raurigkeit    Ich bin gegen diese Gemütsbewegung überaus gefeit und liebe sie nicht, noch achte ich sie, ob sich gleich die Welt darauf versessen hat, als wäre es eine ausgemachte Sache, sie mit ausnehmender Gewogenheit zu ehren. Sie kleiden darein die Weisheit, die Tugend, das Gewissen: alberne und ungereimte Ziererei. Die Italiener haben weit schicklicher die Arglist mit ihrem Namen getauft1; denn es ist ein allezeit schädliches, allezeit närrisches Wesen, und die Stoiker verbieten ihren Weisen diese Empfindung als unwandelbar niedrig und feige. - (mon)

1 Tristezza: «Traurigkeit» und «Bösartigkeit». Ähnlicher Doppelsinn in den meisten Sprachen.

 Traurigkeit (2) Er glaub'  - fuhr Katzenberger fort - Verstopfung und dergleichen ebensoleicht durch einige Sennes- und Rezeptblätter zu heben als durch ein vielblättriges Lustspiel, und ein Apotheker sei hier wenig verschieden von einem Hanswurst. — Er könne sich denken, daß man ihm hier das Trauerspiel einwerfe; aber entweder errege dieses gar nichts (dann gähnte man ebensogut und noch wohlfeiler in seinem warmen Bette) oder es errege wahre Traurigkeit, wenn auch nur halbstündige; nun aber sollten doch Dichter, dächte man, wie Kotzebue und deren Kunstrichter so viel durch Aufschnappen aus der Arzneikunde zufällig wissen, daß Traurigkeit Leber-Verstopfung, folglich Gelbsucht - woher sonst der gelbe Neid der Trauerspieler gegeneinander? — zurücklasse, ferner entsalzten Urin, ein scharfes Tränen (der größte Beweis der Blut-Anstemmung in den Lungen) und sogar Darmkrämpfe. - - Auf letzte habe man sogar bei Wesen, die in gar kein Schauspiel gehen oder sonst Seelenleiden gehabt (denn es gebe keine andere, da nur die Seele, nicht der bloße Körper empfinde und leide), nämlich bei traurigen Hirschen1 geschlossen aus den kleinen Knötchen in ihrem Unrate als den besten Zeichen von Krämpfen. - (katz)

1 Hallers Physiologie,  Bd.5

 Traurigkeit (3)  Fühlt die Seele des Menschen etwas, das entweder ihr selbst oder dem Körper zuwider ist, so zieht sie das Herz, die Leber und deren Adern zusammen. Infolgedessen erhebt sich um das Herz eine Art Nebel, der es verdüstert, und also wird der Mensch traurig; nach der Trauer aber erhebt sich der Zorn. Denn während der Mensch etwas sieht, hört oder denkt, wovon er traurig wird, bereitet ein Nebel der Trauer, der sein Herz gefangen nimmt, einen warmen Rauch in allen seinen feinen Säften und um seine Galle und erregt die Galle, und so erhebt sich schweigend der Zorn aus der Bitterkeit der Galle. Bringt der Mensch den Zorn nicht zur Ausführung, sondern erträgt er ihn schweigend, dann tritt die Gaue wieder zurück. Hört jedoch der Zorn nicht auf, dann breitet sich dieser Rauch über die Melancholie hin und erweckt sie, und diese entsendet ihrerseits einen ganz schwarzen Nebel, der über die Galle hinstreicht und ihr einen überaus bitteren Rauch abringt. Dieser Rauch steigt nun zum Gehirne des Menschen empor und entfacht in seinem Kopfe Raserei. Hierauf schlägt er sich wieder in den Unterleib hinab und erschüttert dessen Adern sowie die Eingeweide und verdreht den Menschen zum Wahnsinn. Und jetzt setzt der Mensch, sich selbst vergessend, den Zorn in die Tat um. Denn vom Zorne entflammt, rast der Mensch mehr als von irgendeiner anderen Art des Wahnsinns. Auch zieht sich der Mensch infolge des Zornes mancherlei schwere Krankheiten zu. Werden nämlich die widrigen Säfte von der Galle und der Melancholie öfters erregt, so machen sie den Menschen krank; denn wäre der Mensch von der Bitterkeit der Galle und der Schwärze der Melancholie frei, dann wäre er immer gesund.   - (bin)

Gemüt

 

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Verwandte Begriffe
Lachen

Lachen

Synonyme
Melancholie

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