rientierung  Es war erwiesen, daß wir hie und da in großer Entfernung ein Universum passierten (oder umgekehrt, daß ein Universum in großer Entfernung uns passierte), doch wußte man nicht, ob es viele im Raum verstreute Universa waren oder ob es immer dasselbe Universum war, das wir immer wieder kreuzten, während wir in geheimnisvoller Flugbahn rotierten, oder ob es hinwiederum überhaupt kein Universum gab und dasjenige, das wir zu sehen glaubten, das Trugbild eines Universums war, das vielleicht einmal bestanden hatte und dessen Bild nun unaufhörlich von den Wänden des Raumes abprallte, wie der Widerhall eines Echos. Aber es war auch denkbar, daß die Universa sich immer dort befunden hatten, ganz in unserer Nähe, und nicht daran dachten, sich zu bewegen, und daß auch wir uns nicht bewegten, daß alles für alle Zeiten stillstand, ohne Zeit, in einem Dunkel, das lediglich durch das jähe Aufblitzen punktiert wurde, wenn es etwas oder jemandem gelang, sich für einen Augenblick von dem trüben Nichtvorhandensein der Zeit freizumachen und den Anschein einer Bewegung anzudeuten. - Italo Calvino, Kosmokomische Geschichten. Frankfurt am Main 1969 (zuerst 1965)

Orientierung  (2) Am ehemaligen Carrefour des Oublies angekommen findet Monsieur Traum die Rue Croquette nicht mehr. Hm, das war doch hier, wo die Dingsbumsstraße in die andere mündet, wie heißt sie gleich... Sollten die auch ihre Namen geändert haben?

Er sucht seine Brille, findet sie nicht und wendet sich an einen Vorübergehenden. Könnten Sie mir bitte sagen wo die Rue Croquette ist?

Der Mann, der schwerhörig ist, sagt was ist? Monsieur Traum wiederholt.

Der andere lächelt belustigt und sagt, machen Sie sich keine Gedanken, wir werden sie bald für Sie finden. Und Monsieur Traum erinnert sich plötzlich daß die Rue Croquette die Straße der Leichenbestattungsanstalt ist. Was wollte er hier ? Er überlegt, es fällt ihm nicht ein. Doch plötzlich ist es da, er hat die Konditorei Clopette gesucht, die so guten Kuchen machte.

Armer Kopf, armer verfressener Alter.

Er verwechselt die Straße, um nach Hause zu kommen, und fragt einen Vorübergehenden... Et cetera.  - Robert Pinget, Tintenkleckse. Monsieur Traums letztes Notizheft, Berlin 1997

Orientierung  (3) Von ihrem Platze aus musterte Goldlotos ihrerseits verstohlen, ohne die Pupillen zu verdrehen, die vier anderen Frauen. Da war zunächst Mondfrau, die sie auf siebenundzwanzig Jahre schätzte. Ein Antlitz ebenmäßig blank wie eine Silberschale, die Augen rund und frisch wie Aprikosen. Ihre Bewegungen sanft und geschmeidig, ihre Haltung würdig, knapp und gemessen ihre Sprache. Dann Li Kiao'rl, die ehemalige Sängerin aus dem Freudenhaus. Eine etwas üppige, behäbige Schönheit. Zwar fraglos eine Kurtisane von Klasse, aber in der Liebestechnik Goldlotos doch weit unterlegen. Mong Yü Eoh, die dritte, eine Dreißigerin. Von Aussehen eine Birnenblüte, die Taille geschmeidig wie eine Weidengerte, groß und verführerisch die Figur. Im melonenrunden Gesicht hier und da kleine Tupfen, die ihre natürliche Schönheit keineswegs beeinträchtigten. Unter ihrem Jupon zwei Füßchen von genau den gleichen Abmessungen wie die von Goldlotos. Schließlich Sun Hsüe O, die als Zofe im Haus groß geworden war. Vollschlank, etwas untersetzt. In der Kochkunst ebenso vollkommen wie im Tanzen und Tellerjonglieren. In raschem Überblick hatte sich Goldlotos soweit wie möglich die charakteristischen Merkmale eingeprägt. - Kin Ping Meh oder Die abenteuerliche Geschichte von Hsi Men und seinen sechs Frauen. Frankfurt am Main 1970

Orientierung  (4)  

- N. N.

Orientierung  (5)  Wie orientiert man sich in einer völlig wirren gesellschaftlichen Landschaft, sagte Wilpert. Sie meinen mit dem Auto? Nein, sagte Wilpert, wenn ich verstehen will, was das für mich bedeutet: Kriegsgefahr, internationale Industrie, Elternliebe, Schicksal, Gott. Na, na, na! sagte Beierlein, das ist ein großer Happen. Da kommen Sie nur klar, wenn Sie das graphisch darstellen. Sie können es nur graphisch ordnen.

Wilpert war aber heute nicht zufriedenzustellen. Die Hitze zog sich schon von Mai über Juni, Juli und August hin, ohne Regentage, ohne richtige Unterteilung in Frühling, Sommer und Herbst, eine Dauerwurst von Wetter, die die Nerven schädigte. - (klu)

Orientierung  (6) Die verschiedenen Arten des Zurechtfindens:

10. Die Art der Ortsbestimmung richtet sich nach den Sichtverhältnissen: Zurechtfinden hei Tag, hei Nacht und bei Nebel oder Schneesturm.

11. Bei Tag liegen für das Zurechtfinden meist die einfachsten Verhältnisse vor, da auch weit entfernte Geländepunkte zur Ortsbestimmung herangezogen werden können.

Die Himmelsrichtungen ergeben sich nach dem Stand der Sonne. Sie steht um 6 Uhr im Osten, um iz Uhr im Süden, um 18 Uhr im Westen [gilt für Ostheer]. Der Schatten zeigt jeweils in die entgegengesetzte Richtung.

12. Ist die Sonne bei bedecktem Himmel nicht zu sehen, so bietet in bedecktem Gelände die mit Moos und Flechten bewachsene Wetterseite von alleinstehenden Bäumen, Stangen oder Holzschuppen einen gewissen Anhalt für die Himmelsrichtungen. Die Wetterseite zeigt in allen europäischen Ländern im allgemeinen nach Westen, in Rußland auch nach anderen Richtungen [rechtzeitig mit Kompaß feststellen!].

13. Weitere Hilfsmittel zum Festhalten der Richtung sind:

Die Richtung des eigenen Schattens. Die Veränderung des Sonnenstandes ist zu berücksichtigen, die gleichlaufenden Schneewehen [Schneegangeln] auf großen, ebenen Flächen [Schneegangeln stets im gleichen Winkel schneiden!], der in vielen Gebieten oft gleichmäßige Verlauf von Höhenwellen und Bachläufen.

14. Bei schattenloser Beleuchtung [diffuses Licht] ist es zweckmäßig, künstliche Schatten zu erzeugen. Beispiel: Verfolgen einer schwer sichtbaren Spur im Schnee. Ein Mann stellt sich mit Handschlitten dicht neben die Spur und erzeugt dadurch einen auf der Spur liegenden Schatten. Dieser kann von einem 2 m dahinter stehenden zweiten Mann deutlich wahrgenommen werden. Beim Marschieren weist der zweite den ersten durch Zuruf derart ein, daß der Schlitten die zu verfolgende Spur stets beschattet. - (klu)

Orientierung  (8) 

 

Richtung Lage

 

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Verwandte Begriffe

Desorientierung

Synonyme

Antonym