Geographie  Einmal bewiesen, daß die Ameisen die wahren Herrinnen der Schöpfung sind (der Leser kann es für Hypothese oder einen schnakischen Einfall nehmen; ein bißchen Anthropofugismus wird ihm auf alle Fälle guttun), hier eine Seite aus ihrer Erdbeschreibung: (S. 84 des Buches; in Klammern die mutmaßlichen Entsprechungen bestimmter Ausdrücke nach der klassischen Interpretation von Gaston Loeb.)

». . . parallele Meere (Flüsse?). Das grenzenlose Wasser (ein Meer?) wächst in bestimmten Augenblicken wie ein EfeuEfeuEfeu (Vorstellung einer sehr hohen Wand, die die Flut ausdrücken soll?). Wenn man geht-gehtgehtgeht (auf die Entfernung angewandter Ataalo-giebegriff), gelangt man zu dem Großen Grünen Schatten (ein Saatfeld, ein Gehölz, ein Wald?), in dem der Große Gott für seine Besten Arbeiterinnen die immerwährende Kornkammer schuf. In dieser Gegend wimmelt es von den Schrecklichen Ungeheuren Wesen (Menschen?), die unsere Pfade zertreten. Auf der anderen Seite des Großen Grünen Schattens beginnt der Harte Himmel (ein Gebirge?). Und alles ist unser, aber nicht ungefährdet.«

Diese Geographie haben Dick Fry und Niels Peterson jr. zum Gegenstand einer anderen Interpretation gemacht. Danach trifft unser Abschnitt topographisch auf ein Gärtchen in der Lapridastraße 628 in Buenos Aires zu. Die parallelen Meere sind zwei kleine Abflußrinnen; das grenzenlose Meer ist ein Entenpfuhl, der  Große Grüne Schatten ein Beet Kopfsalat.    - (cron)

Geographie (2)  In Viareggio war ich verhältnismäßig oft, sieben oder acht Mal, öfter als in München und weniger oft als in Antwerpen. In Antwerpen bin ich aufgewachsen, es ist durch etwas berühmt, was ich vergessen habe, möglicherweise Froschschenkel. Wenn es Froschschenkel sind, so werden sie exportiert, und die Antwerpener kauen verdrossen auf schenkellosen Fröschen. Aber wie gesagt, ich kann mich irren, vielleicht handelte es sich um Damhirsche oder Brieftauben, irgendwas mit Natur war es jedenfalls, soweit trügt mich die Jugenderinnerung nicht.

In München war ich nur einmal, auf der Durchreise, zwanzig Minuten. Eine Limonade mit Geschmack verbinde ich damit. Ich weiß nicht, ob ich als Kind dort war oder als Großvater, jedenfalls ist es lange her.

Nun aber Viareggio selbst. Es liegt in Galizien, gleich hinter der portugiesischen Grenze, und ist berühmt durch seine Fußballmannschaft, die Schwarz-Roten, die zum Beispiel Lokomotive-Karlmarxstadt schon mehrfach geschlagen haben, das letzte Mal sogar eins null.  - (eich)

Geographie (3) Immer wieder setzt es mich in Erstaunen, wenn ich sehe, wie gleichgültig den Menschen ihre Freuden sind, wie gering sie sie schätzen, daß sie es unterlassen, deren Bereiche zu erweitern. Sie machen mir den Eindruck von Leuten, die sich nur die Hände und das Gesicht waschen, weil sie glauben, die Zonen der Lust auf sie beschränken zu müssen. Wenn einige von ihnen zufällig Wonnen kosten, sind sie noch lange nicht darauf bedacht, daß diese sich wiederholen. Kein System, kein Versuch, das Vergnügen zu kodifizieren. Unbegreiflich, wie sie von Zeit zu Zeit noch für das empfänglich sind, was sie komischerweise Laster nennen. Sie pflegen ihre Kopfhaut nicht und aus Bequemlichkeit lassen sich ihre Friseure die Gelegenheit entgehen, diesen Ignoranten ein Wohlbehagen zu bereiten, das zu schenken ihnen ein leichtes wäre. Ich glaube nicht, daß diese Geographie der Lust, die im Leben eine einzigartige Entschädigung für all den Verdruß wäre, je gelehrt worden ist. Niemand hat daran gedacht, sich seine Grenzen vom Schauder, seine Bereiche von der Liebkosung und sein Vaterland von der Wollust bestimmen zu lassen. Grobe Lokalisierungen, das ist es, was den Menschen davon dispensierte, persönliche Erfahrungen zu machen! Eines Tages vielleicht werden die Gelehrten den menschlichen Körper unter sich aufteilen, um an ihm die Mäander der Lust zu studieren: Sie werden dieses Studium geradeso lohnend finden wie jedes andere, das den Menschen ganz in Anspruch nimmt. Sie werden Atlanten herausgeben, deren aufmerksame Lektüre man den Herrn Friseuren wird empfehlen müssen. Sie werden so lernen, ihre Finger auf den Schädeln umherwandern zu lassen: sie werden lernen, sie in Höhe der Winkelnaht, wo das Wohlbehagen seinen Höhepunkt erreicht, zu verhalten, und sie von dort plötzlich zur Schuppennaht hin auszuspreizen, wo unter der Einwirkung der Massage unvermittelt andere Nervengruppen zum Tanz antreten und dabei merkwürdige Stiche zu den Ohren und den benachbarten Halspartien aussenden. Vom Gesicht will ich gar nicht erst sprechen: sollen sie nur lernen, die Aufhebemuskeln der Nasenflügel zum Zittern zu bringen, und schon wird man sie für geschickte Masseure halten.  - (ara)
 
 

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