litsch   Schon in Hanau war Vierlinger aufgefallen, daß das Regenwasser auf der Straße schäumte: ein glitschiger, flusiger Belag, den die Reifen des Autos zerteilten. Jetzt bei Einfahrt in die Stadt: der gleiche Regen, der in großer Zone von Nordwesten über das Land goß und der eine leicht schäumende Straßennässe hinterließ. Wenn ich Wissenschaftler wäre, würde ich anhalten, eine Probe nehmen und das analysieren. Es ist bestimmt Chemie. Über England und der Nordsee ist es vielleicht noch wirklicher Regen, über dem Ruhrgebiet mit Glitsch aufgeladen, irgend etwas Chemisches kommt hinzu. Franz Vierlinger war nicht abzubringen von seinem Interesse. Sein Beifahrer Albers wollte ihn zerstreuen. Aber Vierlinger wollte hier einmal zufassen, da er den Beweis seines Urnweltverdachtes vor den Reifen hatte - jedermann sichtbar. Er war aber kein Wissenschaftler, und eine Probe nehmen, eine Telefonzelle suchen (vorher Parkplatz), im Branchen-Adreßbuch nachsehen, welche Firma eine Untersuchung vornehmen könnte, dann wieder starten, das Zeug hinbringen, evtl. beim Anhalten zum Probenehmen ins Rutschen kommen auf der schmierigen Fläche, andere Wagen fahren ihm ins Heck - das alles war ihm zuviel, er hatte auch kein Gefäß für den Transport der Probe, keine Pipette, um die Soße aufzunehmen.

So starrte er nur mit den Augen auf die schäumende Masse, schätzte ab, daß sie nicht etwa in Teppichhöhe auf der Straße lag, sondern eher wie eine Mikroben- oder Pilzkultur, nicht einmal millimeterhoch und nur deutlich sichtbar, wenn Reifen sie durchfurchten.

Er war ganz erschöpft vom Starren. Nicht einmal eine Polaroidkamera hatte er zur Hand, um das Phänomen wenigstens in Farbe zu fotografieren. Die Regenbeimischung schimmerte bläulich-violett. Auf den Äckern sicherlich auch als Düngemittel nicht nützlich.

Vierlingers Augen waren extrem reizbar, auch Teile seines Hirns, aber nicht alle, z.B. nicht seine Entschlußkraft, nicht seine Hände oder sein »Fleiß«. Er konnte sich mit den Augen erregen, ohne irgend etwas deshalb auch zu tun.   - (klu)