ransformation  Das letzte Bild erstarrte, und die Zeit existierte nicht mehr für ihn. Obwohl er die Augen geschlossen hatte, konnte er seine Umgebung noch immer erkennen - die Flucht war beendet, er war dem, was ihn verfolgte, entkommen. Das bedeutete, daß seine Nervenimpulse nicht mehr behindert wurden; er registrierte die Gegenwart von Licht in den Gehirnzellen, die der optischen Wahrnehmung dienten.

Er ruhte eine Weile aus, obwohl der Ausdruck »eine Weile« keine Bedeutung mehr besaß. Dann, allmählich, erfolgte die Transformation. Er sah das Muster, die Matrix seines eigenen Gehirns. Er befand sich in einer Welt, die aus seinem Gehirn bestand, und hier und dort, wie kleine Flüsse aus leuchtendem Rot, strömte lebende Information hin und her. Er konnte hinausgreifen und seine eigenen Gedanken in ihrem Urzustand berühren, bevor sie Gedanken wurden. Sie erfüllten die Umgebung mit ihrem Feuer, und der Raum dehnte sich, sein eigenes Gehirn, das sich nach außen gekehrt hatte.

Nach und nach durchdrang er die äußere Welt, so daß sie von ihm aufgenommen wurde. Das Universum war nur in ihm, sein Gehirn war außerhalb und überall. Es blähte sich zu ungeheurer Größe auf, weit größer, als das Universum jemals gewesen war. Deshalb kannte er die Ausdehnung aller Dinge, waren sie doch er selbst, und weil er die Welt in sich aufgenommen hatte, kontrollierte er sie.

Er entspannte sich - und dann konnte er die Umrisse des Zimmers erkennen, den Kaffeetisch, einen Stuhl, Wände, Bilder an den Wänden - es war ein geisterhaftes Abbild aus dem externen Universum. Er nahm ein Buch vom Tisch und schlug es auf. Dort fand er seine eigenen Gedanken in gedruckter Form niedergelegt. Die Gedanken waren entlang der Zeitachse angeordnet, die räumlich geworden und die einzige Achse war, an der man sich entlangbewegen konnte. Wie in einem Hologramm sah er seine Gedanken - nach ihrem Alter aufgereiht; die neuesten waren ganz nah an der Oberfläche, die älteren tiefer - in zahllosen aufeinanderfolgenden Schichten angeordnet.

Er betrachtete die äußere Welt, die sich nun auf knappe geometrische Formen, zumeist Quadrate, und das Goldene Dreieck als Tor, reduziert hatte. Nur das Bild jenseits des Tores bewegte sich, wo seine Mutter glücklich an verfilzten alten Rosenbüschen vorbei über ein Feld rannte, das sie aus ihrer Kindheit kannte. Sie lächelte, und ihre Augen glänzten vor Glück.

Und jetzt, dachte Emmanuel, werde ich das Universum verändern, das ich in mir aufgenommen habe.  - Philip K. Dick, Die VALIS-Trilogie. München 2002 (zuerst 1981 f.)

Transformation (2) Es gilt, die unmittelbar bevorstehende Identifikation des Menschen mit der Maschine vorzubereiten, indem man einen ununterbrochenen Austausch von Intuition, Rhythmus, Instinkt und metallischer Disziplin erleichtert und vollendet, wovon die Mehrheit noch keinerlei Begriff hat und nur die erleuchtetsten Köpfe etwas ahnen.

 Akzeptiert man Lamarcks transformistische Hypothese, so wird man sicher anerkennen, daß wir die Schaffung eines a-humanen Typus anstreben. Gewissenspein, Güte, Gefühl und Liebe stellen nichts als zerfressende Gifte der unerschöpflichen vitalen Energie dar, bloße Barrieren für den Fluß unserer mächtigen physiologischen Elektrizität. Sie werden eliminiert werden.

Wir glauben an die Möglichkeit einer unabsehbaren Zahl menschlicher Verwandlungen und erklären in vollem Ernst, daß im Fleisch des Menschen Flügel schlafen.

Wenn es dem Menschen möglich sein wird, seinen Willen in der Weise Gestalt annehmen zu lassen, daß er sich außerhalb seiner wie zu einem immensen, unsichtbaren Arm verlängere, werden Traum und Begehren, heute nichts als leere Worte, souverän über den gebändigten Raum und die gezähmte Zeit herrschen.

Der für eine allgegenwärtige Geschwindigkeit geschaffene a-humane und mechanische Typus wird natürlich grausam, allgegenwärtig und kampfbereit sein. - F.T. Marinetti, Der multiplizierte Mensch und das Reich der Maschine

Transformation (3)  Unter »Schöpfung« versteht man einerseits den Vorgang, durch den etwas Neues geschaffen wird, und andererseits das Ergebnis dieses Vorgangs, also das neu geschaffene Objekt. Nun wird aber Neues stets aus Vorhandenem geschaffen, so dass wir es eigentlich immer nur mit Transformationsprozessen zu tun haben. Wenn das Neue andere Eigenschaften aufweist als die ursprünglichen Komponenten, geben wir ihm eine eigene Bezeichnung, und damit hat es zumindest im Geiste eine eigenständige Existenz. Physik, Chemie oder Biologie kennen überhaupt nur Transformationsprozesse. Das heißt allerdings nicht, dass man das Ergebnis dieser Umwandlungen in jedem Fall vorhersehen könnte, wenn man die ursprünglichen Komponenten und die in dem betreffenden Gebiet herrschenden Gesetze kennt. Selbst der beste Chemiker oder Biologie hätte angesichts der »Suppe« aus Quarks, die einst das Uruniversum bildete, kaum vorhersagen können, dass daraus einmal ein wunderschöner Strauß Rosen oder auch nur ein Wassermolekül hervorgehen würde.

Gelegentlich unterscheiden sich »neue Objekte« so radikal von ihren ursprünglichen Komponenten, dass man darin das Werk eines allmächtigen, außerhalb der Welt stehenden Willens erblicken möchte. Lange Zeit glaubte man, organische Moleküle, die einen wichtigen Bestandteil aller Lebewesen bilden, könnten nicht aus anorganischen (auch als mineralisch bezeichneten) Molekülen hervorgehen, die vielfach eine einfachere Struktur haben. Diese Hypothese wurde erst 1828 widerlegt, als der Chemiker Friedrich Wöhler erstmals Harnstoff aus mineralischen Molekülen herstellte.- Natürlich gibt es keinen Beweis für die These, dass sämtliche Objekte der Welt letztlich voneinander ableitbar seien. Und noch niemandem ist es gelungen, Leben oder gar einen Menschen aus unbelebten Molekülen zu erzeugen. Die Verallgemeinerung des Transformationsprinzips ist daher lediglich eine verführerische und überaus nützliche Hypothese, die unsere Forschung anleiten kann, nicht aber universell bewiesen wäre.  - (thes)

 

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