Damit auch nicht eine Rolle zu dem Theater fehle, sicherte sich Marschall
de la Meilleraie, der bisher standhaft mit mir die Folgen der Unruhen dargelegt
hatte, die des Maulhelden. Mit einem Schlag wechselte
er Tonart und Meinung, als der ehrsame Vennes, Oberstleutnant der Garde, kam,
um der Königin zu sagen, die Bürger drohten die Absperrungen der Wachen zu durchbrechen.
Da er ohnehin durchtränkt war von Gift und Galle, geriet er in gewaltigen Zorn,
ja in Wut. Er schrie, es sei besser unterzugehen, als
derartige Unverschämtheit zu dulden, und er drängte auf die Erlaubnis, sich
die Garden, die Offiziere im Hause und alle Höflinge aus dem Vorzimmer zu holen,
machte sich stark, damit die Kanaille zu zerschmettern.
- (
retz
)
Komödie (2) Die Giftkomödie besteht in der heimlichen
Bereitung und heuchlerischen Verabreichung des Giftes, im lauernden Abwarten
des Erfolges, in der heuchlerischen Pflege des Erkrankten, im heuchlerischen
Bedauern und schließlich in der schadenfrohen Betrauerung des toten Opfers.
- (
erot
)
Komödie (3) In der Regel hält man die alte Komödie
und namentlich Aristophanes für höchst patriotisch,
höchst ehrenwert, höchst moralisch; man denkt ihn sich als sittenrichterlichen
Ehrenmann, der nur die lachende Maske vorhält, um mit tiefem moralischen Ernst
zu raten, was allein dem Staate helfen könne. Zum Glück genügt das einmalige
unbefangene Lesen einer Aristophanischen Komödie, um zu überzeugen, daß dem
nicht so ist ... Es ist ein schlimmes Ding, von dieser Art des zynischen Spottes
Gesinnung zu erwarten, auf deren Kosten selbst der Spott nur möglich ist..-
J. G. Droysen, nach: Heinrich Pröhle, Vorwort (1880) zu: Chr. M. Wieland, Aristipp
und einige seiner Zeitgenossen. Frankfurt am Main 1984 (it 718, zuerst 1800
f.)
Komödie (4) Der Titel des Dante'schien Werkes
ist gar originell und treffend, und kaum läßt sich zweifeln, daß er ironisch
sei. Eine Komödie! Fürwahr, Das wäre die Welt, eine Komödie für einen Gott,
dessen unersättliche Rachgier und studirte Grausamkeit, im letzten Akte derselben,
an der end- und zwecklosen Quaal der Wesen, welche er müßigerweise ins Daseyn
gerufen hat, sich weidete, weil sie nämlich nicht nach seinem Sinne ausgefallen
wären und daher, in ihrem kurzen Leben, anders gethan, oder geglaubt hätten,
als es ihm recht war. Gegen seine unerhörte Grausamkeit gehalten, wären übrigens
alle im Inferno so hart bestraften Verbrechen gar nicht der Rede werth;
ja, er selbst wäre bei Weitem ärger, als alle die Teufel, denen wir im Inferno
begegnen; da ja diese doch nur in seinem Auftrage und kraft seiner Vollmacht
handeln. - (
schop
)
Komödie (5) Eine der Teufelsbeschwörungen fand 1439 zu jener Zeit statt, in der Blanchet im Schloß Tiffauges wohnte: zwischen Himmelfahrt und Allerheiligen. Der Geistliche war an diesem Tag ausgegangen und wurde zu seinem Herrn befohlen. Er eilt zu ihm und findet Gilles niedergeschlagen. Sire de Rais ist davon überzeugt, daß Prelati tot ist! In dessen Zimmer hatte es tatsächlich großen Lärm gegeben, man hörte heftiges Wehklagen und Schläge, »als ob man eine Decke schlüge«. Der Teufel wütete so sehr, daß Gilles entsetzt ist. Er wagt nicht, das Zimmer zu betreten, und bittet Blanchet kleinmütig, es an seiner Stelle zu tun. Dieser schlottert vor Angst nicht weniger als sein Herr. Schließlich ist Blanchet so mutig, durch eine Art inneres Fenster, das ziemlich hoch liegt, zu schauen. Von dort aus kann man in das Zimmer sehen. Prelati wird gerufen und gibt keine Antwort, begnügt sich vielmehr damit, noch lauter zu wimmern. Als er schließlich jammernd herauskommt, erzählt er, der Teufel habe ihn »greulich verprügelt«. Er ist verletzt und muß eine Woche das Bett hüten. Gilles selbst pflegt ihn und läßt niemanden in sein Zimmer. Er bringt ihn zum Berichten. Prelati meint, er verdanke die erhaltenen Schläge dem Zorn der Geister, die darüber empört seien, daß er sie bei Unterhaltungen für unbedeutende und ziemlich nutzlose Dämonen gehalten habe. Zweifellos aus diesem Grund versucht er eine Art von Wiedergutmachung: er habe gehört, so behauptet er wenigstens, besagte Geister seien aus einer Materie geschaffen, die von der Jungfrau Maria hervorgebracht sei.
Diese Komödie vermittelt den rechten Eindruck von der Leichtgläubigkeit
Gilles'. Man muß auch festhalten, daß Sympathie
und Zärtlichkeit diese Arglosigkeit bestimmen. Prelati ist zweiundzwan-zig Jahre
alt, elf Jahre jünger als sein Herr, den offensichtlich die Schönheit und Bildung
des Italieners betört, wie er gleichermaßen vom Teufel und dem, der ihn zu beschwören
versteht, fasziniert ist. Überdies muß der junge Prelati einen ganz besonderen
Reiz besitzen, den Charme des Durchtriebenen. -
Georges Bataille, Gilles de Rais. Frankfurt/Main, Berlin, Wien 1975 (zuerst
1965)
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