üche   Ed ging in die Küche. Halbfertiges Essen, zerbrochenes Geschirr, Pfannen auf dem Boden. Unter dem Tresen des Kochs ein Tresor - offen, davor ein Haufen Münzen. Überall Schleifspuren, die sich mit anderen Schleifspuren trafen. Schwarze Streifen von Absätzen, die an der Tür zu einem der begehbaren Lebensmittelschränke aufhörten.

Die Tür nur angelehnt, die Zugschnur aus der Fassung; Kühlung nicht eingeschaltet. Ed öffnete die Tür.

Leichen - ein blutgetränkter Haufen Korper auf dem Boden. An den Wänden Gehirn, Blut und Schrotlöcher. Im Bodenabfluß stand das Blut einen halben Meter hoch. In dem Blut schwammen zig Schrothülsen.

SCHWARZE JUGENDLICHE MIT EINEM VIOLETTEN MERCURY COUPÉ BAUJAHR '48 oder '50 BEOBACHTET, WIE SIE IN DEN LETZTEN BEIDEN WOCHEN MEHRFACH IN DEN HÜGELN AM GRIFFITH PARK MIT GEWEHREN IN DIE LUFT FEUERTEN.

Ed mußte würgen. Er versuchte die Leichen zu zählen. Die Gesichter waren kaum noch zu erkennen. Vielleicht fünf Menschen tot - getötet wegen des Geldes, das sich in der Registrierkasse befand oder das sie bei sich hatten - »Heilige gottverdammte Scheiße- James Ellroy, L.A. Confidential. Berlin 2006 (zuerst 2000)

Küche (2) Dies Haus erwartete  Gäste, wenn auch nicht mich. Ich war bemüht, mir die Füße auf der Matte zu säubern, um nicht die blanken Dielen zu beschmutzen. Aber ich hätte auch so keine Spuren hinterlassen. Ich ging einen Flur hinunter, verschiedene Türen standen angelehnt, doch ich ging daran vorbei, ohne hinzusehen. Ich ging geradeaus in die Küche, die hinten im Hause lag. Warum ich das tat, weiß ich nicht; auch jetzt ergibt es keinen Sinn. Vielleicht empfand ich, daß ich nicht richtig gekleidet war, um als Gast die vorderen Räume zu betreten. Aber das alles ist unwichtig.

Auf dem Herd standen Töpfe. Sie schienen eben erst aus dem Kochen gekommen zu sein. Natürlich brannte kein Feuer. Ich hob einen Deckel hoch, er war nicht heiß. Doch ich hatte nicht den Eindruck, daß die Speisen erkaltet wären. Nein, das Fett war nicht geronnen. Ob Wasserdampf aus den Töpfen kam, habe ich nicht beachtet. Ich habe auch nicht von den Speisen probiert. Wahrscheinlich hätte nichts einen Geschmack gehabt. - Hans Erich Nossack, Nekyia. Bericht eines Überlebenden. Frankfurt am Main 1961 (BS 72, zuerst 1947)

Küche (3)

- Konrad Klapkeck

Küche (4) Als er in die Küche kam, war er erschüttert. Überall Blut, vor allem an den Wänden, an den Kochtöpfen, im Waschbecken, auf dem Marmortisch: man sah, daß der Mörder den gemarterten Körper der armen Nelly auf verschiedene Küchengeräte geworfen hatte, als handele es sich um eine atavistische Rache an den Küchen im allgemeinen; oder vielleicht nur einige ihrer Gliedmaßen, die leichter zu handhaben waren, denn Nelly war zweifellos in der halben Stunde, da ihr Mann draußen war, um eine durchgebrannte Birne im Scheinwerfer auszuwechseln, nach allen Regeln der Kunst geschlachtet worden, mit dem großen Schlachtermesser, das Bib ihr geschenkt hatte und das nun, in makabrer Ironie, in der Kehle des abgetrennten Kopfes steckte. Angesichts dieser kläglichen Überreste nahm Bib sein Gebiß heraus und fing an zu weinen. - (bdm)

Küche (5)  Länger als sich irgend jemand überhaupt erinnern konnte, war sie zwischen Backofen, Waschhaus und Milchkammer unterwegs gewesen, war zum Kükengehege und in den Garten gerannt, immer murrend, vor sich hin redend und mit gefurchter Stirn, aber unermüdlich bei der Arbeit. Emma Ladbruk, von deren Ankunft sie so wenig Kenntnis genommen hatte wie von einer Biene, die sich an einem Sommertag durch das geöffnete Fenster in die Küche verirrte, hatte die alte Frau zuerst mit einer Art ängstlicher Neugierde beobachtet. Sie war so alt und gehörte so zu dem Hof, daß es schwer war, sich in Gedanken mit ihr als einem lebendigen Wesen zu beschäftigen. Old Shep, der alte Schäferhund mit der weißhaarigen Schnauze und den steifen Beinen, der nur noch auf seinen Tod wartete, wirkte beinahe menschlicher als die verhutzelte, ausgedörrte Frau. Er war ein ausgelassener, herumtollender junger Hund gewesen und verrückt vor Lebensfreude, als sie bereits eine wackelige, herumhumpelnde Frau war; und jetzt war er nur noch ein blinder atmender Kadaver, nicht mehr, während sie immer noch mit ihrer gebrechlichen Kraft arbeitete, Böden scheuerte, wusch und buk und sonstige Arbeiten verrichtete. Wenn in diesen weisen alten Hunden irgend etwas war, was mit ihrem Tod nicht völlig verging, so überlegte Emma, dann mußten auf jenen Hügeln ganze Generationen von Hundegeistern herumtoben, die Martha aufgezogen, gefüttert, gestreichelt und bis zu ihrem Tode gepflegt hatte, und das alles in dieser Küche. - Saki, Die offene Tür. Zürich 1973  - Saki, Die offene Tür. Zürich 1973

Küche (6)

- Helmut Newton

Küche (7)   Elvis ließ sich aufs Bett zurückfallen und versuchte wieder einzuschlafen, aber jetzt war Moms in seinem Schädel unterwegs, wühlte herum wie ein Halb-Ungeziefer, eine Halb-Ratte, ein räudiger alter Halb-Köter, kläffte ihn an, wimmerte und zwickte. Elvis preßte die Augen ganz fest zu, versuchte, Moms zwischen den Lidern zu zerquetschen, aber immer wieder zappelte sie sich schwitzend und keuchend vor Anstrengung frei. Schließlich vertrieb er sie, indem er in Zeitlupe auf die Innenseiten seiner Lider ein Playback ihres Todes projizierte. Er wußte genau, daß sie es nicht sehen konnte. Summerall und Madden kommentierten, die Menge im ausverkauften Meadowlands stand und johlte und schrie.

Und da war sie, irgendwo genau wie Elvis, wenn man es sich recht überlegte (also,  Elvis Presley), schwankte, strauchelte, stürzte, krachte auf den Küchenboden (Elvis Presley brach in seinem eigenen Badezimmer zusammen, aber versuchen Sie mal, das seinen erbärmlichen Fans zu verklickern, die immer noch glauben, sie hätten ihn in K-marts oder Piggly Wigglies gesehen), landete, alle viere von sich gestreckt, das Schürzenkleid war bis zu den Schenkeln hochgerutscht, ein Kniestrumpf auf den Knöchel runtergerutscht, die Zunge hing aus einem Mundwinkel, die Augen nach oben verdreht, so daß man fast nur noch blutunterlaufenes Weiß sah. Das Geschirrtuch, das sie immer über ihrer Schulter hatte, damit sie Verschüttetes sofort aufwischen oder Schweiß vom Gesicht tupfen oder Rotz wegputzen oder einen heißen Pfannenstiel packen oder Elvis (soll heißen, Elvis Polk) was auf den Hintern geben konnte, damit er sich in Bewegung setzte, dieses Geschirrtuch lag jetzt neben ihr auf dem Boden wie ein Haustier oder so wie ihr räudiger alter Hund, der abwartete, ob sie sich je wieder bewegen würde oder was, sich fragte, wenn er über ihr Gesicht leckte, ob sie dann die Hand ausstrecken und ihn streicheln und hochheben und ihn füttern würde oder, wahrscheinlicher, ob sie die Hand ausstrecken und sein Ohr rumdrehen und ihn hochziehen und raustragen und ihm einen Tritt in die Rippen verpassen würde, denn so behandelte sie normalerweise den räudigen alten Hund, was aber immerhin bedeutete, daß sie wenigstens lebendig war. - Jerry Oster, Dirty Cops. Reinbek 1994 (zuerst 1992)

 

Wohnung

 

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