exensabbat  Hier ist es! Und schon versammelt sich in dem Waldesdickicht, welchen kaum das phosphoreszierende Auge der Wildkatze, die sich unter die Sträucher duckt, erleuchtet, zur Seite der Felsen, welche ihre Mähnen aus Gestrüpp in die Nacht der Abgründe tauchen, die Tau und Leuchtkäfer besternen, am Rande des Gießbachs, der mit weißem Schaum zu Häupten der Felsen hervorbricht und als grauer Staub in der Tiefe der Schlösser sprüht, eine zahllose Menge, welche der alte Holzhauer, der sich mit seiner Last auf dem Rücken auf den Fußpfaden verspätet hat, hört und nicht sieht.

Hans Baldung Grien

Und von Eiche zu Eiche, von Hügel zu Hügel antworten sich tausend wirre, trübe, entsetzliche Schreie: »Schuh! Schuh! Ho! Ho! Uhu! Uhu!«

Hier steht der Galgen! - Und dann erscheint im Nebel ein Jude, welcher im feuchten Grase bei dem goldenen Gleißen einer Hand von Herrlichkeit etwas sucht.   - Aloysius Bertrand, Gaspard de la Nuit (1842), nach (bo4)

Hexensabbat (2)  Delrio sagt, daß die Hexer oder Hexen sich zunächst mit einer vom Teufel bereiteten Salbe bestimmte Körperteile, vor allem die Leiste einreihen & sich dann rittlings auf einen Stock, einen Spinnrocken, eine Heugabel oder auf eine Ziege, einen Stier oder einen Hund setzen, das heißt auf einen Dämon, der die Gestalt dieser Tiere annimmt. In diesem Zustand werden sie in schnellstem Fluge, in einem Augenblick, über sehr weite Entfernungen hinweg zu einem abgelegenen Ort getragen, in einen Wald oder eine Wüste. Dort wird auf einem geräumigen Platz ein großes Feuer entzündet, & auf einem Thron erscheint der Dämon, der in Gestalt eines Bockes oder Hundes den Sabbat leitet. Man beugt vor ihm das Knie oder naht ihm rückwärts mit einer Pechfackel in der Hand; schließlich huldigt man ihm, indem man seinen Hintern küßt. Zudem begeht man ihm zu Ehren verschiedene Schandtaten & abscheuliche unzüchtige Handlungen. Nach diesen Präliminarien begibt man sich zu Tisch, & die Hexer ergötzen sich an Fleisch & Wein, die ihnen der Teufel liefert oder die sie selbst mitbringen. Vor oder nach diesem Mahl tanzt man Ringeltänze, bei denen man singt oder vielmehr auf gräßliche Weise brüllt; es werden Opfer dargebracht, & ein jeder erzählt, welche Zaubermittel er verwendet, welche Verhexungen er zuwege gebracht hat. Der Teufel ermutigt oder tadelt, je nachdem, ob man ihm gut oder schlecht gedient hat; er verteilt Gifte, gibt neue Aufträge, den Menschen zu schaden. Schließlich kommt der Augenblick, da alle Lichter erlöschen. Die Hexer & sogar die Dämonen vereinigen sich mit. den Hexen & erkennen sie fleischlich; doch immer gibt es einige, vor allem neu hinzugekommene Hexen, die der Bock mit seinen Zärtlichkeiten bedenkt & mit denen er Verkehr hat. - (enc)

Hexensabbat (3) Man sieht Sabbatszenen, die sich auf freiem Feld abspielen, in fast nackten und leicht hügeligen Räumen, unter auf ähnliche Weise in Falten sich werfenden Himmeln, die weder Tag noch Nacht verkünden. Vielleicht weil es sich um ein Bild handelt (mehr noch: um einen Stich, wo es nur Schwarz auf Weiß gibt), sieht alles aus, als geschehe es nach strengster Vorschrift und in größter Stille, während man, geht man nach der geläufigen Redewendung »einen Höllensabbat veranstalten«, sich eher das Gegenteil vorstellen könnte. Es herrscht nicht die geringste orgiastische Entfesselung bei den auf den Stichen dargestellten Zusammenkünften: die Männer und Frauen, die an den gotteslästerlichen Zeremonien teilnehmen, sind wie wohlhabende Leute gekleidet und nehmen eine steife Körperhaltung ein. Der Ausdruck der Frauen, geprägt von einer Mischung aus Langeweile und Unterwerfung unter ein verhängnisvolles Schicksal, ist ergreifend.  - Michel Leiris, Die Spielregel I. Streichungen. München 1982 (zuerst 1948)

Hexensabbat (4) Dem Pfarrer ist aufgefallen, daß sie manchmal morgens sehr müde waren, und wenn er von der Messe heingekommen war, noch schliefen. Und das weckte seinen Verdacht.

Und an einem Abend hat er keinen Wein getrunken wie sonst, sondern statt dessen einen starken Kaffee, und er hat sich ins Bett gelegt, das Licht ausgemacht, und ist wach geblieben. Und um Mitternacht ist die Tür aufgegangen, und die beiden Mägde sind splitternackt hereingekommen, um zu sehen, ob ihr Herr schliefe. Der Pfarrer aber hat sich schlafend gestellt und laut geschnarcht. Und als die beiden Frauen hinausgegangen sind, ist er ihnen nachgeschlichen. Und er hat beobachtet, daß sie in die Küche gehen und aus einem Schrank einen Topf mit einer schwarzen Salbe herausnehmen und sich damit einreihen. Dann hat sich jede auf einen Besen gesetzt und gerufen:

»Über die Berge, über die Wälder,
Fliege hurtig, lieber Besen!
Trage uns hin und bring uns heim,
So als wäre nichts gewesen!«

Und kaum hatten die beiden das gesprochen, da flogen sie durch den Kamin davon.

Der Pfarrer, voller Neugier, wie es auf einem Hexensabbat zuginge, hat flink sein Nachthemd ausgezogen und sich mit der schwarzen Salbe eingerieben. Dann hat er einen Besen ergriffen, sich rittlings daraufgesetzt und gerufen:

»Über die Berge, durch die Wälder,
Fliege hurtig, lieber Besen!
Trag mich hin und bring mich heim,
So als wäre nichts gewesen!«

Und schon flog er davon. Aber - o weh! - er hatte nicht genau aufgepaßt und den Spruch nicht gut gesagt. Statt »über die Wälder« hat er »durch die Wälder« gerufen. Und so flog der Besen wohl erst über die Berge, aber dann durch die Wälder hindurch, daß die Fetzen flogen. Zweige und dornige Sträucher zerkratzten den armen Pfarrer so, daß er kaum noch ein Stückchen Haut am Leibe besaß (natürlich mit Ausnahme der Partie, mit der er auf dem Besen saß). Und als der Pfarrer am Tanzplatz der Hexen und Zauberer ankam, war er ganz blutig. Und wie die Hexen ihn sahen, fingen sie alle zu lachen an, und schrien: »Seht den roten Dickwanst!«

Die beiden Mägde des Pfarrers aber nahmen ihn beiseite, heilten seine Wunden und sagten: »Wenn Ihr uns versprecht, alles zu verschweigen, bringen wir Euch heu zurück.«

»Ich verspreche alles, wenn ich nur nicht wieder durch die Wälder hindurchfahren muß!« - Baskische Märchen. Übs. und Hg. Felix Karlinger und Erentrudis Laserer. Düsseldorf, Köln 1980 (Diederichs, Die Märchen der Weltliteratur)

Hexe
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