parsamkeit
Übrigens ist man im Orient immer wieder verblüfft von dem Raum, der den
Ahnen auf dieser Welt überlassen bleibt. Die Friedhöfe sind riesengroß und ohne
Zahl. Man begegnet ihnen überall. In Kairo nehmen die Gräber mehr Platz ein
als die Häuser. Ganz anders bei uns, wo der Boden teuer ist. Da zählen die Abgeschiedenen
nicht mehr. Man schichtet sie über- und nebeneinander, irgendwo in einem Winkel
vor der Stadt. Die Marmorplatten und Holzkreuze decken Generationen, die seit
Jahrhunderten hier verscharrt wurden. Es ist eine Müllgrube der Toten nächst
den Stadttoren. Man läßt ihnen gerade noch Zeit, ihre Formen in der von menschlicher
Fäulnis fettgewordenen Erde zu verlieren, ihr zerfallendes Fleisch diesem Leichenlehm
beizumischen — und schon kommen neue — ohne Unterlaß. Da in den Nachbargründen
das Gemüse für die Lebendigen gezogen wird, durchwühlt man diesen menschenfressenden
Boden mit Hacke und Spaten, entreißt ihm das Geben, auf das man stößt, Schädel,
Arme, Beine, Rippen von Männern, Weibern und Kindern, die hier vergessen und
durcheinander umherliegen. Man wirft sie achtlos in einen Graben und offeriert
den neuen Toten, denen, deren Namen man noch weiß, den Platz, den man den anderen
gestohlen hat, die niemand mehr kennt, die das Nichts endgültig und gänzlich
zurückgenommen hat; denn man muß sparen in der zivilisierten Gesellschaftsordnung.
- (err)
Sparsamkeit (2) Was die Sandrier angeht,
so hatte sie viele Liebhaber. Saint-Thomas, der in Savoyen das Amt eines Staatssekretärs
innehatte, verliebte sich, als er hier war, in sie und nahm sie mit nach Savoyen
mit dem Versprechen, sie zu heiraten, um sie den anderen wegzunehmen. Sie behauptet,
er habe sie geheiratet, habe ihr aber alle Schriftstücke über die Eheschließung
gestohlen. Ich für mein Teil glaube das nicht. Sie fügt noch hinzu, er habe
sie vergiften wollen; sie versuchte durch eine Klage bei Gericht damit etwas
herauszuschlagen, aber ich glaube, sie hat damit nichts gewonnen. Sie kehrte
vor gut siebzehn Jahren nach Paris zurück, wo sie begann, italienische Weisen
zu singen; das hatte sie in Turin gelernt. Sie sorgte für viel Aufsehen, was
aber nicht anhielt, die meisten fanden sogar, sie singe schlecht, weil es ganz
und gar nach italienischer Art ist, und sie grimassiert ganz schrecklich, man
hätte gemeint, sie habe Konvulsionen. Sie ist stark geschminkt und beschäftigt
sich mit Geistigem. Ich weiß nicht, wovon sie lebt. Vormals hatte sie Liebhaber;
der heutige Präsident von Thou war einer davon. Vielleicht hat sie etwas gespart.
- (
tal
)
Sparsamkeit (3) »Du hast einen Schwank aus
meinem Leben hören wollen, also paß auf.« Und er erzählte ihr, daß seine Eltern
jeden Abend nach den Radio-Nachrichten um zehn Uhr zu Bett gingen. Vorher suche
jeder noch einmal das Häuschen auf. Seine Mutter gehe als erste ins Häusle,
und der Vater rufe ihr nach: ›Mäusle, ziag net! I komm au no!‹ -
Hermann Lenz, Neue Zeit. Frankfurt am Main 1979 (st 505, zuerst 1975)
Sparsamkeit (4) "Und was
das Glied anbelangt, hier ist es," sagte Minski
und zeigte ein solches von achtzehn Zoll Länge und sechzehn Zoll Umfang, gekrönt
von einem entzückenden Fliegenschwamm, breit wie eine Hutkrempe. "Hier
seht ihr ihn, in dem Zustande ist er immer, ob ich schlafe oder gehe."
"O Himmel!" rief ich aus, als ich dieses Werkzeug sah. "Da müßt
Ihr doch alle Frauen töten mit denen Ihr zu tun bekommt." "So ziemlich,"
antwortete der Riese, »doch da ich alles verspeise, was ich vögle, erspare ich
so den Schlächter." - (just)
Sparsamkeit (5) Niemals, so sagt Cato,
habe er ein Kleid getragen, das mehr als hundert Denare gekostet hatte, auch
als Prätor und Konsul habe er denselben Wein getrunken wie seine Landarbeiter
und Zukost zum Mahl für dreißig Asse vom Markte kaufen lassen, und zwar dem
Vaterlande zuliebe, damit sein Körper kräftig bleibe zum Kriegsdienst; als er
einen kostbaren Perserteppich geerbt hatte, habe er ihn sofort verkauft, keins
seiner Landhäuser sei getüncht, und noch niemals habe er einen Sklaven für mehr
als tausendfünf hundert Denare gekauft, weil er keine verwöhnten schönen Burschen,
sondern kräftige, arbeitsharte Männer als Pferdeknechte und Ochsentreiber brauche.
Und auch diese meinte er, wenn sie älter wurden, verkaufen zu sollen, um sie
nicht unnütz zu füttern. - (
plut
)
Sparsamkeit (6) Baron Thun:
Württembergischer Gesandter, von 1757-1788. Er hatte, wie sein Neffe dem Baron
Gleichen erzählte, sein ganzes Vermögen in Leibrenten angelegt. Da er in seiner
Heimat Pommern beigesetzt werden wollte, verordnete er, um seinem Neffen Kosten
zu ersparen, daß man seinen Leichnam in Stücke schneiden, einsalzen und so transportieren
sollte. Unterwegs öffneten die Matrosen das Faß; sie meinten, es enthielte Pökelfleisch,
und verspeisten die Hälfte des Barons von Thun. - Anhang zu (
gale
)
Sparsamkeit (7) Warum Öl ins Feuer
gießen wenn es doch so einfach ist, die Mahlzeit von allein verkohlen zu lassen.
- (
rp
)
Sparsamkeit (8) Mit den Mädchen
hat es die Natur auf Das, was man, im dramaturgischen Sinne, einen Knalleffekt
nennt, abgesehn, indem sie dieselben, auf wenige Jahre, mit überreichlicher
Schönheit, Reiz und Fülle ausstattete, auf Kosten ihrer ganzen übrigen Lebenszeit;
damit sie nämlich, während jener Jahre, der Phantasie eines Mannes sich in dem
Maaße bemächtigen könnten, daß er hingerissen wird, die Sorge für sie auf Zeit
Lebens, in irgend einer Form, ehrlich zu übernehmen; zu welchem Schritte ihn
zu vermögen, die bloße vernünftige Ueberlegung keine hinlänglich sichere Bürgschaft
zu geben schien. Sonach hat die Natur das Weib, eben wie jedes andere ihrer
Geschöpfe, mit den Waffen und Werkzeugen ausgerüstet, deren es zur Sicherung
seines Daseyns bedarf, und auf die Zeit, da es ihrer bedarf; wobei sie denn
auch mit ihrer gewöhnlichen Sparsamkeit verfahren ist. Wie nämlich die weibliche
Ameise, nach der Begattung,
die fortan überflüssigen, ja, für das Brutverhältniß gefährlichen Flügel verliert;
so meistens, nach einem oder zwei Kindbetten, das Weib seine Schönheit; wahrscheinlich
sogar aus dem selben Grunde. -
(
schop
)
Sparsamkeit (9)
Sparsamkeit (10)
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