Maschinerie  Eines Tages, als wir auf dem Land waren und ich sie gerade verlassen hatte, bewog mich ein bei ihr vergessener Handschuh wieder umzukehren, um ihn zu holen; ich bemerkte von weitem die Schöne, wie sie sich in einem Spiegel betrachtete, und zu meinem großen Erstaunen sah ich, daß sie sich selbst alle Bewegungen vorführte, in der ich ihr Gesicht während unserer Unterhaltung gesehen hatte; und es erwies sich, daß ihre Mimik, die ich für so natürlich gehalten hatte, nichts anderes war, um es deutlich zu sagen, als ein Taschenspielertrick; ich erkannte von weitem, daß ihre Eitelkeit den einen oder anderen Ausdruck guthieß oder auch verbesserte; es waren kleine Zierereien, die man hätte notieren können, damit sie eine Frau wie ein Musikstück auswendig lernen kann. Ich zitterte bei dem Gedanken an die Gefahr, in die ich geraten wäre, wenn ich mich gutgläubig noch weiter den Betrügereien ausgesetzt hätte, die sie mit so vollkommenem Geschick ausführte; ich hatte sie für natürlich gehalten und sie nur so geliebt; daher war meine Liebe auf der Stelle verflogen, als ob mein Herz sich nur mit Vorbehalt für sie erwärmt hätte. Sie bemerkte mich ihrerseits im Spiegel und errötete. Ich trat lachend ins Zimmer und nahm meinen Handschuh: Oh, Mademoiselle, ich bitte um Verzeihung, sagte ich zu ihr, daß ich bisher der Natur Reize zuschrieb, deren Ruhm doch allein Ihrem Geschick zu verdanken ist. - Was soll das heißen? fragte sie mich. Soll ich offener mit Ihnen reden? gab ich zurück; ich habe eben die Maschinerie der Oper gesehen. Jetzt bereitet sie mir zwar immer noch Vergnügen, aber sie rührt mich weniger. Mit diesen Worten ging ich hinaus; und aus diesem Erlebnis entstand meine Menschenfeindlichkeit, die mich nie verlassen hat und die mich dazu führte, während meines ganzen Lebens die Menschen zu studieren und mir mit meinen Betrachtungen die Zeit zu vertreiben.   - (mariv)
 
 

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