aschinensaal  Ich kam in einen Maschinensaal. Der Boden, ein Zementbelag, hatte Risse, in denen Gras nistete. Die Maschinen waren verrostet; hinter einer Kolbenstange flatterte eine Eule auf und taumelte unter der Decke. Das war keine Glashütte; in einer solchen hätten andere Maschinen stehen müssen, sie wären mir bekannt gewesen, aber diese hier schienen zu einer Motorenfabrik zu gehören, einem längst überholten, des Verschrottens würdigen Werk; manche waren im Boden eingebrochen und standen schief wie auf Sand gelaufene Schiffe, und das Gras um sie bewegte sich kniehoch. Ein zusammengerollter, schwarzer Gummischlauch lag darin. Als ich mit Senta näher kam, rollte er sich träge auf, wurde lang und glitt als Schlange unter abgestellte, armdicke Eisenwalzen, die an der Wand lehnten und von denen eine zur Seite gerutscht war und eine Scheibe eingeschlagen hatte. Die Eule streifte mit den Flügeln an die Fenster, was sich anhörte, als werde in einer Ecke geflüstert. Hinter einem Dampfkessel, der in eine Betonmulde zementiert war, lag das blonde Mädchen aus dem üppigen Automobil auf einer Matratze. Die Brünette kehrte mir den Rücken zu, schien etwas an die Wand zu kratzen und sagte: »Der merkt doch auch heute noch nichts.«

»Da ist er schon... Komm, setz dich her zu uns, wir wollen dir was zeigen. Das ist ein neuer Reiz, das ist was Exquisites... Warte nur, was wir dir heute Feines bieten. Hier sind wir ungestört.« Und die Blonde winkte mir, sagte: »Bitte, komm ganz nahe... Du sollst dich zu mir setzen... So. Und jetzt zeige ich dir etwas.«

Sie öffnete ihre Bluse und deutete auf eine wulstige Narbe, die rot und violett war. - »Ein Regenbogen unter der linken Brust, ist das nichts Apartes? Und reizt es dich nicht? Nach jedem Fest, nach jedem Amüsement, nach jeder unserer Vergnügungen, habe ich mich übers Bett hinunterhängen lassen und die Brust ans kantige Holz gepreßt; ich habe geheult, es war mir mies.«   - Hermann Lenz, Spiegelhütte. Frankfurt am Main 1999 (zuerst 1962)