Sie wollte ausziehbare Schwengel, selbstzündende Raketen, siedeheißes Öl aus Wachs und Kreosot. Sie würde einem den Pint abschneiden und ihn für immer drin behalten, wenn man es ihr erlaubte. Eine Möse unter Millionen, Llona! Eine Laboratoriumsmöse und kein Lackmuspapier, das ihre Farbe annehmen konnte. Sie war auch eine Lügnerin, diese Llona. Das Bett für ihren König Carol hat sie nie gekauft. Sie krönte ihn mit einer Whiskyflasche, und ihre Zunge war voll Unflat und Vertröstungen auf morgen. Armer Carol, er konnte nur in ihr zusammenfallen und sterben. Sie tat einen Atemzug, und er fiel heraus wie ein totes Muscheltier.
Ein riesiges, dickes Kaliber, avec des choses inouïes. Ein Koffer
ohne Riemen. Ein Loch ohne Schlüssel.
Sie hatte einen deutschen Mund, französische Ohren, einen russischen Hintern.
Möse international. Wenn die Flagge gehißt war, sah man bis zum Schlund hinauf
rot. Man kam am Boulevard Jules-Ferry hinein und an der Porte de la Villette
heraus. Man ließ seine Kalbsbrieschen in die Mistkarre fallen - eine rote Mistkarre,
mit zwei Rädern, versteht sich. Am Zusammenfluß von Ourcq und Marne, wo das
Wasser durch die Dämme gurgelt und wie Glas unter den Brücken liegt. Llona liegt
nun dort, und der Kanal ist voll Glas und Splitter. Die Mimosen trauern, und
an den Fensterscheiben rüttelt ein feuchter, dunstiger Furz.
Eine Möse unter Millionen, Llona! Ganz Möse und ein Glasarsch, in dem man die
Geschichte des Mittelalters lesen kann. - (wendek)
- Flaubert an seine
Mutter,
nach (
flb
)
Erschlaffung (3) Der zauberhafte Charakter
des Stierkampfes ist im Innersten gebunden an diese
Allüre einer religiösen Zeremonie (gültiger als alle
jene der modernen westlichen Religionen, die ihren tiefen Sinn verloren haben,
weil sie ein Opfer nur noch in symbolischer
Form zulassen), und ich glaube, damit er erregend sei, ist es weniger wichtig,
ob ein Kampf technisch gut oder schlecht ist; das Wesentliche liegt darin, daß
ein Mord an einem Tier nach den präzisen Regeln vollzogen
wird und daß dabei Lebensgefahr für den besteht, der
die Tötung ausführt. - (
leiris3
)
Erschlaffung (4) Nkolle legte sich
nieder und schlief ein. Die Frau legte sich nieder und schlief ein. Morgens
krähte der Hahn. Da schwoll das Glied Nkolles, wie dies bei Männern gewöhnlich
so ist. Die Frau war erwacht. Sie sah das Glied Nkolles steigen und wußte
nun, was das sei. Nkolle aber schlief und wußte es nicht. Die Frau näherte
sich nun dem Mann. Der Mann lag schräg auf der Seite. Die Frau tat ihre
Beine auseinander und stieg über ihn. Die Frau führte den Penis ein und
begann den Beischlaf. (Es ist bei den Bassonge auch heute noch beliebte
Sitte, daß die Frauen sich neben die Männer drängen und die eigentliche
Bewegung ausführen.) Als der erste Beischlaf vollzogen
war, stand die Frau auf, ging hinaus und wusch sich. Nkolle fühlte sich
aber wie zerschlagen und schlief wieder ein. Die Frau trat wieder herein
und fragte:» Nkolle, weshalb schläfst du?« Nkolle sagte: »Ach, ich bin
so schlaff.« - Leo Frobenius, Schwarze Sonne Afrika.
München 1996
Erschlaffung (5)
Erschlaffung (6) Das Schloß mußte wohl nicht recht in Ordnung sein, denn wie er die Kerze aufblies, schob sich dia Tür leise wieder auf, und in dem Lichtspalt erschien eine lächelnde! Carola, die sich näherte und immer näher kam ... "
Als er eine Stunde später ins Bewußtsein zurückkehrte, lag Carola schlafend in seinen Armen, ganz nackt. Er zog seinen linken Arm, der eingeschlafen war, an sich und rückte ein wenig ab. Sie schlief fest. Von der Straße her drang fahler Schein ins Gemach, und man hörte nichts als den gleichmäßigen Atem der Frau. Amadeus fühlte eine ungewohnte Erschlaffung des Leibes und der Seele, er entwand seine mageren Beine dem Lakengewirr, und auf dem Bettrande sitzend, weinte er bitterlich.
Wie vorhin Schweiß, so wuschen jetzt Tränen sein Antlitz und mischten sich mit dem Staube der Eisenbahn. Lautlos, pausenlos quoll dies Zährengerinnsel aus dem verborgenen Quell seines Inneren ... Er dachte an Arnica, an Blafaphas: oh, wenn die ihn jetzt sähen! Ach, seines Platzes bei ihnen war er nun nicht mehr : wert! . . . Dann gedachte er seiner erhabenen, so schnöde entweihten Mission und seufzte halblaut:
„Vorbei! Vorbei! Bin unwürdig geworden! . . . Alles vorbei!" Dies sonderbare Lamentieren weckte die Schläferin. Erstaunt sah sie den zähneklappernden, sich das Brüstlein zerhämmernden ,,Geschäftsreisenden" vorm Bett herumrutschen und vernahm seinen Notschrei: „Rette sich, wer kann! Es wanken die Grundfesten der Kirche ..." Schließlich griff sie ein:
„Aber was hast du denn, mein armes Papachen? Wirst mir doch nicht gar verrückt
werden!?" -
André Gide, Die Verliese des Vatikan. München 1975 (dtv 1106, zuerst 1914)
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