Schwarz  Ich stehe auf einem schwarzen Berge — und ringsum ist Alles schwarz — das ganze Land und das ganze Meer — schwarz!

Und der Himmel ist gleichfalls schwarz.

Und nun gehen überall am Horizonte in gleichen Abständen rote Sonnen auf — dunkelrote Sonnen!

Aber das Land bleibt dennoch schwarz — das Meer und der Himmel desgleichen.

Über mir gehen auch viele rote Sterne auf — dunkelrote Sterne!

Und die roten Sonnen steigen gleichmäßig höher.

Aber nur die Sonnen und Sterne sind rot.

Ihr rotes Licht leuchtet nicht - es ist nur für sie - nicht für uns!

Alles, was nicht Sonne und nicht Stern ist, bleibt schwarz. - Paul Scheerbart, Immer mutig! Ein phantastischer Nilpferderoman mit 83 merkwürdigen Geschichten. Frankfurt am Main 1990 (zuerst 1902)

Schwarz (2)

Schwarz (3)    Lloyd redete sich warm, sprach in seiner nervösen, stoßweisen Art und begann Betrachtungen über die Eigentümlichkeiten und Möglichkeiten der Unsichtbarkeit anzustellen. Ein völlig schwarzer Gegenstand würde sich, wie er behauptete, dem schärfsten Auge entziehen. «Farbe ist ein Sinneseindruck», sagte er, «ohne objektive Realität. Ohne Licht können wir weder die Farbe noch die Dinge selbst sehen. Alle Dinge sind im Dunkeln schwarz, und im Dunkeln ist es unmöglich, sie zu sehen. Wenn kein Licht auf sie fällt, wird auch kein Licht auf das Auge zurückgeworfen, das uns daher keine Bestätigung ihrer Existenz gibt.»

«Aber wir sehen doch im Tageslicht schwarze Dinge», wandte ich ein.

«Sehr richtig», fuhr er eifrig fort. «Und das kommt daher, weil sie nicht völlig schwarz sind. Wären sie völlig schwarz, absolut schwarz sozusagen, so könnten wir sie nicht sehen. Ja, wir würden sie nicht sehen, und wenn es im Lichte von tausend Sonnen wäre. Und deshalb sage ich, daß man mit den richtigen Farbstoffen in der richtigen Mischung eine absolut schwarze Farbe erzeugen können müßte, die alles, was damit bestrichen würde, unsichtbar macht.»

«Das wäre eine merkwürdige Entdeckung», sagte ich zurückhaltend; denn es erschien mir zu phantastisch, um etwas anderes zu sein als bloße Spekulation.

«Merkwürdig - » Lloyd schlug mich auf die Schulter - «ja, das sollte ich meinen. Wenn ich mich selbst mit einer solchen Farbe anstreichen würde, mein Junge, dann könnte ich mir die Welt zu Füßen legen. Die Geheimnisse der Könige und der Höfe würden vor mir entschleiert, das Ränkespiel der Diplomaten und Politiker, die Manöver der Börsianer, die Pläne der Truste und Verbände. Ich könnte meine Hand an den geheimsten Puls der Ereignisse halten und würde zur größten Macht der Welt werden - »  - Jack London, Der Schatten und das Funkeln. In: J. L., Die konzentrischen Tode. Stuttgart 1983  (Die Bibliothek von Babel, Bd. 14, Hg. Jorge Luis Borges)

Schwarz (4)   SCHWARZ ist das Nichts ohne Möglichkeiten, Abschluß für alle Zeiten. Jede andere Farbe klingt auf diesem Schweigen stärker.  - Wassily Kandinsky, nach: Walter Hess (Hg.), Dokumente zum Verständnis der modernen Malerei. Reinbek bei Hamburg 1964 (rde 19)
 
 

Farbe

 

  Oberbegriffe
zurück 

.. im Thesaurus ...

weiter im Text 
Unterbegriffe

 

Verwandte Begriffe
Synonyme