achfolger  Der Tod eines alten Königs und die Wahl eines neuen in Gabun ist von Du Chaillu geschildert worden.

›Während ich in Gabun war, starb der alte König Glass. Der Stamm war seines Königs müde geworden. Er galt als mächtiger und übler Zauberer; man sprach nicht offen davon, doch wenige hätten sich nachts in die Nähe seines Hauses gewagt. Als er schließlich krank wurde, schien jedermann sehr betrübt. Aber mehrere meiner Freunde sagten mir im Vertrauen, daß die ganze Stadt auf seinen Tod hoffe: Er starb denn auch. Eines Morgens wurde ich durch lautes Klagen und Jammern geweckt. Die ganze Stadt schien in Tränen aufgelöst, das Trauern und Klagen dauerte sechs Tage. Am zweiten wurde der alte König heimlich begraben. Einige der verläßlichsten Männer des Stammes brachten ihn an einen Ort, den sie allein kannten und der vor allen anderen immer verborgen blieb. Während der Trauertage waren die alten Männer des Dorfes mit der Wahl eines neuen Königs beschäftigt. Auch dieser Vorgang ist geheim, und sie teilen erst am siebenten Tage dem Volke mit, wann der neue König gekrönt werden soll. Dieser selbst wird bis zum Schluß in Unwissenheit gehalten.

Der Zufall wollte es, daß die Wahl auf Njogoni fiel, einen Freund von mir. Er stammte aus guter Familie und war beim Volke beliebt, so daß er die meisten Stimmen erhielt. Ich glaube nicht, daß Njogoni die geringste Ahnung von seiner Erhebung hatte. Als er am Morgen des siebenten Tages am Strande spazierenging, wurde er von der ganzen Bevölkerung überfallen. Man vollzog nun einen Brauch an ihm, der der Krönung vorangeht und der jedem außer einem sehr ehrgeizigen Manne die Lust auf den Thron benehmen muß. In einer dichten Masse umringten sie ihn und überhäuften ihn mit Schimpfworten, wie sie nur der wüsteste Pöbel ausdenken kann. Einige spuckten ihm ins Gesicht, einige schlugen ihn mit Fäusten, einige gaben ihm Fußtritte, andere warfen nach ihm mit ekelhaften Gegenständen, während die Bedauernswerten, die zu weit außen standen und den armen Burschen nur mit ihren Stimmen erreichen konnten, ihn, seinen Vater, seine Mutter, seine Brüder und Schwestern und seine Ahnen bis zu den entferntesten Geschlechtern zurück beschimpften. Ein Fremder hätte keinen Pfennig aufs Leben dessen gesetzt, der eben zum König gekrönt werden sollte.

Mitten in all dem Lärm und Kampf fing ich einige Worte auf, die mir zur Aufklärung dienten. Alle paar Minuten hörte man jemand, der ihm einen besonders heftigen Schlag oder Tritt versetzte, ausrufen: »Du bist noch nicht unser König. Jetzt können wir noch mit dir machen, was wir wollen. Dann werden wir dir schon folgen müssen.«

Njogoni hielt sich wie ein Mann und ein künftiger König. Er blieb ruhig und ertrug allen Schimpf mit lächelndem Gesicht. Nach etwa einer halben Stunde nahm man ihn ins Haus des alten Königs, hier mußte er sich setzen und noch einmal für kurz vom Volke beschimpfen lassen.

Dann wurde es still. Die Alten erhoben sich und sprachen feierlich, das Volk wiederholte ihre Worte: »Wir erwählen dich jetzt zu unserem König. Wir geloben, daß wir auf dich hören und dir gehorchen werden.«

Ein Schweigen folgte; ein Zylinderhut wurde hereingebracht, der hier als das Zeichen der Königswürde gilt, und aufNjogonis Haupt gesetzt. Er wurde in ein rotes Gewand gekleidet und empfing nun von allen, die ihn eben noch beschimpft hatten, die größten Zeichen der Verehrung.

Nun folgte ein Fest, das sechs Tage dauerte. Der König, der mit dem Amte auch den Namen seines Vorgängers angenommen

hatte, mußte seine Untertanen in seinem eigenen Hause empfangen und durfte nicht ausgehen. Es waren sechs Tage einer unbeschreiblichen Vollere!, viehischer Trunkenheit und dröhnenden Festgetümmels. Eine Unmenge von Fremden kam aus den benachbarten Dörfern, um ihren Respekt zu bezeugen. Alle brachten mehr Rum, mehr Palmwein und Essen. Was immer zur Hebung der Feststimmung beitrug, wurde ausgegeben, und wer immer kam, war willkommen.

Der alte König Glass war vergessen; und der neue König Glass, der Arme, war krank vor Erschöpfung. Tag und Nacht mußte er Leute empfangen, und zu jedem, der kam, mußte er höflich sein.

Endlich war der ganze Rum zu Ende, die festgesetzte Frist war abgelaufen, und es trat wieder Ruhe ein. Jetzt zum erstenmal durfte die neue Majestät ausgehen und ihr Reich besehen.‹   - (cane)

Nachfolger (2)  Die Rangfolge unter den Prinzen wurde in jeder Generation nach einer im 13. Jahrhundert - als die damaligen Prinzen ihre blutigen Auseinandersetzungen beendet hatten — ein für allemal festgelegten Permutation variiert:

Der älteste Sohn des Ersten Herrschenden Prinzen wurde Zweiter in der Hierarchie (es konnte auch die älteste Tochter sein, sie wurde dann Herrschende Prinzessin Nr. 2), der Erbe (oder die Erbin) des Zweiten wurde Vierter, der Dritte kam an sechster Stelle, der Vierte an fünfter und der Fünfte wurde Zweiter; was den Nachfolger des Sechsten Prinzen (Mädchen oder Junge) anging, so wurde er Erster; auf diese Weise nahm jede Familie, wie Sie, lieber Leser, durch eine kleine Rechenaufgabe leicht feststellen können, nacheinander jeden Platz in der Hierarchie einmal ein. Die anfängliche Reihenfolge, die des Ersten Prinzen (Arnaut Danieldzoi), war nach sechs Generationen wiederhergestellt, und alles entsprach wieder dem Wahrzeichen der Poldeven, welches ein Propeller ist, und war erfreulich für ihr heiliges Tier, welches die Schnecke ist (die unter keinen Umständen im Salatbeet an der Kapelle gejagt werden durfte).   - Jacques Roubaud, Die schöne Hortense. München 1992 (dtv 11602, zuerst 1985)

Nachfolger (3)  ein wenig vom heiligen Salz. Der Jude führte einen Sklaven heran und befahl ihm, den Arm zu entblößen. Sein Arm war dem rechten Arm des Kagan vollständig gleich.

»Gut«, sagte der Kagan, »behalte ihn. Behalte ihn und arbeite weiter. Du bist auf dem rechten Weg.«

Boten zerstreuten sich über das ganze Kaganen-reich, und binnen drei Monaten führte der Jude einen jungen Mann vor ihn hin, dessen Füße ganz wie die des Kagan aussahen. Auch ihn behielt man am Hof. Auf diese Weise fand man darauf noch zwei Knie, ein Ohr und eine Schulter - alles gleich den Gliedern des Kagan. Nach und nach versammelte sich am Hof eine Gruppe junger Leute, teils Soldaten, teils Sklaven, auch Seiler, Juden, Griechen, Chasaren und Araber, die, hätte man von jedem von ihnen ein Glied oder einen Teil des Körpers genommen, einen jungen Kagan ergeben hätten gleich dem, der in Itil herrschte. Nur der Kopf fehlte. Ihn vermochte man auf keine Weise zu finden. Da aber rief eines Tages der Kagan den Juden zu sich und forderte entweder dessen oder seinen, des Kagan, Kopf. Der Jude zeigte sich keineswegs erschrocken, und der Kagan fragte ihn verwundert nach dem Grund.

»Der Grund liegt darin, daß ich schon vor einem Jahr erschrak und nichtheute. Vor einem Jahrfand ich auch den Kopf. Und ich bewahre ihn hier am Hof schon viele Monate auf, doch wage ich es nicht, ihn zu zeigen.«

Als der Kagan befahl, auch den Kopf zu zeigen, führte der Jude ein Mädchen vor ihn hin. Es war jung und schön, und ihr Kopf ähnelte in solchemMaße dem Kopf des Kagan, daß man ihn im Spiegel verwechseln konnte. Erblickte man im Spiegel seinen Umriß, konnte man denken, den Kagan zu sehen, nur eben einen jüngeren. Da befahl der Kagan, alle herbeizuführen, die man angesammelt hatte, und dem Juden, aus ihren Gliedern noch einen Kagan zu schaffen. Während die überlebenden Krüppel, deren Glieder in den zweiten Kagan eingebaut wurden, auseinandergingen, schrieb der Jude auf die Stirn des neugeschaffenen irgendwelche Wörter, und der junge Kagan, der Nachfolger-Kagan, streckte sich auf dem Lager des Kagan aus. Darauf galt es, ihn auf die Probe zu stellen, und der Jude schickte ihn auf das Lager der Geliebten des Kagan, zu Prinzessin Ateh. Am Morgen sandte die Prinzessin dem wahren Kagan eine Botschaft:

»Jener, den man gestern abend zu mir auf mein Lager schickte, ist beschnitten, du aber bist es nicht. Also ist er entweder ein anderer und nicht Kagan, oder der Kagan hat sich den Juden ergeben und sich beschneiden lassen und ist ein anderer geworden. Entscheide also, was geschehen ist.«

Der Kagan befragte alsdann den Juden, was dieser Unterschied zu bedeuten habe. Dieser gab zur Antwort:

»Werden die Unterschiede nicht verschwinden, sobald du dich auch selbst beschneiden läßt?«

Der Kagan fand sich unschlüssig und fragte Prinzessin Ateh um Rat. Sie führte ihn in die Kellerräume seines Hofes und deutete auf des Kagan Doppelgänger. Sie hatte ihn in Ketten und hinter Gitter werfen lassen, er jedoch hatte bereits alle Ketten zerrissen und rüttelte mit gewaltiger Kraft an den Gittern. Innerhalb einer Nacht war er dermaßen gewachsen, daß der wahre, unbeschnittene Kagan vor ihm aussah wie ein Kind.

»Willst du, daß ich ihn befreie?« fragte die Prinzessin. Da erschrak der Kagan so sehr, daß er befahl, den beschnittenen Kagan zu töten. Prinzessin Ateh spie dem Riesen an die Stirn, und dieser stürzte tot zu Boden. - (pav)

Nachfolger (4)

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