iedermeier
Heun, Karl Gottl. Samuel (1771-1854), geh. preußischer Hofrat und als solcher
in hohen Stellen tätig, als Schriftsteller unter dem Pseudonym H. Clausen einst
der beliebteste Unterhaltungsschriftsteller des Vormärz, dessen Name aber allmählich
zu dein Inbegriff niedriger, mit einem sentimentalen und moralischen Mäntelchen
drapierter Lüsternheit wurde. Raffinierte Sinnlichkeit nahm bei ihm die Maske
der Unschuld vor und seine Frauen und Mädchen hatten sich alle einmal im Bordell
umgesehen, was sie bei abgezogener Maske »durch die Blume« zu verstehen gaben,
um sich mit der Maske wieder ihre Unschuld vorzustecken. Ueberall versteht er,
ganz harmlos die Sinne zu kitzeln und mit allem Anstand in seinen Erzählungen
plötzlich faunisch zu lächeln, wie seine Frauengestalten, es sei an den typischsten
Fall seiner »Mimili« erinnert, Naturkinder heucheln wollen, die sich in aller
ihrer »reizenden Naivität« und Unschuld gelegentlich unter die Röcke gucken
und nach dem Strumpfband greifen lassen. Bezeichnend für den Geschmack der lüsternen
Biedermeierzeit ist es, daß seine Bücher trotz der genialen Verspottung durch
Hauff (»Der Mann im Monde«) dennoch unglaublichen Absatz fanden. - (
erot
)
Biedermeier (2)
Biedermeier
(3)
Das Empfangszimmer war ein blaßrosa Salon mit einer Menge von
Bildern in schweren Goldrahmen, mit Jagdszenen und schneebedeckten Bergen. Es
gab auch Bilder mit nackten Mädchen, die vor Türken und Arabern tanzten. Auf
Sockeln standen Marmorstatuen von nackten Mädchen, die Bäume umarmten und an
Blumen rochen. Die Möbel glänzten hellbraun. Später erfuhr ich, daß man das
"Biedermeier" nannte und daß sie von Deutschland herübergebracht worden
waren. Von der Decke hingen Öllampen mit roten und grünen Glasschirmen, die
mit Blumen bemalt waren oder mit Mädchen, die durch Buschwerk liefen und von
zotteligen Männern mit kleinen Hörnern und Ziegenbeinen und großen, steifen
Pimmeln verfolgt wurden. An einer Wand stand ein gemauerter Ofen mit bunten
Kacheln. Hohe Vasen mit irgendwelchen getrockneten Ästen standen auf dem Fußboden.
Ich kann mich heute noch an jedes Stück im Salon erinnern. Zig
war sehr stolz auf die Einrichtung und wies immer darauf hin, daß die Ölgemälde
„echt handgemalt und von den besten deutschen Künstlern aus Düsseldorf wären. - Nell Kimball, Madame
- Meine Mädchen, meine Häuser. Hg. Stephen Longstreet. Frankfurt am Main, Wien und
Berlin 1982 (entst. ca. 1917-1932)
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