erakles, sagt Heiner Müller, verkörpert in den Mythen als erster die »Gestalt des Arbeiters«, In einer von Göttern auferlegten Verwirrung tötet er »das Liebste, das er hat«, darunter seine Kinder, seine Frau, zündet das Haus an. Geistesabwesend verhält er sich zerstörerisch »auf entsetzliche Weise«.

Daraufhin verdingt er sich bei dem Tyrannen Eurystheus, der ihn — um Herakles als Arbeiter zu verschrotten, d. h. Nutzen zu ziehen, eigentlich aber: um ihn zu vernichten — mit zwölf Aufträgen versieht, die sämtlich auf etwas Unmögliches gerichtet sind, wie Eurystheus meint. Herakles aber zerteilt diese Unmöglichkeiten in Einzelschritte, panzert sich gegen Zweifel und Schmerz und vollbringt diese »Werke«. Er fügt, sagt Heiner Müller, eine uns unbekannte dreizehnte Leistung hinzu.

Es geht um eine ins Unendliche gerichtete, die Gegenstände verändernde Tätigkeit, einschließlich des Tötens und Beseitigens, um die Gestalt einer »lebendigen Maschine«; zuletzt ist sie gefangen in einem giftgetränkten Netz, das das Innere verbrennt. Aus Furcht vor Strafe wagt es keiner, dem Befehl des Herakles zu folgen, den Scheiterhaufen anzuzünden, auf den er sich gesetzt hat. Wer hat sich das, fragt Heiner Müller, ausgedacht, eine Erzählung, die lange vor der Zeit handelt, in der Prometheus an die Felsen des Kaukasus gekettet wurde?

Als Kind aber wurde dieser Herakles, Sohn des Zeus und der Alkmene, an die Brust der schlafenden Muttergöttin Hera gelegt. Entweder weil er des Saugens müde war und Reste der Milch beim Absetzen verspritzte oder weil die betrogene Göttin aus ihrem Schlaf erwachte, den Säugling von ihrer Brust riß und dadurch Milch verschüttete, entstand der Riesenbogen der Milchstraße, die wegen dieser Geschichte in der Winternacht ihren Namen trägt. - (klu)

Herakles (2) Es erzählen die Hellenen auch sonst noch allerlei ohne Nachprüfung. Einfältig ist auch diese Geschichte, die sie von Herakles erzählen. Er sei nach Ägypten gekommen und die Ägypter hätten ihn bekränzt und im Festzug hingeführt, um ihn dem Zeus zu opfern. Bis dahin habe er sich ruhig verhalten, als sie aber am Altar sich an ihm zu schaffen machten, um ihn zu weihen, habe er sich zur Wehr gesetzt und sie alle erschlagen. Mir machen Hellenen, die solches erzählen, den Eindruck, daß sie überhaupt keine Ahnung haben von Art und Bräuchen der Ägypter. Denn die nach heiligem Brauch kein Tier opfern außer Schafen und Stieren und Kälbern, und auch die nur, wenn sie rein sind, und Gänsen - wie werden die wohl Menschen opfern ? Und dann, Herakles war doch allein und noch ein Mensch, wie sie doch sagen; woher hatte der die Kraft, viele Tausende zu erschlagen? Uns aber, die wir darüber schon viel zu viel gesprochen haben, mögen gnädig bleiben Götter wie Heroen. - (hero)

Herakles (3)   Es ist überaus charakteristisch, daß es ganz besonders oft die in diesem Punkte vom Lebensglück Vernachlässigten sind, aus deren Hirn und Händen die von allen naiven Menschen männlichen Geschlechts so sehr beneideten Schilderungen übertriebener Sexualkraft herrühren. Sie, die im realen Leben mit immer erneuter banger Sorge an das Einmal denken, erledigen in der Phantasie und, wenn sie gestaltungskräftig sind, mit Hilfe der Feder oder des Stifts das großartigste Liebesrepertoire. Gerade sie sind es, die mit der allergrößten Verve die sogenannte dreizehnte Arbeit des Herkules illustrieren, die bekanntlich darin bestanden haben soll, ein ganzes Dutzend widerstrebender Jungfrauen zu verführen. Im Laufe der Jahre habe ich in Künstlerkreisen mehrere solche Typen persönlich kennengelernt. Um ein ganz konkretes Beispiel zu nennen, möchte ich nur den folgenden Fall erwähnen. Als einmal in einer kleinen Gesellschaft von den genialen erotischen Skizzen eines anwesenden Künstlers die Rede war, sagte die ebenfalls anwesende junge und schöne Gattin des betreffenden Künstlers zu einer befreundeten Nachbarin halblaut, aber doch so, daß auch ich, der an ihrer anderen Seite saß, es verstehen konnte: »Ach, wenn ich doch auch ab und zu ein solches Stück Papier wäre, auf das mein Mann seine unerschöpflichen Einfälle skizziert.«  - Eduard Fuchs, Die Orgie. In: (mes)

Herakles (4)

Herakles bei Omphale

Herakles am Spinnrocken, bei Omphale

- Hans Baldung Grien

Herakles (5) Die allgemeine Version der Tradition sagt, daß Herakles unter dem Diktat seines Eurystheus eine große Zahl gewaltiger, d. h. übermenschlicher Taten ausführte. Diese Tradition stammt aus griechischen Überlieferungen; allgemein gesagt, gelten die Taten des Herakles als »fabelhaft«.

Statt dessen haben sehr viele kleine Hinweise ein Mosaikbild ergeben, das ganz andere Ursprünge hat.

Es hatte ein Wort »Erc«, »Urg« usw. gegeben, das die Bedeutung »uranfänglicher Drang«, »brutale Gewalt« hatte. Diese Urgewalten der Erde hatten wild gearbeitet und ein Chaos geschaffen. Es wurde alsdann die Formel »Erc-Eli« gebildet, die man am besten übersetzt als »Drang im Sinne des Höheren«. Mit diesem Drang sollten die Menschen das Chaos auf der Erde ordnen, so daß die Erde wirklich bewohnbar würde. »Erkle« ist die älteste Wortform (etruskisch), die wir kennen. Unter »Erkle« verstand man von der Zeit der Wortbildung an Menschenmassen, die zu Arbeitsbataillonen gebildet waren, mit denen organisatorische Arbeiten unternommen wurden. Es war also von den Taten des Herakles in der ursprünglichen Tradition nichts fabelhaft, sondern alles an ihnen waren Realitäten. Nach langen Zeiten, in denen man in solchen Organisationen gearbeitet hatte, wurde eine Gesamtliste und Legende von solchen Arbeiten zusammengestellt und zur Sage oder Dichtung erhoben.  - Ernst Fuhrmann, Interpretation der Herakles-Legende. Nach (fuhr)

Halbgott Heros
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