- Ernst Jünger, Der Kampf
als inneres Erlebnis (1926)
Erlösung (2) Vielleicht
werden wir nach einer unerhörten Katastrophe, an der die Maschinen schuld sein
werden, zur Gesundheit zurückkehren. Wenn Giftgase nicht mehr genügen sollten,
wird vielleicht ein Mann, aus Fleisch und Blut wie jeder andere, in seiner verborgenen
Stube einen Sprengstoff erfinden, der über alle Vergleiche erhaben ist, neben
dem die gegenwärtigen Sprengstoffe wie unschuldige Spielereien erscheinen. Und
ein anderer, ebenso aus Fleisch und Blut wie alle anderen, aber ein wenig kränker
- wird diesen Sprengstoff stehlen, wird zum Mittelpunkt der Erde kriechen, um
ihn dorthin zu legen, wo seine Wirkung rechnungsmäßig am stärksten sein muß.
Es wird eine ungeheure Explosion geben, die niemand mehr hören wird. Die Erde,
zur Nebelform zurückgekehrt, wird durch die Himmel schweifen, erlöst von Parasiten
und Krankheiten.
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(cos)
Erlösung (3)
„Heißa!!“ rufet Sauerbrot –
„Heißa! Meine Frau
ist tot!!
Hier in diesem Seitenzimmer
Ruhet sie bei Kerzenschimmer.
Heute
stört sie uns nicht mehr,
Also, Alter setz dich her,
Nimm das Glas und
stoße an,
Werde niemals Ehemann,
Denn als solcher,
kann man sagen,
Muß man viel Verdruß ertragen.“
Erlösung (4) Wenn es noch andere Welten gibt,
die erlöst werden müssen, sollte auch dort Gott Mensch geworden sein. Das
hielt Augustinus für unmöglich: »Denn
einmal nur ist Christus gestorben für unsere Sünden.« Darum muss man schließen,
dass es diese anderen Welten und ein unendliches Universum nicht geben
kann. Tausend Jahre nach Augustinus zog der humanistische Philosoph
Thomas Paine den Umkehrschluss: Geht
man von der Existenz extraterrestrischer Wesen aus, die nach der christlichen
Lehre der Erlösung durch den in Christus Fleisch gewordenen Gott bedürfen,
so fand die Erlösung weder hier noch irgendwo sonst statt. -
(bar2)
Erlösung (5) Sie lehnte sich nachdenklich zurück. »Wenn wir uns in Chicago befänden, wäre es ein leichtes, ihn niederknallen zu lassen, aber hier hält so was schwer.«
»Hier«, lächelte Poirot, »vertreten wir den Standpunkt, daß jedes menschliche Wesen das Recht zu leben hat.«
»Möglich. Aber ich, der ich Edgware wie kein zweiter kenne, versichere ihnen, daß sein Tod kein Verlust wäre - eher das Gegenteil.«
Man hörte ein Pochen an der Tür, und gleich darauf trat ein Kellner ein, der den Tisch zu decken begann. Seine Anwesenheit hinderte Jane Wilkinson nicht, ihr Problem weiter zu erörtern.
»Ich wünsche aber keineswegs, daß Sie ihn für mich töten, Monsieur Poirot.«
»Merci, Madame.«
»Sondern daß Sie vielleicht geschickt mit ihm verhandeln und ihm die Einwilligung zur Scheidung abringen. Daß Sie hierzu fähig sind, bezweifle ich keine Minute.«
»Sollten Sie meine überzeugenden Kräfte nicht doch überschätzen, Madame?«
»Nein. Doch vielleicht fällt Ihnen noch eine andere Lösung ein.« Jetzt beugte sie sich vor, und ihre blauen Augen hingen an Poirots Gesicht. »Nicht wahr, Sie möchten mich doch glücklich sehen?« Wie weich, wie verführerisch diese Stimme ihn umschmeichelte! »Ich möchte jeden glücklich sehen«, erwiderte vorsichtig mein kleiner Freund.
»Ja, aber ich denke nicht au alle und jedenvIch denke .an..mich,« »Madame, ich wage zu behaupten, daß Sie qas immer tun.« »Ah, Sie halten mich für selbstsüchtig ...? Nun, möglicherweise bin ich es. Aber sehen Sie - ich hasse das Unglücklichsein; es beeinträchtigt sogar mein Spiel. Und ich werde so trostlos unglücklich sein, sofern er nicht in die Scheidung willigt - oder stirbt. . . Wenn man es recht bedenkt«, fuhr sie versonnen fort, »wäre es viel besser, wenn er stürbe. Erst dann würde ich mich endgültig von ihm erlöst fühlen.«
Sie erhob sich, nahm lässig den weißen Pelz auf und blieb dann Mitleid heischend vor Poirot stehen.
»Werden Sie mir helfen, Monsieur Poirot?« Vom Korridor drang Stimmengewirr herein, denn die Tür war nur angelehnt. »Wenn nicht . . .«
». . . wenn nicht, Madame?« griff er ihre Worte auf. »Dann werde ich ein Taxi bestellen, schnurstracks zu ihm fahren und ihn mit eigener Hand ins Jenseits befördern.«
Lachend verschwand sie ins Nebenzimmer. - Agatha Christie, Dreizehn bei Tisch. München 1982 (zuerst
1933)
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