„Von Ohngefähr" - das ist der älteste Adel der Welt, den gab ich allen Dingen zurück, ich erlöste sie von der Knechtschaft unter dem Zwecke.
Diese Freiheit und Himmels-Heiterkeit stellte ichi gleich azurner Glocke über alle Dinge, als ich lehrte, daß über ihnen und durch sie kein "ewiger Wille" - will.
Diesen Übermut und diese Narrheit stellte ich an die Stelle jenes Willens, als ich lehrte: „bei allem ist Eins unmöglich -- Vernünftigkeit!"
Ein wenig Vernunft zwar, ein Same der Weisheit zerstreut von Stern zu Stern, - dieser Sauerteig ist allen Dingen eingemischt: um der Narrheit willen ist Weisheit allen Dingen eingemischt!
Ein wenig Weisheit ist schon möglich; aber diese selige Sicherheit fand ich an allen Dingen: daß sie lieber noch auf den Füßen des Zufalls - tanzen.
O Himmel über mir, du Reiner! Hoher! Das ist mir nun deine Reinheit, daß es keine ewige Vernunft-Spinne und Spinnennetze gibt: -
- daß du mir ein Tanzboden bist für göttliche Zufälle, daß du mir ein Göttertisch
bist für göttliche Würfel und Würfelspieler! - Friedrich Nietzsche, Also sprach Zarathustra (zuerst 1885)
Tanzboden (2,
argentinischer) Ich
möchte hier einfügen, daß ich in diese Milonga wegen der Monstren
ging, ich kenne keine zweite, wo so viele zusammenkommen. Sie erscheinen um
elf Uhr nachts, kommen aus obskuren Gegenden der Stadt, ruhig und selbstsicher,
allein oder zu zweit, die Frauen fast Zwerge und von gelbrötlicher Gesichtsfarbe,
die Macker wie Javaner oder Mocovies, in engsitzenden karierten oder schwarzen
Anzügen, das kräftige Haar mit viel Fleiß gebändigt, Tröpfchen von Brillantine,
die im Licht blau und rosa schillern, die Frauen mit enormen Hochfrisuren, die
sie noch zwergenhafter machen, schwierige, komplizierte Frisuren, und daher
ihre Müdigkeit und ihr Stolz. Den Männern gefällt es dagegen, sich das Haar
aufzukämmen und oben zusammenzubinden, riesige weibische Pferdeschwänze, die
überhaupt nicht zu dem brutalen Gesicht darunter passen, dem nur auf die Gelegenheit
wartenden aggressiven Gebaren, dem imponierenden Brustkasten über schlanker
Taille. Sie sind sich ihrer Stärke bewußt und bewundern sich im stillen, ohne
es sich anmerken zu lassen, es ist ihr Tanzsaal und ihr Treffpunkt, die Nacht
der Farbigen. (Für den Zettelkasten: woher kommen sie, welche Tätigkeiten üben
sie aus, daß man sie tagsüber nicht sieht, welche obskuren Frondienste isolieren
sie und halten sie im Verborgenen.) Sie kommen um diese Zeit, die Monstren treten
mit feierlicher Hochachtung aufeinander zu, Raum um Raum drehen sie sich langsam
im Kreise, ohne zu sprechen, viele mit geschlossenen Augen, endlich die Gleichheit,
die Ergänzung genießend. In den Pausen erholen sie sich, an den Tischen prahlen
sie und die Frauen unterhalten sich kreischend, damit man sie beachte, dann
blicken die Macker noch finsterer, ich habe schon eine Ohrfeige sausen sehen,
die einer schielenden Mestizin in Weiß, die gerade Anislikör trank, das Gesicht
verdrehte und die halbe Frisur ramponierte. Und dann dieser Geruch, die Monstren
sind unvorstellbar ohne diesen Geruch nach feuchtem Talkumpuder, nach faulem
Obst, man vermutet, daß sie sich nur flüchtig waschen, einmal kurz mit dem nassen
Lappen übers Gesicht und unter die Achseln, danach das Wichtigste, Gesichtswasser,
Wimperntusche, der Puder auf dem Gesicht all dieser Frauen, eine weißliche Kruste,
durch die braune Placken durchscheinen. - (
best
)
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