öchin   Sie ist eifersüchtig, grausam und gefühllos dem Leid anderer gegenüber, aber eine so exzellente Köchin, daß man ihre Launen gern in Kauf nimmt. So kann Marcel es kaum mitansehen, wie sie ein Huhn schlachtet, möchte aber auf den goldenen Braten nicht verzichten: »Als es endlich tot war, wischte Françoise das Blut auf, das ihren Groll offenbar nicht hatte ersäufen können; vielmehr bekam sie im Gegenteil einen erneuten Wutanfall, und mit einem Blick auf den Leichnam des endlich erledigten Feindes rief sie noch einmal: ›Mistvieh, elendiges!‹ Bebend ging ich die Treppe hinauf; ich hätte am liebsten gesehen, Françoise wäre auf der Stelle entlassen worden. Aber wer hätte mir dann so schön heiße Wärmflaschen in mein Bett gelegt, wer einen so duftenden Kaffee bereitet, und wer ... schließlich solche Poulets? ... Tatsächlich fanden sich alle wie ich mit solcher berechnenden Feigheit ab.«    - Ulrike Sprenger, Proust-ABC. Leipzig 1997

Köchin (2)

Klimamaschine

Falsch! Es ist eine alte Küche
und keine Maschine. Es dampft,
es brodelt, es glüht und gefriert.
Launisch und unermüdlich
ist sie, die stürmische Köchin,
bleibt unsichtbar, läßt sich
nicht gern in die Töpfe gucken,
wäscht, dünstet und röstet uns,
wettert und schäumt.
Oh, sie kocht auch nur mit Wasser
und Gas!

              Arme Wissenschaft,
die mit roten und blauen Pfeilen,
Meßfühlern, Rechnern und Sonden
aus ihrem Kaffeesatz liest!
Geheime Rezepte, je nach dem Stand
der Gestirne, vom Mist abhängig,
vom Dreck, vom vulkanischen Brei.
Pünktlich zaubert die Köchin
den Reis herbei, den Dill, die Vanille.
Unberechenbar rührt sie die Welt um
mit ihrem riesigen Löffel.

- Hans Magnus Enzenberger, Die Elixiere der Wissenschaft. Frankfurt am Main 2002

Köchin (3)  Unsere Schwester kochte ausgezeichnet, da es ihr weder an Sorgfalt noch an Phantasie gebrach, den wichtigsten Gaben einer guten Köchin; aber wenn sie die Hand im Spiel hatte, wußte man nie, was für Überraschungen auf den Tisch kamen. So hatte sie einmal belegte Brote, die wirklich köstlich schmeckten, mit Mäuseleber zubereitet, was sie uns erst sagte, nachdem wir dieses Gericht schon gegessen und gelobt hatten; von Heuschreckenbeinen ganz zu schweigen, den harten, abgesägten Hinterbeinchen, die mosaikartig auf einer Torte verteilt waren, und Schweineschwänzchen, die sie wie Brezeln geröstet hatte. Und ein anderes Mal ließ sie ein ganzes Stachelschwein kochen, mitsamt allen seinen Stacheln, wer weiß, warum; gewiß nur, um uns zu beeindrucken, wenn der Deckel von der Speiseplatte abgehoben wurde, denn nicht einmal sie selber, die doch sonst von all dem Zeug zu essen pflegte, das sie zubereitet hatte, wollte etwas davon versuchen, obwohl es ein knuspriges, rosa und sicherlich zartes Stachelschweinchen war.  - Italo Calvino, Der Baron auf den Bäumen. München 1984 (zuerst 1957)

Köchin (3)  Lenchen sprach zum Fundevogel 'verläßt du mich nicht, so verlaß ich dich auch nicht;' so sprach der Fundevogel 'nun und nimmermehr.' Da sprach Lenchen 'ich will es dir nur sagen, die alte Sanne schleppte gestern abend so viel Eimer Wasser ins Haus, da fragte ich sie, warum sie das täte, so sagte sie, wenn ich es keinem Menschen sagen wollte, so wollte sie es mir wohl sagen: sprach ich, ich wollte es gewiß keinem Menschen sagen:  da sagte sie, morgen früh,  wenn  der  Vater auf die Jagd wäre, wollte sie den Kessel voll Wasser sieden, dich hineinwerfen und kochen. Wir wollen aber geschwind aufstehen, uns anziehen und zusammen fortgehen.'

Also standen die beiden Kinder auf, zogen sich geschwind an und gingen fort. Wie nun das Wasser im Kessel kochte, ging die Köchin in die Schlafkammer, wollte den Fundevogel holen und ihn hineinwerfen. Aber als sie hineinkam und zu den Betten trat, waren die Kinder alle beide fort: da wurde ihr grausam angst, und sie sprach vor sich 'was will ich nun sagen, wenn. der Förster heim kommt und sieht, daß die Kinder weg sind? Geschwind hintennach, daß wir sie wiederkriegen.'

Da schickte die Köchin drei Knechte nach, die sollten laufen und die Kinder einfangen. Die Kinder aber saßen vor dem Wald, und als sie die drei Knechte von weitem laufen sahen, sprach Lenchen zum Fundevogel 'verläßt du mich nicht, so verlaß ich dich auch nicht.' So sprach Fundevogel 'nun und nimmermehr.' Da sagte Lenchen 'werde du zum Rosenstöckchen, und ich zum Röschen darauf.' Wie nun die drei Knechte vor den Wald kamen, so war nichts da als ein Rosenstrauch und ein Röschen oben drauf, die Kinder aber nirgend. Da sprachen sie 'hier ist nichts zu machen,' und gingen heim und sagten der Köchin, sie hätten nichts in der Welt gesehen als nur ein Rosen-stöckchen und ein Röschen oben darauf. Da schalt die alte Köchin 'ihr Einfaltspinsel, ihr hättet das Rosenstöckchen sollen entzweischneiden und das Röschen abbrechen und mit nach Haus bringen, geschwind und tuts.' Sie mußten also zum zweitenmal hinaus und suchen. Die Kinder sahen sie aber von weitem kommen, da sprach Lenchen 'Fundevogel, verläßt du mich nicht, so verlaß ich dich auch nicht.' Fundevogel sagte 'nun und nimmermehr.' Sprach Lenchen 'so werde du eine Kirche und ich die Krone darin.' Wie nun die drei Knechte dahinkamen, war nichts da als eine Kirche und eine Krone darin. Sie sprachen also zueinander 'was sollen wir hier machen, laßt uns nach Hause gehen.' Wie sie nach Haus kamen, fragte die Köchin, ob sie nichts gefunden hätten: so sagten sie nein, sie hätten nichts gefunden als eine Kirche, da wäre eine Krone darin gewesen. 'Ihr Narren,' schalt die Köchin, 'warum habt ihr nicht die Kirche zerbrochen und die Krone mit heim gebracht?' Nun machte sich die alte Köchin selbst auf die Beine und ging mit den drei Knechten den Kindern nach. Die Kinder sahen aber die drei Knechte von weitem kommen, und die Köchin wackelte hintennach. Da sprach Lenchen 'Fundevogel, verläßt du mich nicht, so verlaß ich dich auch nicht." Da sprach der Fundevogel 'nun und nimmermehr.' Sprach Lenchen 'werde zum Teich und ich die Ente drauf.' Die Köchin aber kam herzu, und als sie den Teich sah, legte sie sich drüberhin und wollte ihn aussaufen. Aber die Ente kam schnell geschwommen, faßte sie mit ihrem Schnabel beim Kopf und zog sie ins Wasser hinein:

 da mußte die alte Hexe ertrinken. Da gingen die Kinder zusammen nach Haus und waren herzlich froh.  - Fundevogel, nach (grim)

 

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