aun  Theo schien sich zu freuen. Er lächelte nicht mehr, aber in seinen Augen funkelte es seltsam. Maigret mußte unwillkürlich an einen alten Faun denken. Wie ein boshafter Gott thronte dieser Mann hier inmitten des Dorfes, wußte, was hinter jeder Mauer vorging, hinter jeder Stirn, und amüsierte sich königlich über das Schauspiel, das sich ihm bot.

In dem Kommissar sah er weniger einen Feind als jemand seinesgleichen. Sie sind ganz hübsch ausgekocht, schien sein Blick zu sagen. In Paris gelten Sie als Kanone. Dort kommen Sie hinter alles, was man Ihnen zu verbergen sucht Aber hier in Samt-André bin ich Ihnen überlegen. Versuchen Sie nur, den Leuten in die Karten zu gucken, etwas aus ihnen herauszuholen! Es wird sich ja zeigen, ob etwas dabei herauskommt.

Die ungewaschene, reizlose Maria war also seine Geliebte. Und auch an Madame Gastin, die weiß Gott keine weiblichen Reize besaß, hatte er sich herangemacht. Von früh bis spät saß er beim Wein, war nie ganz betrunken, lebte in seiner eigenen Welt, die sehr komisch sein mußte, denn er lächelte ständig. Auch die alte Leonie hatte die kleinen Geheimnisse des Dorfes gekannt, aber sie hatten auf sie wie ein Gift gewirkt, das sie, so oder so, wieder verspritzen mußte.

Theo dagegen beobachtete das Treiben der Leute, neckte sie zuweilen, erwies ihnen Gefälligkeiten, stellte ihnen Bescheinigungen aus, die ihnen zu jenen staatlichen Unterstützungen verhalfen, über die sich der Briefträger so ärgerte und die er mit dem Gemeindestempel versah, den er immer bei sich trug.

Nichts und niemand nahm er ernst. - Georges Simenon, Maigret und die schrecklichen Kinder. München 1972 (Heyne Simenon-Kriminalromane 7, zuerst 1963)

 Faun (2)

 Faunsmaske

- "Meister B.", ca. 1595)

Faun (3)

FAUNSKOPF

In des Gelaubes golddurchwirktem Schrein,
Im leise schwankenden Gelaub, wo hängend
In blühender Blumen Glanz der Kuß schlief ein,
Zeigt funkelnd und die feine Stickerei zersprengend,

Die beiden Augen ein verwirrter Faun
Und beißt die roten Blumen mit den weißen Zähnen:
Es glänzen ihm gleich altem Weine, blutig-braun,
Die Lippen im Gelächter durch der Äste Strähnen.

Und wenn — Eichhörnchen gleich — er sich davongemacht, Erzittert sein Gelächter noch an allen Zweigen.
Und man erblickt, schreckvoll durch einen Fink erwacht,
Den goldnen Kuß des Waldes, neu in Schweigen.

- Arthur Rimbaud, nach (rim)

Faun (4)   Ein faunartiger Prämonstratenser im lustigen Frankenlande fragte mich einst selbst am heiligen Bernhardusfest: „Welcher Heilige hat vier Hinterbacken?" (Die Auflösung dieses  Rätsels, das ich selbst nicht erraten habe, muß ich meinen Lesern überlassen und will sie bloß an das Sanctum Matrimonium  erinnern.)   - (kjw)

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