orast   FRANZ MOOR Es kommt alles nur darauf an, wie man davon denkt, und der ist ein Narr, der wider seine Vorteile denkt. Den Vater, der vielleicht eine Bouteille Wein weiter getrunken hat, kommt der Kitzel an - und draus wird ein Mensch, und der Mensch war gewiß das letzte, woran bei der ganzen Herkulesarbeit gedacht wird. Nun kommt mich eben auch der Kitzel an - und dran krepiert ein Mensch, und gewiß ist hier mehr Verstand und Absichten, als dort bei seinem Entstehen war - Hängt nicht das Dasein der meisten Menschen mehrenteils an der Hitze eines Juliusmittags, oder am anziehenden Anblick eines Bettuchs, oder an der waagrechten Lage einer schlafenden Küchengrazie, oder an einem ausgelöschten Licht? - Ist die Geburt des Menschen das Werk einer viehischen Anwandlung, eines Ungefährs, wer sollte wegen der Verneinung seiner Geburt sich einkommen lassen, an ein bedeutendes Etwas zu denken! Verflucht sei die Torheit unserer Ammen und Wärterinnen, die unsere Phantasie mit schröcklichen Märchen verderben, und gräßliche Bilder von Strafgerichten in unser weiches Gehirnmark drücken, daß unwillkürliche Schauder die Glieder des Mannes noch in frostige Angst rütteln, unsere kühnste Entschlossenheit sperren, unsere erwachende Vernunft an Ketten abergläubischer Finsternis legen - Mord -  wie eine ganze Hölle von Furien um das Wort flattert - die Natur vergaß, einen Mann mehr zu machen - die Nabelschnur ist nicht unterbunden worden - der Vater hat in der Hochzeitnacht glatten Leib bekommen - und die ganze Schattenspielerei ist verschwunden. Es war etwas und wird nichts - Heißt es nicht ebenso viel als: es war nichts und wird nichts und um nichts wird kein Wort mehr gewechselt - der Mensch entstehet aus Morast, und watet eine Weile im Morast, und macht Morast, und gärt wieder zusammen in Morast, bis er zuletzt an den Schuhsohlen seines Urenkels unflätig anklebt. Das ist das Ende vom Lied - der morastige Zirkel der menschlichen Bestimmung, und somit - glückliche Reise, Herr Bruder! Der milzsüchtige, podagrische Moralist von einem Gewissen mag runzligte Weiber aus Bordellen jagen, und alte Wucherer auf dem Todesbett foltern - bei mir wird er nimmermehr Audienz bekommen! -  Friedrich Schiller, Die Räuber

Morast (2)  Es waren jetzt drei Stunden vergangen, in denen wir nicht nachgelassen hatten, an den Rudern zu arbeiten, und die See war nicht mehr zu sehen; doch keine Stelle, auf die wir unsere Füße hätten setzen können, war in Sicht gekommen, überall umgab uns der Schlamm, grau und schwarz - wir waren von morastiger Wildnis tatsächlich eingeschlossen. Und so mußten wir wohl oder übel weiterrudern, in der Hoffnung, schließlich doch noch irgendwo festen Boden zu finden. - W. A. Hodgson, Die Boote der ›Glen Carrick‹, aus: W.A.H., Stimme in der Nacht. Frankfurt am Main 1982 (st 749)

Morast (3) Ich träumte, daß mir oben auf der Rampe irgendein widerwärtig glitschiger Besatz unter den Füßen zur Falle geworden war, der mich auf kaum begreifliche Weise entsetzte . . . mich schauderte derart, als sei ich mit der blanken Materie des Todes in Berührung gekommen. Nach dem Erwachen war ich erleichtert, den Grund meines Ekels einem halbvergessenen Traum zuweisen zu können. Doch holte mich das Grausen wieder ein, kaum daß ich aufgestanden war: meine Gedanken stockten, als ich sah, daß mir das rechte Bein, der ganze Unterschenkel, von einem schon getrockneten Morast bedeckt war, von einer schwarzgrünen Jauche, die mit Blut vermischt war. - Wolfgang Hilbig, Alte Abdeckerei. Frankfurt am Main 1991

 

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Verwandte Begriffe
Versinken
Synonyme
Sumpf