Jedermann weiß, wie unmäßig Kinder lachen und wie ihr ganzer Körper konvulsivisch bewegt wird, wenn sie gekitzelt werden. Die anthropomorphen Affen stoßen, wie wir gesehen haben, gleichfalls einen wiederholten Laut aus, der unserm Lachen entspricht, wenn sie, besonders in den Achselhöhlen, gekitzelt werden. Ich berührte mit einem Stückchen Papier die Fußsohle eines meiner Kinder, als es nur sieben Tage alt war; der Fuß wurde plötzlich weggeschnellt und die Zehen in verschiedenen Richtungen gekrümmt wie bei einem älteren Kinde. Derartige Bewegungen sind ebenso wie das Lachen, nachdem man gekitzelt wurde, offenbar Reflextätigkeiten, und dies zeigt sich gleichfalls darin, daß die kleinen nicht gestreiften Muskeln, welche dazu dienen, die einzelnen Haare an dem Körper aufzurichten, sich in der Nähe einer gekitzelten Hautstelle zusammenziehen.
Doch kann man das Lachen infolge einer lächerlichen Idee, wenn es auch unwillkürlich eintritt, doch nicht im strengen Sinne eine Reflextätigkeit nennen. In diesem Falle und bei dem des Lachens infolge eines Kitzelns muß sich die Seele in einem vergnüglichen Zustande befinden.
Wenn ein kleines Kind von einem Fremden gekitzelt würde, so würde es vor Furcht schreien. Die Berührung muß leicht sein, und eine Idee oder ein Ereignis darf, wenn es lächerlich sein soll, nicht von großer Bedeutung sein. Die Teile des Körpers, welche sich am leichtesten kitzeln lassen, sind diejenigen, welche nicht gewöhnlich berührt werden, so die Achselhöhlen oder zwischen den Zehen, oder Körperteile wie die Fußsohle, welche beständig von einer breiten Fläche berührt werden. Doch bietet die Oberfläche, auf welcher wir sitzen, hier eine merkwürdige Ausnahme von der Regel. Der Angabe Gratiolets zufolge sind gewisse Nerven für das Kitzeln viel empfindlicher als andre. Nach der Tatsache, daß ein Kind sich kaum selbst kitzeln kann oder wenigstens in einem viel geringeren Grade, als wenn es von einer andern Person gekitzelt wird, scheint es, daß der genaue Punkt, welcher berührt werden soll, nicht bekannt sein darf, und so scheint auch in bezug auf den Geist irgend etwas Unerwartetes — eine neue oder nicht zusammenstimmende Idee, welche in einen gewohnheitsgemäßen Gedankenzug hineinbricht — ein starkes Element des Lächerlichen darzubieten.
Ruch führt dazu aus: »Nach Hecker (von Darwin
in der zweiten Ausgabe zitiert) und Wundt ist Kitzeln
der verbreitetste Auslöser von Lachen. Auch bei Schimpansen findet
man ein physiognomisches Ausdrucksverhalten, ein Atemmuster und
Stimmlaute, die an das Lachen bei Menschen erinnern, die gekitzelt
werden oder damit rechnen, gekitzelt zu werden. Ihre Forschungen
über das Lachen führten Hall und Allin zu dem Ergebnis,
daß bei Kindern die kitzligsten Körperregionen die Fußsohlen,
die Achselhöhlen, der Hals, die Gegend
unter dem Kinn, Taille und Rippen sowie die Backen sind.« - (dar
)
Kitzel (2) Man kann weder
an der Realität, noch an der Wichtigkeit der Sache zweifeln,
und sollte daher, statt sich zu wundern, daß auch ein Philosoph
dieses beständige Thema aller Dichter
ein Mal zu dem seinigen macht, sich darüber wundern, daß eine
Sache, welche im Menschenleben durchweg eine so bedeutende Rolle
spielt, von den Philosophen bisher so gut wie gar nicht in Betrachtung
genommen ist und als ein unbearbeiteter Stoff vorliegt. Wer sich
noch am meisten damit abgegeben hat, ist Plato
, besonders im »Gastmahl« und im »Phädrus«: was er jedoch darüber
vorbringt, hält sich im Gebiete der Mythen,
Fabeln und Scherze, betrifft auch größtentheils nur die Griechische
Knabenliebe. Das Wenige, was Rousseau im Discours sur l'inegalité
(p. 96, ed. Bip.) über unser Thema sagt, ist falsch und ungenügend.
Kants Erörterung des Gegenstandes, im dritten Abschnitt
der Abhandlung »Ueber das Gefühl des Schönen und Erhabenen«
(S. 435 pg. der Rosenkranzischen Ausgabe), ist sehr oberflächlich
und ohne Sachkenntniß, daher zum Theil auch unrichtig. Endlich
Platner' s Behandlung der Sache in seiner Anthropologie,
§§ 1347 fg., wird Jeder platt und seicht finden. Hingegen verdient
Spinoza ' s Definition, wegen
ihrer überschwänglichen Naivetät, zur Aufheiterung, angeführt
zu werden: Amor est titillatio,
concomitante idea causae externae [Die Liebe
ist ein von der Vorstellung einer äußeren Ursache begleiteter
Kitzel] (Eth., IV, prop. 44, dem.). - (
schop
)
Kitzel (3)
- Charles M. Schulz, You've done it again, Charlie Brown. London 1971
(Hodder Fawcett Coronet Books, zuerst ca. 1958)
Kitzel (4) Bei
der Ziegenfolter (Tormentum cum capra), wurde der Beschuldigte auf eine
Bank gelegt angebunden. Sodann wurden ihm die Fusssohlen stark mit Salz eingerieben,
das von einer Ziege abgeleckt wurde. Dieser Vorgang war anfangs mit einem unerträglichen
Kitzel verbunden, der sich durch die Wiederholung zu einem sehr schmerzvollen
Empfinden steigerte. Die rauhe Zunge der Ziege wetzte
Haut und Fleisch zuweilen bis auf die Knochen fort. - (
hel
)
Kitzel (5) Ich würde sie töten, wenn
ich ihr alles gäbe, und ich solle ihr die zweite Hälfte nur in dem Falle geben,
als die erste Dosis keine Wirkung hätte. Ich versprach dem Äskulap, alle mögliche
Vorsicht anzuwenden, kaum aber war er fort, verscheuchte ich aus meinem Herzen
alle Gefühle der Dankbarkeit, die meine Seele hätten schwach machen können,
ich wies jede Reue und Schwäche von mir und dachte nur an das Geld und die süße
Möglichkeit, es zu besitzen. Das Projekt einer bösen Tat verursacht uns jedesmal
einen köstlichen Kitzel, ein Vorgefühl des Vergnügens, das die Tat selbst uns
gewährt. Ich zögerte also nicht im geringsten, ich löste das ganze Pulver in
einem Glas Wasser auf und präsentierte das Getränk meiner lieben Freundin, die
es sorglos trank und bald den Tod fand, den ich selbst ihr bereitet hatte. Ich
kann Ihnen nicht schildern, was ich empfand, als ich mein Werk von Erfolg gekrönt
sah. Jeder der Erbrechensanfälle, unter denen sie ihr Leben aushauchte, verursachte
meinem ganzen Organismus eine äußerst wollüstige Sensation. Ich horchte sie
ab, betrachtete sie und war ganz berauscht. Sie nahm mich in ihre Arme und flüsterte
mir ein letztes Adieu zu, während es mir kam und ich schon tausend Projekte
schmiedete, wie ich das erbeutete Geld verwenden würde. Der Todeskampf
dauerte nicht lang, die Fournier krepierte noch am selben Abend, und ich
war die Herrin des Geldes." — „Duclos," sagte der Herzog, „sei aufrichtig,
hast du dich abgewichst, hat dein Wollustorgan die feine und geile Sensation
des Verbrechens empfunden?" — „Ja, Monseigneur, ich gestehe, es ist mir
im Verlaufe dieses Abends fünfmal gekommen." — „Es ist also wahr,"
rief der Herzog, „es ist wahr, daß das Verbrechen
eine Wolllust an sich ist, die unabhängig von jeder
andern Wollust imstande ist, alle unsere Leidenschaften zu entflammen und uns
in dasselbe Delirium zu versetzen, wie die Akte der Geilheit
es tun." - (
sad
)
Kitzel (6)
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