uecksilber M.
de Vendôme kümmerte sich endlich auch um seine Geschäfte und um seine Gesundheit.
Er war außerordentlich reich, hatte aber niemals auch nur einen Taler zur Verfügung.
Der König hatte ihn gedrängt, etwas für seine Gesundheit zu tun, die durch seine
Ausschweifungen in Mitleidenschaft gezogen
war. Crozat, durch allerlei Geschäfte und Unternehmungen zu einem der reichsten
Männer von Paris aufgestiegen, übernahm es, die Vermögensangelegenheiten des
Marschalls zu ordnen. Daraufhin verabschiedete sich Vendôme in aller Öffentlichkeit
vom König, von Monseigneur, den Prinzessinnen und sämtlichen Anwesenden, um
sich abermals in die Hände der Chirurgen zu begeben, deren Behandlung bereits
einmal mißglückt war. Der König sagte ihm, er seinerseits wünsche ihm allen
nur denkbaren Erfolg und hoffe, daß er ihn nach seiner Rückkehr wirklich
beglückwünschen könne. Solche Bastarde konnten nur Privilegien dieser Art beanspruchen,
und auch nur sie konnten aus einer Sache, die man als Schande empfindet und
im geheimsten Winkel verbirgt, einen Triumph machen; das löste sowohl Schrecken
wie Entrüstung aus, und es bewies, welche Macht illegitime Geburt auf einen
König auszuüben vermochte, einen König, der so devot, so seriös und den Anstandsgeboten
in jeder Hinsicht so sklavisch unterworfen war. Statt nach Anet begab Vendôme
sich nach Clichy zu Crozat, um alle Pariser Hilfsquellen in größerer Nähe zu
haben; er war fast drei Monate in den geschicktesten Händen, doch ohne Erfolg.
Als er an den Hof zurückkam, fehlte ihm eine Hälfte seiner Nase,
seine sämtlichen Zähne, und sein Gesicht war völlig entstellt. Der König war
darüber so verblüfft, daß er aus Furcht, M. de Vendôme zu betrüben, den Höflingen
empfahl, kein Aufhebens davon zu machen; das war zweifellos ein Zeichen besonderer
Teilnahme. So wie Vendôme im Triumph zu dieser medizinischen Expedition aufgebrochen
war, so kehrte er nun auch im Triumph zurück, dank dem Empfang, den der König
ihm bereitete - ein Beispiel für den ganzen Hof. Dies und das große Heilmittel,
das Quecksilber, das Vendômes Verstand geschwächt hatte, verwirrte ihm nun vollends
den Kopf, und seit dieser Zeit war er nicht mehr derselbe. - (
sim
)
Quecksilber
(2) Heute ist nun der vierte Tag, daß ich meiner Augen wegen
einsitzen muß, unterdessen bin ich nicht ohne die angenehmste Gesellschafft,
Herr Geheimer Sekretär Schernhagen sizt zu weilen gantze Nachmittage bey mir.
Morgen gehe ich aus, es werde daraus was es wolle. Man hat mir schon gerathen
Quecksilber Curen zu gebrauchen, aber es klingt nur so malhonette, eine Quecksilber
Cur, lieber galant gestorben, als ungalant Quecksilber gebraucht. Es ist ausgemacht,
die kleine Veränderung der Lufft, der Speißen und der Lebensart, oder was es
ist, hat in mir eine merckliche Veränderung bewürckt, wenn ich des Abends ein
eintziges Glas Wein trincke, so schlafe ich die halbe Nacht nicht, etliche mal
bin ich schon wieder aufgestanden, und träncke ich eine Bouteille, so säße ich
so sicher ein paar Stunden drauf auf der Hauptwache, alsjetzo auf meiner Stube,
so arbeitet der Teufel alsdann in mir. Es liegt hierinn etwas größeres als die
Erbsünde zum Grund und, unter uns, ich glaube, ich habe die Hecktic. Solle es
aber, welches ich höchlich wünsche, diejenige belebende Krafft seyn, die die
nunmehr immer höher steigende Sonne im Frühling
allen lebenden Geschöpfen von der Spargel Pflantze
bis zum Mädchen hinauf, kurtz allem was Odem oder
Wurtzeln hat, einhaucht, gut alsdann — wenn es diese
Kranckheit ist, die heilt sich allenfalls ohne Zimmermann. Weiter kann ich diesen
Abend der Augen wegen nicht schreiben, und doch mag ich noch nicht zu Bette
gehen, ich stecke mir also eine Pfeife an, und lösche das Licht aus, um noch
eine Vierthelstunde gantz klar an meine Freunde zu dencken. Das rauchen im Dunckeln
ist würcklich eine angenehme Beschäfftigung, und wenn man sonst wohl ist, so
dencke ich, kommt es unmittelbar nach dem küssen im Dunckeln, also gute Nacht.
- Lichtenberg an Christiane und Johann Christian Dieterich, nach
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)
Quecksilber
(3) Ueberwunden sind die Leute, die glauben, daß der Merkur
von nasser und kalter Natur ist oder sein soll: Das ist nicht richtig, er ist
voll großer Hitze und Feuchtigkeit.
Diese Hitze und Feuchtigkeit sind seine Natur. Sie verursachen, daß er immer
flüssig ist. Denn wenn er kälter und nasser wäre, müßte er dem gefrorenen Wasser
gleichen. Er müßte durch die Hitze des Feuers wie andere Metalle flüssig gemacht
werden. Dies ist aber nicht notwendig, weil er schon vorher durch seine eigene
Hitze flüssig ist, die ihn stets im Flusse hält. Deshalb muß er immer leben
und nicht sterben, erstarren oder erfrieren, er mag auch nicht fix sein. Es
ist besonders wichtig zu wissen, daß die Geister der sieben Metalle oder wieviel
ihrer im Feuer miteinander gemischt sind, sehr bewegt und aufrührerisch sind,
besonders aber der Mercurius. Sie zeigen ihre Kraft und Tugend, indem ein Metall
das andere überwinden, flüssig machen und sich so verwandeln will. Eines nimmt
dem ändern die Tugend, das Leben und die Gestalt und gibt ihm eine andere Natur
und Gestalt. So werden die Geister oder Dämpfe der Metalle durch die Hitze bewegt,
aufeinander zu wirken und eine Tugend bis zur Vollkommenheit und Reinheit zu
verwandeln. -
(
par
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Quecksilber
(4) 28. Er läßt sich
Quecksilberkugeln in den After stecken; diese rollen in den
Eingeweiden hin und her und kitzeln ihn ungemein. Währenddessen
saugt er an Schweifen, schluckt den Samen, läßt Mädchen scheißen,
ißt den Dreck. Er hleibt so zwei Stunden in der Wollust. -
Marquis de Sade, Die hundertzwanzig
Tage von Sodom oder Die Schule der Ausschweifung. Dortmund 1990
(entst. ca. 1783/85)
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