Wortparanoia   Die Natrium-Amytal-Sitzung rotiert durch Tschitscherins Gehirn, als ob er selbst es wäre, der den Kater davon hat. Tief reicht es hinunter, tief ... tiefer noch als Politik, als Sex, als die Schrecken aus der Kinderzeit ... ein Eintauchen in nukleare Schwärze ... Schwärze zieht sich durch das ganze Protokoll: immer wieder die Farbe Schwarz. Enzian oder das Schwarzkommando hat Slothrop nicht namentlich erwähnt. Aber vom Schwarzgerät hat er gesprochen. Und er hat «schwarz» als Vorsilbe mit einigen merkwürdigen Substantiven verbunden, in den deutschen Fragmenten, die in sein Gestammel eingestreut waren ... Schwarzfrau, Schwarzrakete, Schwarztraum ... er schien die neuen Wörter unbewußt zu bilden. Ob es eine gemeinsame Wurzel gibt, tiefer, als man ihn bisher erforscht hat, so daß die Slothropschen Schwarzworte nur scheinbar unabhängige Blüten derselben Pflanze wären? Oder hat er sich, über die deutsche Sprache, so angesteckt mit der deutschen Leidenschaft für das Benennen, das endlos immer feinere Untergliedern der Schöpfung, die Analyse, die den Benenner immer hoffnungsloser vom Benannten trennt, daß er endlich zu Spielarten der mathematischen Kombinatorik gelangen mußte bei diesem Wörterneubau aus bekannten Einzelteilen, zu dem verwirrten, ruinösen Spiel eines Chemikers, dessen Moleküle Wörter sind ... - Thomas Pynchon, Die Enden der Parabel. Reinbek bei Hamburg 1981
 
 

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