Filippello Sighinolfo.
Da er weiß, daß sie eifersüchtig ist, erreicht er mit der Vorspiegelung, Filippello
wolle sich am nächsten Tag mit seiner eigenen Frau in einer Badestube treffen,
daß sie dort hinkommt. Als sie glaubt, mit ihrem Gatten zusammen gewesen zu
sein, muß sie feststellen, daß sie sich statt dessen mit Ricciardo vergnügt
hat.
Siebente Geschichte Tebaldo verläßt Florenz, da er sich mit seiner
Geliebten entzweit hat. Er kehrt nach einiger Zeit als Pilger zurück, spricht
mit der Dame und macht ihr ihren Irrtum klar, rettet ihren Gatten, der des Mordes
an ihm angeklagt, vor dem Tode und söhnt ihn mit seinen Brüdern aus, während
er selber mit viel Vorsicht mit seiner Dame die Freuden der Liebe genießt.
Achte
Geschichte Ferondo wird als tot begraben, nachdem er ein gewisses Pulver
geschluckt hat. Jedoch der Abt, der sich inzwischen mit seiner Gattin ergötzt
hat, holt ihn wieder aus dem Grabe heraus und setzt ihn gefangen, wobei er ihm
weismacht, er befände sich im Fegefeuer. Nachdem er von den Toten wieder auferweckt
worden ist, zieht er einen Sohn, den der Abt mit seiner Frau gezeugt hat, als
den seinigen auf.
Neunte Geschichte Gillette de Narbonne kuriert den
König von Frankreich von einer Fistel. Dafür verlangt sie Bertrand de Roussillon
zum Gatten, der sie gegen seinen Willen heiratet, dann aber aus Mißmut darüber
nach Florenz geht. Hier verliebt er sich in ein junges Mädchen, doch an Stelle
dieses Mädchens schläft Gillette bei ihm und gebiert ihm danach zwei Söhne.
Aus diesem Grund gewinnt er sie lieb und erkennt sie als seine Gemahlin an.
Zehnte
Geschichte Alibech wird Einsiedlerin, und der Mönch Rustico bringt ihr bei,
wie man den Teufel in die Hölle schickt. Später, als man sie zurückgeholt hat,
wird sie die Frau des Neerbal.
VIERTER TAG
Erste Geschichte
Tancredi, der Fürst von Salerno, läßt den Liebhaber seiner Tochter ermorden
und schickt ihr in einem goldenen Gefäß sein Herz. Sie gießt vergiftetes Wasser
darauf, trinkt es und stirbt.
Zweite Geschichte Bruder Alberto macht
einer Frau weis, der Engel Gabriel sei in sie verliebt,
und ergötzt sich an Stelle dessen oftmals mit ihr; dann aber springt er aus
Furcht vor ihren Verwandten aus dem Fenster und verbirgt
sich im Hause eines armen Mannes, der ihn am folgenden Tag in der Verkleidung
eines Wilden auf den Markusplatz führt, wo er erkannt, von seinen Klosterbrüdern
ergriffen und eingekerkert wird.
Dritte Geschichte Drei Jünglinge
lieben drei Schwestern und fliehen mit ihnen nach Kreta. Hier tötet die älteste
aus Eifersucht ihren Liebsten. Die zweite rettet die älteste Schwester vor dem
Tode, indem sie sich dem Herzog von Kreta hingibt. Dafür wird sie selber von
ihrem Geliebten umgebracht, der dann mit der ältesten Schwester flieht. Das
dritte Liebespaar wird dieses Mordes beschuldigt, gefangengesetzt und unter
der Folter zum Geständnis gezwungen. Aus Angst vor dem Tode bestechen sie die
Wachen des Kerkers mit ihrem letzten Geld und fliehen arm nach Rhodos, wo sie
in Not und Elend sterben.
Vierte Geschichte Gerbino greift gegen das
Versprechen seines Großvaters, des Königs Guglielmo ein Schiff des Königs von
Tunis an, um dessen Tochter zu entführen. Die Prinzessin wird von den Seeleuten
getötet, die daraufhin von Gerbino niedergemacht werden. Später wird er selbst
wegen dieser Sache enthauptet.
Fünfte Geschichte
Lisabettas Brüder töten ihren Liebhaber, der ihr im Traum erscheint und ihr
zeigt, wo er verscharrt wurde. Darauf gräbt sie heimlich seinen Kopf wieder
aus und begräbt ihn in einem Basilikumtopf, über dem sie jeden Tag lange weint.
Als die Brüder ihr den Topf fortnehmen, stirbt sie vor Gram.
Sechste Geschichte
Andreuola liebt Gabriotto. Sie erzählt ihm einen Traum,
den sie gehabt hat, und er ihr ebenfalls, dann stirbt er unversehens in ihren
Armen. Während sie mit ihrem Mädchen die Leiche in
Gabriottos Haus bringen will, werden beide von der Stadtwache ergriffen, und
sie erzählt, was geschehen ist. Der Stadtrichter versucht, ihr Gewalt anzutun,
sie läßt es aber nicht zu. Ihr Vater, der an ihre Unschuld glaubt, befreit sie,
doch will sie fortan nicht mehr in der Welt weiterleben und wird Nonne.
Siebente
Geschichte Simona liebt Pasquino. Beide gehen zusammen in einen Garten,
wo Pasquino, nachdem er sich mit einem Salbeiblatt die Zähne gerieben hat, stirbt.
Simona wird verhaftet. Als sie dem Richter zeigen will, wie Pasquino gestorben
ist, und sich auf die gleiche Weise mit einem jener Salbeiblätter die Zähne
reibt, stirbt sie ebenfalls.
Achte Geschichte Girolamo liebt
Salvestra, doch wird er von den Bitten seiner Mutter bewogen, nach Paris zu
gehen. Als er zurückkehrt, findet er Salvestra verheiratet vor. Er dringt heimlich
in ihr Haus ein und stirbt ihr zur Seite. Nachdem seine Leiche in eine Kirche
gebracht worden ist, bricht Salvestra tot an seiner Seite zusammen.
Neunte
Geschichte Herr Guilhem de Roussillon gibt seiner Gattin das Herz
des von ihm erschlagenen Herrn Guilbem de Cabestanh zu essen, den sie liebte.
Als sie es erfährt, stürzt sie sich aus einem hochgelegenen Fenster und stirbt,
worauf sie mit ihrem Geliebten zusammen begraben wird.
Zehnte Geschichte
Die Frau eines Arztes legt ihren von einem Schlaftrunk betäubten Geliebten,
den sie für tot hält, in eine Lade. Zwei Wucherer schleppen diese mitsamt dem
betäubten Mann in ihr Haus, wo der Scheintote wieder zu sich kommt und als Dieb
gefangen wird. Die Magd der Dame sagt daraufhin vor Gericht aus, daß sie den
Mann in der Lade versteckt habe, die von den beiden Wucherern gestohlen worden
sei. So entkommt der junge Mann dem Galgen, die Wucherer jedoch werden wegen
ihres Diebstahls zu einer Geldstrafe von zehn Unzen verurteilt.
FÜNFTER
TAG
Erste Geschichte Kimon, durch Liebe zur Vernunft gekommen,
entführt seine Geliebte Iphigenia übers Meer. Er wird in Rhodos ins Gefängnis
geworfen, jedoch von Lysimachos wieder befreit. Beide entführen nun gemeinsam
Iphigenia und Kassandra von der Hochzeitsfeier und fliehen mit ihnen nach Kreta.
Nachdem die Frauen ihre rechtmäßigen Gattinnen geworden sind, werden alle zusammen
nach Hause zurückgerufen.
Zweite Geschichte Gostanza liebt Martuccio
Gomito, Als sie hört, er sei tot, besteigt sie in der Verzweiflung allein ein
Boot, das vom Winde nach Susa getrieben wird. Sie trifft Martuccio lebend in
Tunis an und gibt sich ihm zu erkennen, der inzwischen durch manchen klugen
Rat die Gunst des Königs gewonnen hat. Martuccio heiratet seine Geliebte und
kehrt schließlich als reicher Mann mit ihr nach Lipari zurück.
Dritte
Geschichte Pietro Boccamazzo flieht mit Agnolella und wird von Räubern überfallen.
Das Mädchen kann in einen Wald entkommen und wird auf ein Schloß gebracht, Pietro
aber wird von den Räubern gefangen. Es gelingt ihm jedoch, ihnen wieder zu entkommen,
und nach verschiedenen Zwischenfällen langt er ebenfalls in dem Schloß an, in
dem sich Agnolella aufhält. Er heiratet sie und kehrt mit ihr nach Rom zurück.
Vierte
Geschichte Ricciardo Manardi wird von Messer Lizio di Valbona bei dessen
Tochter angetroffen. Er heiratet das Mädchen und lebt fortan mit ihrem Vater
in gutem Einvernehmen.
Fünfte Geschichte Guidotto aus Cremona
hinterläßt bei seinem Tode dem Giacomino aus Pavia eine Tochter. In Faenza verlieben
Giannole di Severino und Minghino di Mingole sich in das Mädchen und geraten
ihretwegen aneinander. Als sich herausstellt, daß sie die Schwester Giannoles
ist, erhält Minghino sie zur Frau.
Sechste Geschichte Gianni
aus Procida wird bei dem geliebten Mädchen, das dem König Friedrich geschenkt
wurde, überrascht. Er wird daraufhin mit ihr zusammen an einen Pfahl gebunden,
um verbrannt zu werden. Da erkennt ihn Ruggeri dell‘ Oria, der ihn rettet und
zum Ehemann des Mädchens macht.
Siebente Geschichte Teodoro liebt
Violante, die Tochter Messer Amerigos, seines Herrn. Sie wird schwanger, und
man verurteilt ihn dafür zum Tode. Während man ihn mit Ruten zum Galgen peitscht,
wird er von seinem Vater erkannt und befreit und mit Violante vermählt.
Achte
Geschichte Nastagio degli Onesti liebt ein Edelfräulein und vergeudet
sein Vermögen für sie, ohne Gegenliebe zu finden. Auf Wunsch seiner Familie
geht er nach Chiassi. Hier sieht er einen Ritter, der ein Mädchen jagt, es tötet
und seinen Hunden zum Fraß vorwirft. Er lädt nun seine Verwandten und die geliebte
Frau zu einem Frühstück ein. Als die Dame sieht, wie dasselbe Mädchen
wiederum zerfleischt wird, willigt sie aus Furcht vor einem ähnlichen Schicksal
ein, Nastagios Gattin zu werden.
Neunte Geschichte Federigo degli
Alberighi liebt und findet keine Gegenliebe. Zu Ehren seiner Dame verschwendet
er alle seine Reichtümer und richtet sich zugrunde. Es bleibt ihm nur sein Falke,
den er — da er nichts anderes mehr besitzt — der geliebten Frau bei einem unerwarteten
Besuch zu Tisch vorsetzt. Als die Dame dies erfährt, ändern sich ihre Gefühle,
sie nimmt Federigo zum Gatten und macht ihn wieder zum reichen Mann.
Zehnte
Geschichte Pietro di Vinciolo geht zum Abendessen aus; seine Frau läßt deshalb
einen Liebhaber zu sich kommen, den sie, als Pietro unvermutet heimkehrt, unter
einem Hühnerkorb versteckt. Pietro erzählt, daß im Hause Ercolanos, mit dem
er speisen wollte, ein Jüngling gefunden worden sei, den Ercolanos Gattin versteckt
hätte, worauf sich Pietros Frau über die Gattin Ercolanos sehr entrüstet. Indessen
tritt ein Esel unglücklicherweise mit seinem Huf auf die Finger des unter dem
Hühnerkorb versteckten Liebhabers, der laut aufschreit. Pietro eilt hinzu, findet
den Burschen und erkennt die Falschheit seiner Frau, mit der er aber, seiner
eigenen Verderbtheit wegen, zu guter Letzt doch in Eintracht beisammenbleibt.
SECHSTER
TAG
Erste Geschichte Ein Kavalier verspricht Madonna Oretta, ihr
mit einer Erzählung die Zeit so zu verkürzen, als säße sie zu Pferde; da er
aber schlecht erzählt, bittet sie ihn bald, sie wieder auf die eigenen Füße
zu stellen.
Zweite Geschichte Der Bäcker Cisti bringt Messer Gen Spina
mit einem einzigen Wort dazu, eine anmaßende Forderung zu bereuen.
Dritte
Geschichte Monna Nonna de‘ Pulci weist mit einer schlagfertigen Antwort
die wenig ehrbaren Anspielungen des Bischofs von Florenz ab und bringt ihn zum
Schweigen.
Vierte Geschichte Chichibio, der Koch des Gurrado Gianfigliazzi,
verwandelt zu seinem Glück den Zorn seines Herrn mit einer witzigen Antwort
in Lachen und rettet sich damit vor der ihm von Currado angedrohten Strafe.
Fünfte Geschichte Messer Forese da Rabatta und Meister Giotto, der
Maler, kehren aus Mugello zurück und greifen einander wegen ihres unansehnlichen
Aussehens mit spöttischen Witzen an.
Sechste Geschichte Michele Scalza
beweist einigen jungen Leuten, daß die Baronci das edelste Geschlecht der ganzen
Welt und der Maremmen sind, und gewinnt dadurch eine Abendmahlzeit.
Siebente
Geschichte Madonna Filippa wird von ihrem Gatten mit einem Liebhaber angetroffen
und vor Gericht gefordert. Durch eine freimütige, kluge Antwort befreit sie
sich und erwirkt sogar eine Änderung des Gesetzes.
Achte Geschichte Fresco
ermahnt seine Nichte, niemals in den Spiegel zu schauen,
wenn ihr, wie sie behauptet, der Anblick widerwärtiger Menschen unangenehm sei.
Neunte
Geschichte Guido Cavalcanti sagt einigen Florentinern, die ihn überrumpeln,
mit feinem Spott die Wahrheit.
Zehnte Geschichte Bruder Cipolla verspricht
einigen Landleuten, ihnen eine Feder des Erzengels Gabriel zu zeigen. Als er
an Stelle der Feder Kohlen vorfindet, macht er den Leuten weis, diese Kohlen
seien von jenen, auf welchen der heilige Laurentius gebraten worden sei.
SIEBENTER
TAG
Erste Geschichte Gianni Lotteringhi hört, daß in der
Nacht an seine Haustür geklopft wird. Er weckt seine Frau, die ihm weismacht,
es müsse ein Gespenst sein. Als sie sich daranmachen, das Gespenst
mit einem Spruch zu beschwören, unterbleibt das Klopfen.
Zweite Geschichte Peronella
versteckt, als ihr Mann nach Hause kommt, ihren Liebhaber in einem Faß, das
ihr Mann verkauft hat. Sie sagt, daß auch sie es an jemand verkauft habe, der
gerade hineingestiegen sei, um seine Haltbarkeit zu prüfen. Nachdem der Liebhaber
wieder herausgestiegen ist, läßt er es von dem Ehemann säubern und zu sich nach
Hause tragen.
Dritte Geschichte Bruder Rinaldo schläft mit der
Gevatterin. Als ihr Mann ihn bei ihr in der Schlafkammer antrifft, machen sie
ihm weis, daß der Bruder die Würmer des kleinen Sohnes bespreche.
Vierte
Geschichte Tofano sperrt eines Nachts seine Frau aus. Da er sie trotz
ihrer Bitten nicht hereinläßt, tut sie, als stürze sie sich in einen Brunnen,
in den sie einen großen Stein hineinwirft. Tofano kommt heraus und läuft zum
Brunnen, indes sie schnell ins Haus schlüpft, ihm die Tür vor der Nase zuschließt
und ihn mit Scheltworten heruntermacht.
Fünfte Geschichte Ein Eifersüchtiger
nimmt, als Priester verkleidet, seiner Frau die Beichte
ab, in der sie bekennt, daß sie einen Priester liebe, der jede Nacht zu ihr
käme. Während nun der Eifersüchtige von einem Versteck aus das Haus bewacht,
läßt die Frau ihren Geliebten über das Dach zu sich kommen und vertreibt sich
mit ihm die Zeit.
Sechste Geschichte Madonna Isabella wird von
Messer Lambertuccio geliebt und bekommt unvermutet seinen Besuch, während sie
Leonetto bei sich hat. Als nun auch ihr Gatte zurückkehrt, schickt sie Messer
Lambertuccio mit dem Degen in der Hand aus dem Hause, ihr Gatte aber geleitet
Leonetto vorsorglich heim.
Siebente Geschichte Lodovico gesteht
Madonna Beatrice die Liebe, die er für sie empfindet. Sie schickt ihren Ehemann
Egano, in ihre Gewänder verkleidet, in den Garten und gibt sich Lodovico hin,
der — nachdem er sich wieder erhoben hat — Egano im Garten verprügelt.
Achte
Geschichte Ein Mann ist eifersüchtig auf seine Frau und stellt fest,
daß sie sich nachts einen Faden um die Zehe wickelt, um zu bemerken, wenn ihr
Liebhaber sie besuchen will. Während der Mann diesen verfolgt, steckt die Frau
für sich selbst eine ihrer Mägde ins Bett, wo der Mann sie verprügelt und ihr
die Flechten abschneidet. Dann holt er die Brüder der Frau, die feststellen,
daß alles nicht wahr ist, und nun den Mann heftig schelten.
Neunte Geschichte Lydia,
die Frau des Nicostratus, liebt Pyrrhus, der — bevor er ihrer Liebe Glauben
schenken will — drei Beweise von ihr verlangt, die sie alle drei erbringt; darüber
hinaus vergnügt sie sich sogar in Nicostratus‘ Gegenwart mit Pyrrhus und macht
ihrem Mann weis, daß das, was er gesehen hat, gar nicht geschehen ist.
Zehnte
Geschichte Zwei Sieneser lieben eine Frau, die Gevatterin des einen
ist. Der Gevatter stirbt und erscheint, getreu seinem Versprechen, seinem Gefährten
und erzählt ihm, wie es im Jenseits zugeht.
ACHTER TAG
Erste
Geschichte Wolfhart leiht sich von Guasparruolo Geld und vereinbart
mit dessen Frau, daß er für diese Summe bei ihr schlafen darf. Er gibt ihr das
Geld und erklärt in ihrer Gegenwart Guasparruolo, daß er ihr alles ausgehändigt
habe, und sie gibt zu, daß es wahr ist.
Zweite Geschichte Der
Pfarrer von Varlungo schläft mit Monna Belcolore. Als Pfand läßt er seinen Überrock
bei ihr zurück. Nachdem er sich von ihr einen Mörser geliehen hat, schickt er
diesen zurück und läßt um seinen Überrock bitten, den er als Pfand für den Mörser
bei ihr gelassen habe. Die Frau schickt ihm mit einer boshaften Bemerkung den
Rock zurück.
Dritte Geschichte Calandrino, Bruno und Buffalmacco
suchen im Mugnone den Zauberstein Heliotrop. Calandrino glaubt ihn gefunden
zu haben und kehrt mit Steinen beladen nach Hause zurück. Seine Frau verhöhnt
ihn. Zornig verprügelt er sie und erzählt dann seinen Kumpanen, was sie viel
besser wissen als er.
Vierte Geschichte Der Propst von Fiesole
liebt eine verwitwete Edelfrau, wird jedoch von ihr nicht wiedergeliebt. Während
er glaubt, eine Liebesnacht mit ihr zu verbringen, liegt er in den Armen ihrer
Magd, und die Brüder der Dame lassen ihn dabei von seinem Bischof überraschen.
Fünfte Geschichte Drei junge Burschen ziehen einem Richter aus
den Grenzlanden, während er in Florenz auf der Gerichtsbühne sitzt und Recht
spricht, die Hosen herunter.
Sechste Geschichte Bruno und Buffalmacco
stehlen Calandrino ein Schwein. Dann veranlassen sie
ihn, mit Ingwerfrüchten und Vernaccia den Versuch zu machen, es wieder herbeizuschaffen.
Ihm selber gehen sie nacheinander zwei in Aloe-Extrakt getauchte Früchte des
Hundsingwerr, so daß er in den Verdacht gerät, selbst das Schwein gestohlen
zu haben. Schließlich muß er sich noch bei ihnen loskaufen, um zu verhindern,
daß sie alles seiner Frau verraten.
Siebente Geschichte Ein Student
liebt eine junge Witwe, die in einen andern verliebt ist und ihn eine lange
Winternacht hindurch wartend im Schnee stehen läßt. Dafür gibt er ihr später
einen Rat, demzufolge sie in der Mitte des Juli einen ganzen Tag auf einem Turme
nackt den Fliegen, Wespen und der Sonne ausgesetzt bleibt.
Achte Geschichte
Zwei Freunde verkehren zusammen. Der eine schläft mit der Frau des andern. Als
dieser es bemerkt, veranlaßt er seine Frau, jenen in eine große Truhe zu sperren,
auf der er sich, sobald jener darinnen ist, mit dessen Frau ergötzt.
Neunte
Geschichte Meister Simon, der Arzt, wird von Bruno und Buffalmacco,
um einer Gesellschaft, die "kapern" geht, eingegliedert zu werden,
nachts an einen finstren Ort geführt, dort von Buffalmacco in einen Unratgraben
geworfen und im Stich gelassen.
Zehnte Geschichte Eine Sizilianerin
nimmt auf geschickte Weise einem Kaufmann alles ab, was er nach Palermo gebracht
hat. Er stellt sich darauf, als sei er mit noch mehr Waren als beim erstenmal
nach dort zurückgekehrt, borgt sich eine große Summe Geldes von ihr und läßt
ihr dafür nichts anderes als Wasser und Werg zurück.
NEUNTER TAG
Erste
Geschichte Madonna Francesca wird von Rinuccio und Alessandro geliebt,
ohne einen der beiden wiederzulieben. Indem sie dem einen aufträgt, sich als
Toter in ein Grab zu begeben, und dem andern befiehlt, jenen angeblich Toten
dort wieder herauszuholen, schafft sie sich listig beide vom Halse, da beide
ihren Auftrag nicht auszuführen vermögen.
Zweite Geschichte Eine
Äbtissin erhebt sich in großer Eile in der Dunkelheit, um eine ihrer Nonnen,
die bei ihr verklagt wurde, mit ihrem Liebhaber im Bette zu ertappen. Da sie
jedoch selbst einen Priester bei sich hat, legt sie, im Glauben, ihr Kopftuch
aufzusetzen, die Hose des Priesters um. Als die Angeklagte diese erblickt und
die Äbtissin darauf aufmerksam macht, geht sie straflos aus und darf ihren Liebhaber
in aller Ruhe bei sich behalten.
Dritte Geschichte Meister Simon
macht auf Bitten Brunos, Buffalmaccos und Nellos dem Calandrino weis, daß er
schwanger sei. Dieser händigt den Genannten Kapaune und Geld für eine Medizin
aus und wird ohne Entbindung wieder gesund.
Vierte Geschichte Cecco
di Messer Fortarrigo verspielt zu Buonconvento sein Hab und Gut und dazu noch
das Geld des Cecco di Messer Angiulieri. Er läuft diesem im bloßen Hemd nach,
behauptet, er habe ihn ausgeraubt, und läßt ihn von einigen Landleuten fangen.
Dann zieht er die Kleider des andren an, besteigt dessen Pferd und reitet davon,
Angiulieri im Hemde zurücklassend.
Fünfte Geschichte Calandrino verliebt
sich in ein junges Mädchen. Bruno macht ihm ein Amulett, mit dem er das Mädchen
anrührt, worauf sie mit ihm geht. Er wird jedoch von seiner Frau überrascht,
mit der er nun einen bösen, erbitterten Streit ausfechten muß.
Sechste
Geschichte Zwei junge Männer übernachten bei einem Wirt. Während einer der
beiden mit dessen Tochter schläft, legt sich seine Frau versehentlich zu dem
andern. Schließlich steigt der, welcher bei der Tochter war, im Glauben, er
begebe sich zu seinem Freunde, zu dem Vater ins Bett und berichtet ihm alles.
Als sie darüber in Streit geraten, bemerkt die Frau ihren Irrtum, kriecht zu
der Tochter ins Bett und stiftet mit wenigen Worten Frieden.
Siebente
Geschichte Talano d‘ Imolese träumt, daß ein Wolf das Gesicht und die Kehle
seiner Frau zerfleische. Er bittet sie, sich in acht zu nehmen. Sie tut es nicht,
und der Traum geht in Erfüllung.
Achte Geschichte
Biondello prellt Ciacco um ein Mittagessen. wofür dieser sich auf schlaue
Weise dadurch rächt, daß er Biondello windelweich prügeln läßt.
Neunte
Geschichte Zwei junge Männer bitten Salomo um Rat, der eine, wie er es fertigbringen
solle, geliebt zu werden, der andre, wie er seine eigensinnige Frau bessern
könne. Jener rät dem ersten, selber zu lieben, und dem zweiten, auf die Gänsebrücke
zu gehen.
Zehnte Geschichte Don Gianni beschwört auf die Bitten des
Gevatters Pietro dessen Frau, um sie in eine Stute zu verwandeln, Als er dabei
ist, ihr den Schwanz anzuheften, vernichtet der Gevatter Pietro den ganzen Zauber
dadurch, daß er sagt, er wünsche keinen Schwanz.
ZEHNTER
TAG
Erste Geschichte Ein Ritter steht im Dienste des Königs von
Spanien. Er glaubt, dafür schlecht belohnt zu sein, doch überzeugt ihn der König
durch einen sicheren Beweis, daß hieran nicht er, sondern das Mißgeschick des
Ritters die Schuld trägt, und beschenkt ihn sodann reich.
Zweite Geschichte
Ghino di Tacco nimmt den Abt von Cluny gefangen, heilt ihn von einem Magenleiden
und läßt ihn dann wieder frei. Der Abt kehrt an den römischen Hof zurück, söhnt
Ghino wieder mit dem Papst Bonifazius aus, der jenen zum Hospitaliter-Ritter
macht.
Dritte Geschichte Mithridanes, der neidisch die Wohltätigkeit
des Nathan erkennt, beschließt, jenen zu töten. Ohne ihn zu kennen, trifft er
mit ihm zusammen und erfährt von ihm selbst, auf welche Art er ihn umbringen
kann. Wie besprochen, findet er Nathan in einem kleinen Wald. Als er voller
Beschämung den anderen erkennt, wird er sein Freund.
Vierte Geschichte
Messer Gentil de‘ Carisendi kehrt aus Modena zurück und zieht eine von ihm
geliebte Frau, die als Tote beigesetzt wurde, aus dem Grabe. Nachdem sie wiederhergestellt
ist, gibt sie einem Sohn das Leben. Messer Gentile bringt danach die Dame und
den Sohn zu ihrem Gatten Niccoluccio Caccianemico zurück.
Fünfte Geschichte
Madonna Dianora verlangt von Messer Ansaldo einen Garten, der im Januar
so schön blühen soll wie im Mai. Messer Ansaldo verbindet sich mit einem Schwarzkünstler
und verschafft ihr einen solchen Garten. Ihr Gatte willigt darauf ein, daß sie
Messer Ansaldo zu Willen sei. Als dieser von der Großmut ihres Gatten hört,
erläßt er ihr, was sie versprochen hat, worauf auch der Schwarzkünstler, ohne
auf eigenen Vorteil zu sehen, auf die Belohnung des Messer Ansaldo verzichtet.
Sechste
Geschichte Der siegreiche König Karl der Alte, der sich in ein junges Mädchen
verliebt hat, verheiratet diese und ihre Schwester in allen Ehren, da er sich
seiner törichten Liebe schämt.
Siebente Geschichte König Peter hat
von der heißen Liebe erfahren, welche ihm von der kranken Lisa entgegengebracht
wird. Er tröstet sie und verheiratet sie dann mit einem jungen Edelmann, küßt
sie auf die Stirn und nennt sich fortan ihren Ritter.
Achte Geschichte Sophronia,
welche annimmt, die Frau des Gisippos zu sein, ist in Wirklichkeit die Gattin
des Titus Quinctius Fulvus und geht mit ihm nach Rom. Auch Gisippos kommt in
erbärmlichem Zustand dorthin. Da er glaubt, von Titus verachtet zu werden, beschuldigt
er sich, um zu sterben, einen Mann erschlagen zu haben. Titus aber erkennt ihn
wieder und behauptet, um ihn zu retten, er selbst habe jenen Menschen erschlagen.
Als der wahre Täter hiervon Kenntnis bekommt, zeigt er sich selber an. Schließlich
werden alle drei von Octavianus freigelassen. Titus gibt nun dem Gisippos seine
Schwester zur Frau und teilt sein ganzes Vermögen mit ihm.
Neunte Geschichte Saladin
wird, als Kaufmann verkleidet, von Messer Torello freigebig bewirtet. Der Kreuzzug
findet statt. Messer Torello verlangt von seiner Gattin eine Frist, vor deren
Ablauf sie sich nicht wieder vermählen soll. Er gerät in Gefangenschaft. Dadurch,
daß er Falken abrichtet, hört der Sultan von ihm, der ihn wiedererkennt und
ihm, nachdem er sich ebenfalls zu erkennen gegeben hat, die höchsten Ehren antut.
Messer Torello erkrankt und wird durch magische Künste im Laufe einer Nacht
nach Pavia versetzt, wo eben die Hochzeit seiner Gattin gefeiert wird. Er wird
von ihr wiedererkannt und kehrt mit ihr nach Hause zurück.
Zehnte Geschichte
Von den Bitten seiner Leute gezwungen, eine Frau zu nehmen, heiratet der Marchese
di Saluzzo die Tochter eines Bauern, um wenigstens eine Frau nach seinem eigenen
Geschmack zu haben. Er hat zwei Kinder mit ihr, macht sie aber glauben, daß
diese getötet seien, und sagt ihr dann, daß er, ihrer überdrüssig, eine andere
heiraten wolle, läßt die eigene Tochter nach Hause kommen, als sei dies seine
neue Gattin, und jagt schließlich seine Frau im bloßen Hemde davon, Als er bemerkt,
daß sie alle seine Launen geduldig hinnimmt, holt er sie, zärtlicher denn je,
in sein Haus zurück, zeigt ihr ihre erwachsenen Kinder, ehrt sie selbst und
läßt ihr auch von allen anderen die einer Marchesa gebührenden Ehren erweisen.
- Das Dekameron des Giovanni Boccaccio, Berlin und Weimar 1975 (zuerst um 1350)
Geschichten (2) Es gibt zwei Sorten Geschichten,
von denen die Wissenschaftler behaupten, sie könnten nicht wahr sein, weil jedermann
sie erzähle. Die erste Gruppe besteht aus Geschichten, die überall erzählt werden,
weil sie merkwürdig oder sinnreich sind; daß sie Menschen als Vorfall zugestoßen
sind, ist ebensowenig ausgeschlossen, wie mit Sicherheit anzunehmen ist, daß
sie Menschen als Einfall in den Sinn gekommen sind. Daß sie vielen Personen
zugestoßen sind, ist allerdings nicht wahrscheinlich. Die zweite Gruppe dieser
von der Wissenschaft als »Mythen« angesehenen Geschichten
besteht aus solchen, die einfach darum in aller Mund sind, weil sie allenthalben
passieren. Als Beispiel für die erste Gruppe können wir etwa die Geschichte
von Wilhelm Teil ansehen, die heute allgemein den Legenden zugerechnet wird,
und zwar aus dem einzigen Grunde, daß sie sich auch in den Überlieferungen anderer
Völker findet. Nun liegt auf der Hand, daß die Geschichte deshalb überall erzählt
wird, weil es sich bei ihr, unabhängig von der Frage, ob sie wirklich geschehen
oder frei erfunden ist, um »eine gute Geschichte« handelt; sie ist ausgefallen,
aufregend, und sie hat einen Kulminationspunkt. Aber zu behaupten, daß sich
ein solch außergewöhnlicher Vorfall in der ganzen Geschichte des Bogenschießens
niemals hätte ereignen können oder daß er keiner der Personen zugestoßen sei,
mit denen er verknüpft wird, ist krasse Anmaßung. Die Vorstellung vom Schuß
auf eine Zielscheibe, die an einer vom Schützen verehrten oder geliebten Person
befestigt ist, kann einem phantasievollen Poeten ohne Frage leicht in den Sinn
kommen. Aber ebenso leicht kann ein auftrumpfender Schütze auf diese Idee verfallen.
Sie kann die phantasievolle Eingebung irgendeines Geschichtenerzählers sein.
Aber ebensogut ist sie als die phantasievolle Eingebung irgendeines Despoten
denkbar. Vielleicht trägt sich die Sache zuerst im wirklichen Leben und dann
in Legenden zu. Genausogut aber kann sie sich zuerst in Legenden und dann im
wirklichen Leben ereignen. Wenn seit Anbeginn der Welt noch nie ein Apfel vom
Kopf eines Knaben heruntergeschossen worden ist, dann geschieht es vielleicht
morgen früh, und zwar durch jemanden, der noch nie von Wilhelm Tell gehört hat.
- Gilbert Keith Chesterton, Ketzer. Eine Verteidigung der Orthodoxie
gegen ihre Verächter. Frankfurt am Main 2004 (it 3023, zuerst 1905)
Geschichten (3) Der Eunuch hielt im Schreiben inne, um auf die Gedanken seines Gastes zu antworten.
»Irgendjemand wird diese Geschichte irgendwann einmal lesen. Im Gegensatz zu den Tatsachen des Lebens, die Ihr als Realität bezeichnet, können die geschriebenen Geschichten alle Unbilden überdauern ohne zu verlöschen, sie widerstehen sogar dem Mörderwind, der Euch während Eurer Reise zu einem inexistenten Kloster vor Furcht zittern ließ. Die geschriebenen Geschichten können im Lauf der Jahrhunderte geraubt, entwendet, verdorben, wiedererzählt und mit anderen Worten oder in anderen Sprachen wiedergeschrieben werden, während die Tatsachen des Lebens sich verbrauchen und nachdem sie geschehen sind für immer verschwinden.«
»Das heißt, daß Ihr für die Nachwelt schreibt. Auch die alten Schriftsteller, für die Ihr so viel Verachtung zeigt, schrieben für die Nachwelt. Ihr seid ein Schriftsteller, und ich weiß nicht, ob Schriftsteller auch Menschen sind.«
»Ich wollte sagen, daß eine Geschichte, wenn sie einmal geschrieben ist,
auch existiert. Es kommt nicht darauf an, wieviele Personen sie lesen und ob
ihre Worte vergessen werden. Mir genügt schon ein einziger Leser, der ihren
Sinn in sich aufnimmt und ihn an andere weitergibt. Dieser Leser kann auch ich
selbst sein, der sie geschrieben hat. Es ist nicht nötig, daß Scharen von Kopisten
und Übersetzer daran arbeiten. Die geschriebenen Geschichten reisen für immer
durch die Welt und durch die Gedanken der Menschen, die sich zu ihren Boten
machen, ohne es zu merken.« -
Luigi Malerba, Das Griechische Feuer. Berlin 1991
Geschichten (4) Es ist seltsam,
daß in einer guten Erzählung allemal etwas Heimliches ist - etwas Unbegreifliches.
Die Geschichte scheint noch uneröffnete Augen in uns zu berühren - und wir stehn
in einer ganz andern Welt, wenn wir aus ihrem Gebiete zurückkommen. - Novalis, Fragmente und Studien 1799/1800
Geschichte (5)
Geschichte (6)
Geschichten (7)
|
|