resto Der
Deutsche ist beinahe des presto in seiner Sprache
unfähig: also, wie man billig schließen darf, auch vieler der ergötzlichsten
und verwegensten nuances des freien, freigeisterischen Gedankens. So gut ihm
der Buffo und der Satyr fremd ist, in Leib und Gewissen,
so gut ist ihm Aristophanes und Petronius unübersetzbar. Alles Gravitätische,
Schwerflüssige, Feierlich-Plumpe, alle langwierigen und langweiligen Gattungen
des Stils sind bei den Deutschen in überreicher Mannigfaltigkeit entwickelt,
- man vergebe mir die Tatsache, daß selbst Goethes Prosa, in ihrer Mischung
von Steifheit und Zierlichkeit, keine Ausnahme macht, als ein Spiegelbild der
»alten guten Zeit«, zu der sie gehört, und als Ausdruck des deutschen Geschmacks,
zur Zeit, wo es noch einen »deutschen Geschmack« gab: der ein Rokoko-Geschmack
war, in moribus et artibus. Lessing macht eine Ausnahme,
dank seiner Schauspieler-Natur, die vieles verstand
und sich auf vieles verstand: er, der nicht umsonst der Übersetzer Bayles
war und sich gern in die Nähe Diderots und
Voltaires, noch lieber unter die römischen
Lustspieldichter flüchtete: - Lessing liebte auch im Tempo die Freigeisterei,
die Flucht aus Deutschland.
- Friedrich Nietzsche, nach: Tintenfaß 2, Zürich 1981
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