abeltiere  Gewaltige drachenähnliche Tiere und Schlangen leben in dieser Provinz. Sie sind so unvorstellbar groß, daß die Menschen nicht aus dem Staunen herauskommen. Die Tiere sind überaus häßlich. Ich schildere euch jetzt ihre unwahrscheinlichen Ausmaße. Es ist die reine Wahrheit: zehn Schritte sind sie lang und dick wie ein Faß, denn ihr Umfang beträgt etwa zehn Spannen. Das sind die größten. Vorne, neben dem Kopf, haben sie zwei Beine ohne Füße, an deren Stelle wachsen je drei Falkenkrallen oder Löwenklauen, zwei kleine und eine große. Ihre Köpfe sind riesenhaft und die Augen größer als ein Brotlaib. Mit ihrem ungeheuren Riesenmaul, voll spitzer Zähne, verschlingen sie ohne weiteres einen Menschen. Alle Leute, alle Tiere samt und sonders haben Angst vor den mächtigen Tieren und fürchten sich vor dem gräßlich wilden Anblick.  - (polo)

Fabeltiere (2) Ich glaube nicht, daß die Kiefer der Hyäne, eines Tieres, das sich schließlich und endlich von Aas ernährt, das Thema eines Gesprächs zwischen zwei anständigen Menschen abgeben können. Ich persönlich ziehe tausendmal die Fangzähne des Löwen vor, die noch zuckendes Fleisch zerreißen. Statt von den Kinnbacken dieser Abfallbeseitigerin möchte ich lieber von den Schneidezähnen des Nilpferdes sprechen, die so hart und kräftig sind, daß sie Funken von sich geben, wenn man sie mit einem Feuerstahl reibt. Wie? Womit kommen Sie mir jetzt? Lachen Sie nicht, denn ich verstehe Sie nicht. Sie sagen mir, daß Sie eine Nachbarin haben, die wie ein Nilpferd aussieht? Vielleicht ist es ja ein Nilpferd, das als Nachbarin verkleidet ist. Wenn es so ist, nehmen Sie sich vor ihr in acht, denken Sie daran, daß es eine Zeit gab, in der man glaubte, daß die Nilpferde Feuer spucken. Mir hingegen kommen diese grotesken Tiere nicht so feurig vor, wenn Sie meine Meinung hören wollen. Sie lieben das Wasser viel zu sehr, als daß man etwas anderes vermuten könnte. Das alles sind Fabeln, hübsche Märchen. Man hat früher auch geglaubt, daß Leoparden gern Wein trinken und daß sie sich tot stellen, um die Affen anzulocken und sie dann aufzufressen.   - Javier Tomeo, Der Löwenjäger. Berlin 1988

Fabeltiere (3) Er erlangte auch Kenntnis von dem berühmtesten Pferde der iranischen Sage, dem Hengste Rakhsh, den der Dichter Firdosi also beschrieben hat: »mit einer Brust wie ein Löwe, kurzer Kruppe, fetter Brust und Beinen, aber schmalen Flanken, ein Elefant an Kraft, ein Kamel an Wuchs, aber an Mut ein Panther vom Berge Bistun«.

Vergleiche, Nahrung für das heimliche Glaubensfeuer, das aus der Vorstellungskraft die Geburt von Fabelwesen beweisen will. Wunder des Bastards. Wunder der Liebe. Wunder der Schwangerschaft, der Geburt, des Lebens. Hengst Rakhsh.

Aus quellreichen Wiesen und Wüsten abwechselnd wachsen Felsen auf wie gläsern und Marmor. Nicht weiß nur, rot durchzogen von wilden Adern. An den Quellflüssen entlang, durch die schwarze korundene Wüste, über Pässe zwängt sich ein Weg, den Menschen gebahnt. Des Nachts, wenn er leer, wandern Fabeltiere die weite Straße nach China, das unermeßlich im Osten. Halb Pferd, halb Tiger, der große Vogel Greif, das Geschlecht der Hippokampen, geflügelter Löwe mit bärtigem Menschenkopf, Weib, das bis zum Nabel einem Raubtierkörper entwachsen, Mann, Rind gleich, vom Bauche an, Pazuzu, vierbeschwingter Mensch mit Hörnern an der Stirn, Südoststurm, die Stimme der Schweigsamen. Voran ein Kopf, schwer wie die Hörner eines Widders, gewunden, spiralig nach der Form riesiger Ammoniten, gekörnt wie Erz, das in der Form verbrannte, umrahmt von brauner Wolle, dick und zottig, die wie Mähne eines Löwen fließt, bebändert, mit einem Flugelpaar wie einer Taube Schwingen; schmal fällt der Leib dann ab, wie einer Katze Leib; doch als Zeichen, daß der Kopf nicht nur ein Prunkstück, prangt zwischen den schmalen Schenkeln die Last der Hoden wie von einem Stier.

Nach Osten über die schneeigen Pässe in das Reich der vielgestaltigen Geister dringen sie. Und die Menschen ahnten ihr Kommen, weil sie den Samen, der sie erzeugt, geahnt, Wollust und Schmerz eines Beischlafs, die manchen unter ihnen nicht erspart gebÜeben waren. Fleißige Seidenweber harten der Bastarde Gestalt schon auf die Tücher gebannt in rot und gold auf schwarzem Grund. - Hans Henny Jahnn, Perrudja. Frankfurt am Main 1966 (zuerst 1929)

 

Tiere

 

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