ankbarkeit   Um Barnabé zu danken, daß er mich in diesen Film geführt hat - gewiß, ein wenig unter Druck und gegen seinen Willen, aber immerhin, er hatte mir das Kino bezahlt und ich war ihm Dankbarkeit schuldig - wollte ich mich durch eine kleine, freundschaftliche Geste erkenntlich zeigen, ihm zum Beispiel sanft den Unterarm streicheln, es wäre doch nett gewesen. Aber ich habe mich etwas dumm dabei angestellt und meine Hand auf seinen Schenkel gelegt. Zuerst merkte ich es gar nicht und schob meine Hand höher hinauf zu dem, was ich für seinen Ellbogen hielt. Aber anstatt nun auf das zu stoßen, was die Pariser seltsamerweise den Judenknochen nennen, geriet ich an ein zusätzliches Glied: keine Flügel, sondern tatsächlich der dreieinige Schmuck der reinen Geister Madame Baoghals. Ich schloß daraus, daß die Geistigkeit bei den modernen Männern viel verbreiteter ist, als man gemeinhin annimmt, und daß - trotz meiner Neigung zum Atheismus - die Seele vielleicht doch unsterblich ist und beim Tode hart wird, um in den Himmel zu fliegen oder die Hölle zu durchbohren, so wie sie unter dem Druck einer fleischlichen Faust steif wird. - (sally)

Dankbarkeit (2) Zenzi gab mir eine Rute: »Hau fest zu«, flüsterte sie rasch, »fest. . .«

»Heraus aus dem Winkel... du Dieb ...« fuhr sie ihn an. Er näherte sich ihr.

Klatsch! Im Nu hatte sie ihm mit der Rute eins quer über die Brust versetzt, daß ein dicker Streifen, wie ein rotes Band, sichtbar wurde. Er zuckte zusammen, und ich sah, wie sein Schweif mit einem Ruck sich aufrichtete.

»Spürst du das, du Gauner, du Räuber, du Futschlecker ... du Laustanz... du Beutel... du Dreckfink ... du Vagabund . . . spürst du das . . . ?« Zenzi schlug drauflos und mit jedem Hieb kam ein neuer Schimpfname, mit jedem Hieb wurde Brust und Bauch röter.

»Ja ... ich spür es ... gnädigste Komtesse ...« röchelte er, »ich danke . . . für die Strafe ... ich danke . . . fester . . . bitte . . . züchtigen Sie mich fester. . . Aber die Prinzessin auch . . . warum züchtigt mich die Prinzessin nicht. . . ?«

»Hau zu!« schrie Zenzi mich an, und hob gegen mich die Rute. Ich erschrak und gab ihm einen sanften Streich über den Rücken. Seine Haut zuckte, aber er wimmerte: »Ach, ich bitte, die erhabene Prinzessin ... sie will mich nicht strafen . . . ich spür gar nichts ... ich bitte, Prinzessin ... ich weiß . . . ich bin unwürdig . . . aber ich bitte um meine Strafe . . . fester . . .«

Ich schlug stärker zu und bemerkte, daß es mir Vergnügen machte.

»Danke . . . danke . . . danke . . .« stammelte er.

 »Maul halten . . .« kommandierte Zenzi, »oder ich hau dir das Beuschel aus dem Leib.« - Josefine Mutzenbacher. Die Lebensgeschichte einer wienerischen Dirne, von ihr selbst erzählt. München 1969 (zuerst 1906)

Dankbarkeit (3)   Er  hatte der Lieblingsfrau eines alten Stammeshäuptlings das Leben gerettet, und zum Zeichen seiner Dankbarkeit hatte ihn der Häuptling mit einem üppigen Essen regaliert. Erst lange Zeit später erfuhr der Missionar von seinem schwarzen Diener, was er dort gespeist hatte, war ein gut durchwachsenes kleines Enkelkind des Häuptlings gewesen, zubereitet zu Ehren des großen christlichen Medizinmannes. - Tania Blixen, Schicksalsanekdoten. Reinbek bei Hamburg 1988 (zuerst 1958)

Dankbarkeit (4) Wie aufreizend wirken die Frauen, die, nachdem sie uns erhört haben, es uns vorwerfen und Dankbarkeit verlangen; verlangen, daß wir alle ihre Launen ertragen, alle ihre Bizarrerien, all ihre Dummheiten! Die Dankbarkeit ist die Bezahlung des Geschenkes, und alle Frauen, die einen Tribut an Dankbarkeit verlangen, halten auf die richtige Bezahlung der Vereinigung.

Wie ekelhaft! - Pitigrilli, Ihre Sprache und die meine. In: P., Betrüge mich gut. Reinbek bei Hamburg 1988 (rororo 12179, zuerst 1922)

Dankbarkeit (5)  Einmal erhielten wir einen Bonus, und ich zahlte Hymie alles zurück, was ihn so in Erstaunen versetzte, daß er mich an diesem Abend ins Delmonico einlud und ein Vermögen für mich ausgab. Damit nicht genug, am nächsten Tag bestand er darauf, mir einen Hut, Hemden und Handschuhe zu kaufen. Er deutete sogar an, daß ich mit ihm heimkommen und seine Frau ficken könnte, wenn ich Lust hätte; er wies mich allerdings darauf hin, daß sie gerade etwas Ärger mit ihren Eierstöcken habe.  - (wendek)

Dankbarkeit (6) Ein Cronopium macht seinen Doktor in Medizin und eröffnet eine Praxis in der Straße Santiago del Estero. Kurz darauf kommt ein Kranker und erzählt ihm seine Leiden und daß er nachts nicht schlafen und am Tage nichts essen kann.

- Kaufen Sie sich einen großen Strauß Rosen, sagt das Cronopium.

Der Kranke zieht sich verblüfft zurück, aber er kauft den Strauß und wird auf der Stelle gesund. Voller Dankbarkeit sucht er das Cronopium auf und verehrt ihm - eine feine Geste - außer dem Honorar einen schönen Strauß Rosen. Kaum ist er fort, wird das Cronopium krank, es tut ihm überall weh, nachts kann es nicht schlafen und am Tage nichts essen.  - (cron)

Dankbarkeit () Der Herr des Südmeeres war der Schillernde; der Herr des Nordmeeres war der Zufahrende; der Herr der Mitte war das Unbewusste.
Der Schillernde und der Zufahrende trafen sich häufig im Lande des Unbewussten, und der Unbewusste begegnete ihnen stets freundlich.

Der Schillernde und der Zufahrende überlegten nun, wie sie des Unbewussten Güte vergelten könnten.
Sie sprachen: „Die Menschen alle haben sieben Öffnungen zum Sehen, Hören, Essen und Atmen, nur er hat keine.
Wir wollen versuchen, sie ihm zu bohren.“

So bohrten sie ihm jeden Tag eine Öffnung.

Am siebenten Tage, da war der Unbewusste tot.  - Dschuang Dsi, Das wahre Buch vom Südlichen Blütenland

Dankbarkeit (8) Aus lauter Dankbarkeit wollte er mir gleich ein dickes Rohr einziehen, aber es ging nicht, weil sein Schwanz wieder nicht mitmachen wollte. Darüber mußte ich zwar ein bißchen lachen, aber es machte mich auch traurig. Es sei egal, meinte ich, und er solle sich nicht aufregen, kein normaler Mensch würde immer nur ans Ficken denken, schließlich gebe es im Leben auch noch andere Dinge.

»Ich weiß bloß nicht, ob wir beide überhaupt noch ganz normal sind«, seufzte er, zog die Vorhaut wie einen Strumpf hoch und ließ sie zurückschnellen.

Ich sagte, er solle ein bißchen netter zu seinem Pimmel sein, ein anderes Mal würde er schon wieder hochkommen, und er starrte an die Decke, wo die Glühbirne hing. Über die konnten wir eigentlich froh sein, denn sonst gab es im Zimmer nicht viel zu sehen, wenn wir auf dem Rücken lagen.  - Javier Tomeo, Das Verbrechen im Orientkino. Berlin 1996

Dankbarkeit (9) Wenn die Hilfe am nötigsten ist» ist der Dank am innigsten, hatte ich in einem Brief des armen Onkel Paul gelesen, in dem er sich bei seinem Vater und bei Onkel Arthur für ein paar hundert Mark bedankte; er hat sich immer zu sehr bedankt, immer hat er sich förmlich auf die Knie geworfen und die unwürdige Stirn auf die Hartholzschwelle zu Onkel Arthurs Kontor geschlagen; nicht von ungefähr hat er, schwer, nachdenklich und einsam in Nampa, Idaho, schuftend, den alten Spruch fortgebildet und hinter Not und Hilfe den Dank gesetzt, als einen Stein, unter dessen Schwere er sich selbst begrub.

Ich hatte aus den Briefen des armen Onkel Paul gelernt, daß man sich nie zu stürmisch bedanken soll, weil sonst der, dem wir danken, mißtrauisch wird und zu überlegen beginnt, was er wohl falsch gemacht habe; und wie schnell wird er dann durch unser Benehmen so unsicher, daß er uns für so unwürdig halt wie wir uns gebärden, und schon zieht er die Hand zurück. - Martin Walser, Halbzeit. München 1971 (zuerst 1960)

Dankbarkeit (10) Thales sagte, er habe drei Gründe, dem Schicksal dankbar zu sein: Erstens, weil er als Mensch und nicht als Tier auf die Welt gekommen sei, zweitens, weil er ein Mann sei und kein Weib, drittens, weil er Grieche sei und kein Barbar.  - Diogenes Laertius, nach (gsv)
 
Gefühle, moralische Dank
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