eerfrau   Damit nun aber keiner glaube, daß dies nichtig oder gar erlogen sei: Theodoros Gaza, ein Mann, der seiner Kenntnis der griechischen Sprache wegen gepriesen wurde und in den Lehren der Philosophie hervorragend bewandert war, berichtete bei Jovianus Pontanus, den er oft besuchte, außerordentlich einleuchtend und unterhaltend, er habe während seines Aufenthaltes auf der Peloponnes, als nach einem fürchterlichen Unwetter in der härtesten Jahreszeit die Stürme einige Meeresungetüme (nonnulla piscium monstra) ans Ufer gespült hätten, unter anderen eine Nereide, die von den Fluten noch lebend und atmend ans Land geworfen worden war, am Strande liegen sehen, deren Antlitz dem menschlichen nicht unähnlich und deren Aussehen und Gestalt schön und nicht ohne Anmut, deren Körper jedoch bis zur Scham (ad pubem usque) rauh von Schuppen gewesen sei; nur endete der übrige Leib in den Schwanz einer Heuschrecke (in locustae caudam). Als nun, um sie näher zu betrachten, ein allgemeiner Aufbruch erfolgte, er selbst und einige Nachbarn und Bewohner der nahen Orte sich dort eingefünden, hätten sie jene, von einer zahlreichen Menge umgeben, traurig und niedergeschlagen, wie man ihrem Gesichtsausdruck entnehmen konnte, am Strande liegen und vom heftigen Atmen erschöpft gesehen; da sie sich sodann von einer so zahlreichen Menschenmenge begafft und auf dem Trockenen hilflos preisgegeben sah, habe sie vor Schmerz tiefe Seufzer ausgestoßen und reichliche Tränen vergossen. Er selbst sei, da er ein sanfter und freundlicher Mann war, von Mitleid ergriffen worden. Während er der Menge befohlen habe, aus dem Wege zu gehen, sei sie mittlerweile, indem sie, so gut es ging, mit den Armen und mit dem Schwanz auf dem Boden einherkroch, allmählich ans Wasser gelangt; und nachdem sie sich kopfüber mit einem mächtigen Schwung ins Meer gestürzt, habe sie mit gewaltiger Kraft die Fluten zu durchqueren begonnen, sei im Nu seinen Augen entschwunden und nie mehr aufgetaucht.

Auch Georgios Trapezuntios, ein Mann von größtem Namen und hervorragender Gelehrsamkeit, berichtete seinen Freunden in aller Offenheit, er habe, als er nicht weit vom Strande an einer Quelle vorbeiging, ein Mädchen von ausgesuchter Schönheit bis an die Scham (pubetenus) aus den Fluten herausragen und, geradezu ausgelassen (quasi lasciuiret), bald auf-, bald untertauchen sehen, bis es bemerkte, daß es beobachtet werde, und nicht mehr hervorkam. - Aus: Klaus J. Heinisch, Der Wassermensch. Stuttgart 1981 (Klett-Cotta)

Meerfrau (2)

- Konstantin Kalinovich

Meerfrau (3)  Bei schönem wie bei schlechtem Wetter sitzt der Merrow auf einem Felsen und hält nach Treib- oder Strandgut von untergegangenen Schiffen Ausschau. Er ist ein umgänglicher Bursche mit einer roten Nase, hat einen grünen Leib, grüne Haare und grüne Zähne, Schweinsaugen, Flossen statt Arme und ist immer nackt.

Die Seefrau, das weibliche Gegenstück zum Merrow, ist hübsch, grazil, hat einen langen Fischschwanz und feine, spinnwebartige Häute zwischen den Fingern. Ihr Kleid ist so weiß wie der Schaum der See und mit purpurnem Seegras bestickt. Ihr Haar, in dem etwas Sah aus dem Meereswasser klebt, schimmert wie Tau. Wie der Merrow trägt auch sie einen roten Hut. Sie hat spöttische Augen und um die Schultern einen dunklen Überwurf, der auf ihren hübschen Busen mehr neugierig macht, ah daß er ihn verhüllt. Die Seefrauen verlocken sterbliche Männer mit ihrer exotischen Schönheit. Sie holen sich einsame Fischer auf ihren Lieblingsfelsen zum Tête-à-tête. Kommt ihnen auf See ein Boot zu nahe, so tauchen sie unter und ihr Gelächter wirkt ah Liebeszauber.

Wo sie sich im Meer an der Wasseroberfläche sehen lassen, wissen die Fischer, daß der Sturm nicht weit ist.  - (anders)

Meer Meermensch
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