ottesglieder
Unter Gliedern Gottes werden die mannigfaltigen Kräfte verstanden, die
auf die einfachste Art in Gott enthalten sind und durch die heiligen Namen
Gottes voneinander unterschieden werden. Die Gewänder aber und der Schmuck
Gottes sind gleichsam Wege, Richtungen, Emanationen
oder Kanäle, durch die er sich ausbreitet. So oft unser Geist ihren Saum
berührt, geht eine göttliche Kraft von irgendeinem Gliede aus, wie Jesus
von dem mit dem Blutgange behafteten Weibe, das den Saum seines Kleides
anrührte, sagte: Es hat mich jemand angerührt; denn ich fühle, daß eine
Kraft von mir gegangen ist. Die Glieder Gottes
sind den unseren ähnlich; aber sie sind nur die Ideen und Vorbilder unserer
Glieder, und wenn wir ihnen unsere Glieder gleichzumachen suchen, so werden
wir, dasselbe Bild annehmend, wahre Kinder Gottes und Gott ähnlich, indem
wir Werke Gottes tun und vollbringen. Von den Gliedern Gottes ist häufig
in der heiligen Schrift die Rede. Von seinem Haupte z.B. heißt es im Hohen
Liede: Dein Haupt stehet auf dir, wie Carmelus. Das Haar auf deinem
Haupt ist wie der Purpur des Königs in Falten gebunden. Das Wort Carmelus
bezeichnet aber hier nicht jenen Berg an der Küste Syriens, sondern den
Kermeswurm, der die Karmesinfarbe gibt. Von den Augen, den Augenbrauen
und den Ohren liest man in den Psalmen: Die Augen des Herrn sehen
auf die Gerechten, und seine Ohren auf ihr Schreien. Seine Augen sehen
auf den Armen und seine Augenlider fragen nach den Menschenkindern. Von
dem Munde, der Kehle, den Lippen und den Zahnen liest man gleichfalls in
der heiligen Schrift; bei Jesaias heißt es: Die hinabziehen nach Ägypten
und fragen meinen Mund nicht. Irn Hohen Liede: Deine Kehle ist wie
guter Wein. Würdig ist der Wein meines Geliebten zum Trinken und die Speise
seiner Lippen und Zähne zum Kauen. Auch von einer Nase
ist öfters im Gesetze die Rede, womit der Herr den lieblichen Geruch
der Opfer riecht. Ferner lesen wir von Schultern,
Armen, Händen und Fingern,
z.B. bei Jesaias: ein Sohn ist uns gegeben, welches Herrschaft ist
auf seiner Schulter. - Wem ist der Arm des Herrn geoffenbart? Und der königliche
Prophet sagt: Deine Hände, o Herr, haben mich geschaffen. Und: Ich
werde sehen die Himmel, deiner Finger Werk. - Gott hat auch eine Rechte
und eine Linke. Daher sagt der Psalmist:
Der Herr sprach zu meinem Herrn, setze dich zu meiner Rechten. Von der
Linken lesen wir in den Evangelien, daß die Verdammten am jüngsten Tage
auf diese Seite werden gestellt werden. Ferner ist in der heiligen Schrift
von einem Herzen, von einer Brust, einem Rücken, von einer hintern Seite
und von einem Angesichte die Rede. Im Buch der Richter heißt es,
daß Gott an David einen Mann nach seinem Herzen gefunden habe. Im
Evangelium lesen wir von jener Brust, an welcher ein Jünger lag und göttliche
Geheimnisse empfing. Der Psalrnist legt dem Rücken
des Herrn den Glanz des Goldes bei. Und bei Jeremias sagt Gott selbst:
Den Rücken und nicht das Angesicht werde ich
zeigen am Tage ihres Verderbens. Bei Moses sagt er: Du wirst mir hinten
nachsehen: aber mein Angesicht kann man nicht sehen. Von den Füßen
heißt es in den Psalmen: Finsternis ist unter seinen Füßen. - (nett)
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