eränderung
Nun, da so vieles anders wird, ist es nicht an uns, uns zu verändern? Könnten
wir nicht versuchen, uns ein wenig zu entwickeln, und unseren Anteil Arbeit
in der Liebe langsam auf uns nehmen nach und nach? Man hat uns alle ihre Mühsal
erspart, und so ist sie uns unter die Zerstreuungen geglitten, wie in eines
Kindes Spiellade manchmal ein Stück echter Spitze fällt und freut und nicht
mehr freut und endlich daliegt unter Zerbrochenem und Auseinandergenommenem,
schlechter als alles. Wir sind verdorben vom leichten Genuß wie alle Dilettanten
und stehen im Geruch der Meisterschaft. Wie aber, wenn wir unsere Erfolge verachteten,
wie, wenn wir ganz von vorne begännen die Arbeit der Liebe
zu lernen, die immer für uns getan worden ist? Wie, wenn wir hingingen und Anfänger
würden, nun, da sich vieles verändert. - Rainer Maria Rilke, Die Aufzeichnungen des Malte Laurids
Brigge. Fankfurt am Main 2000 (it 2691, zuerst 1910)
Veränderung (2) In der Apokalypse (X, 5, 6) »hebt ein Engel seine Hand auf gen Himmel, und schwört bei dem Lebendigen von Ewigkeit zu Ewigkeit, der den Himmel erschaffen hat u.s.w.: »daß hinfort keine Zeit mehr sein soll«.
Wenn man nicht annimmt, daß dieser Engel »mit seiner Stimme von sieben Donnern«
(V. 3) habe Unsinn schreien wollen, so muß er damit gemeint haben, daß hinfort
keine Veränderung sein soll; denn wäre in der Welt noch Veränderung, so wäre
auch die Zeit da, weil jene nur in dieser Statt finden
kann, und, ohne ihre Voraussetzung, gar nicht denkbar ist. - Immanuel
Kant, Das Ende aller Dinge
Veränderung (3) Das Leben ist eine Vereinigung des Gemütes und der Seelen: Es ist aber der Tod nicht eine Verderbung von den zusammengesetzten Dingen, sondern eine Auflösung von der Vereinigung.
Darum ist die Ewigkeit das Bild GOTTes und die Welt das Bild der Ewigkeit, die Sonne das Bild der Welt, der Mensch das Bild der Sonne.
Das gemeine Volk nennt allein die Veränderung einen Tod. weil das Leben wird aufgelöst und das Leben in das Verborgene eintritt.
Mein allerliebster Hermes! Ich sage demnach, gleichwie du hörst, dass die Welt wohl wird verändert, weil täglich ein Teil derselben in das Verborgene geht, aber nicht so, dass dieselbe wird aufgelöst.
Und das sind die Passionen oder
Leidenschaften der Welt, nämlich die Umläufe und die Verbergungen, das Umlaufen
ist die Veränderung, und die Verbergung ist die Erneuerung.
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Corpus
Hermeticum
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